(Buch 1) Kapitel 44

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Meine Eltern wollten die Option einer Nierenspende zusammen als Familie besprechen. Die Panik in den Augen meiner Mutter war deutlich erkennbar. Die Chance, Cara zu retten, belastete sie, da es bedeutete, mich aufs Spiel zu setzen. Andererseits hatte sich mein Dad in eine solide Steinmauer verwandelt und war so gänzlich unfähig, jegliche Emotion zu zeigen.

Als er die Neuigkeiten hörte, bot sich Drew sofort als Caras Spender statt mir an. Das würde aber niemals passieren. Klar, wir drei waren Drillinge ... aber ich war Caras eineiiger Zwilling – ihre andere Hälfte. Wenn ihr jemand eine Niere spenden würde, dann würde ich das sein.

Ehrlich gesagt hörte ich meiner Familie nicht zu, als sie sich darüber berieten, was wir tun sollten. Ich kannte meinen Entschluss bereits. Ich hatte ihn in jenem Moment gefasst, als Dr. Mankey eine Direktspende vorschlug. Nichts, was sie sagen könnten, würde mich beeinflussen können. Außerdem konnten meine Eltern die Entscheidung nicht für mich treffen. Ich war schon über achtzehn, und als eine gesetzliche Erwachsene brauchte ich deren Einverständnis nicht.

Auf keinen Fall würde ich nicht für Cara spenden.

Die Entscheidung zu treffen war so einfach wie den Lichtschalter zu betätigen, und als das passierte, wurde ich von einem Gefühl von Klarheit überwältigt, das so stark war, dass es mir den Atem raubte.

In den letzten paar Monaten plagten mich, wie ich dachte, Schuldgefühle. Sie wurden von meiner Entscheidung, meine Schwester zurückzulassen und somit meinen Träumen mit den Heartbreakers nachzujagen, ausgelöst. Das Gefühl drückte so schwer auf mein Gewissen, dass es ich mich oft krank fühlen ließ. Oliver hatte mir durch den Schmerz geholfen, und mit ihm an meiner Seite konnte ich die Schuld annehmen und mein Leben weiterleben.

Aber ich lag von Anfang an falsch. Es waren keine Schuldgefühle, denn es war nicht möglich, mich schuldig zu fühlen. Meine Träume zu verwirklichen, machte Cara glücklich, und alles, was meine Schwester glücklich machte, machte auch mich glücklich. Und das hatte nichts damit zu tun, dass sie krank war, weshalb ich die Zeit, die sie auf dieser Welt noch übrig hatte, zur bestmöglichsten machen würde. Ihre Glückseligkeit beeinflusste mich, da sie meine andere Hälfte war, und das war etwas, was nur Zwillinge verstehen würden.

Die Gefühle, die mich runterzogen, taten meinem Herzen weh. Die Liebe zwischen Cara und mir war so stark, dass ich sie so sehr vermisste, wenn sie weg war, dass es schon wehtat. Und wegen dieser Erkenntnis wusste ich, dass die Entscheidung richtig war, meine Niere zu spenden. Ich tat es nicht, weil ich Angst hatte, dass Cara starb, oder weil ich mich schuldig fühlen würde, mein Leben zu leben, während sie krank war. Ich tat das, weil ich Cara bedingungslos liebte. Ich würde alles für sie tun.

Bevor ich meiner Familie meine Entscheidung mitteilte, sprach ich zuerst mit Cara. Immerhin war es unwichtig, wie ich mich entschieden hatte, wenn sie nicht mit der Prozedur fortfahren wollte. Unser Gespräch war nicht wirklich eines. Als ich in Caras Krankenzimmer trat und sie im Bett sitzend auf mich warten sah, wusste ich, dass wir auf einer Wellenlänge waren.

Cara war eine Kämpferin. Sie würde sich niemals vom Krebs unterkriegen lassen. Tatsächlich würde sie es sich nicht einmal zweimal überlegen. Meine Schwester wollte leben, und sie würde an dieser Welt bis zum bitteren Ende festhalten, auch wenn sie dabei in Mitleidenschaft gezogen werden würde.

Keine von uns beiden hatte der anderen etwas zu sagen. Sie schenkte mir einzig ein simples Nicken, und ich wusste, dass ihr bewusst war, dass meine Absichten nicht unschuldiger hätten sein können als sie es bereits waren. Wir würden es tun.

Ich durchschritt den kleinen, weißen Raum und umschloss Caras Hand. Sie drückte meine Finger und zog mich an sich ran. Als ich zu ihr ins Bett kroch, schenkte sie mir ein Lächeln, das mir versicherte, dass alles gut werden würde. Zusammen weinten wir uns in den Schlaf.

The Heartbreak Chronicles [GERMAN TRANSLATION]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt