Kapitel 7

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Offensichtlich hatte das Schicksal etwas gegen Jungkook.

Er kam schon wieder zu spät zum Unterricht und dieses Mal war er ganz allein dran schuld. Er hatte in der Nacht nicht viel Schlaf bekommen. Seine Gedanken kreisten ganze Zeit um Yoongi und immer, wenn er die Augen schloss, sah er Yoongis eingerollte Form und hörte seine krächzende Stimme, die klang, als hätte er schon seit Wochen kein einziges Wort gesagt und es war schlimm.

Es war wirklich schlimm und Jungkook hasste es, nichts für ihn tun zu können.

Er überhörte also seinen Wecker und kam nicht zehn, nicht fünfzehn und auch nicht dreißig Minuten zu spät, sondern eine ganze Stunde.

Und zu seinem Glück hatte er auch noch eine Doppelstunde Mathe.

Als er also in die Klasse stürmte mit Entschuldigungen auf der Zunge, war er mehr als überrascht, als er keine Lehrerin entdecken konnte, die ihn für sein Zuspätkommen ausschimpfte.

Alle Schüler saßen bereits mit ihrem Partner zusammen und arbeiteten etwas chaotisch an den Aufgaben. Jungkooks Augen suchten sofort nach Yoongi, die Hoffnung in seiner Brust erstarb jedoch einen Herzschlag später. Er war nicht da.

Bevor Jungkook zu Taehyung ging, musste er mit Jimin sprechen, doch er ließ es sich nicht entgehen, den Jungen mit der Brille ausgiebig zu mustern.

Heute hatte sich Taehyung für einen cremefarbenen Pullover entschieden, der wie immer zu groß war, einer dunkelbraunen, weiten Hose und einer braunen Brille, die sein Outfit perfekt ergänzte. Vielleicht konnte sich Jungkook ein paar Modetipps von ihm besorgen, er trug nämlich wieder zwei unterschiedliche Socken, eine stinknormale Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit dem Aufdruck ‚Okay, let's go!'.

Er trottete zu Jimin, seine Bewegungen noch immer etwas müde und verpeilt.

Fast wäre er über einen Rucksack gestolpert.

„Hey, Jimin. Hast du seit gestern etwas von Yoongi gehört?", fragte er Jimin. Jimin blickte kurz auf, starrte dann aber wieder auf den Zettel mit den Aufgaben, der noch leer war.

Jin, der glücklicherweise Jimins Partner war, lächelte Jungkook an und fragte: „Morgen, hast du heute schon gefrühstückt?"

„Ja", antwortete Jungkook. „Jimin, hast du—"

„Du bist eine Stunde zu spät, weißt du das? Außerdem siehst du nicht gut aus. Bist du sicher, dass du schon gegessen hast? Was hattest du?", ratterte Jin runter und Jungkook seufzte tief.

„Ja, ich weiß. Ich weiß. Ja. Ein Brötchen mit Butter", beantwortete er alle Fragen, weil er wusste, dass Jin sonst nicht aufhörte, ihn mit Fragen zu durchlöchern, als hätte er nicht schon zwei Elternteile Zuhause, die das für ihn erledigten. „Also, Jimin..."

„Nein, ich habe nichts mehr von ihm gehört", sagte Jimin scharf und etwas zu schnell.

Jin und Jungkook sahen ihn beide an, als wären ihm drei Ohren gewachsen. Es war selten, Jimin schlecht gelaunt zu sehen, doch nach der gestrigen Aktion war es ihm nicht zu verübeln, also kratzte Jungkook all seinen Mut zusammen und fragte vorsichtig: „Kannst du ihm vielleicht nochmal schreiben?" Er hatte ihm selber schon dreißig Nachrichten hinterlassen und er wusste nicht mehr weiter. Jimins Kopf schellte nach oben. „Ich möchte wirklich, dass er weiß—"

„Nein", sagte Jimin mit wackelnder Stimme. „Nein, kann ich nicht. Ich glaube, die letzten hundert Nachrichten seit gestern zeigen ihm, dass wir für ihn da sind. Ich werde ihm nicht nochmal schreiben." Er schnaubte tief, als wäre der Vorschlag etwas so absurdes, dass er es nicht fassen konnte.

All The Words You Never Said [VKOOK]Where stories live. Discover now