(Buch 1) Kapitel 12

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Als wir aus dem Aufzug traten, schenkte Mike Oliver einen missbilligenden Blick. „Wo seid ihr gewesen?“, verlangte er zu wissen. Ich konnte durch die Verärgerung in seiner Stimme sagen, dass sich nicht an die Ausgangssperre halten eine Aktivität war, die die Jungs regelmäßig taten.
   
„Entschuldigung, Mike, wir haben uns verirrt“, sagte Oliver mit einem Grinsen.
   
„Wohin? In einen See?“, fragte er sarkastisch, als er unsere Erscheinung unter die Lupe nahm.
   
„Er war riesig“, meinte Oliver und breitete weit seine Arme aus, um auf die Größe hinzudeuten. „Ich meine, er war wahrscheinlich so groß wie der Ozean. Wir sind in der Mitte steckengeblieben und da war ein Killeroktopus und giftiges Seegras. Ich wäre beinahe wegen eines Seitenkrampfes gestorben, aber Stella hat mich sicher ans Ufer gezogen. Es war eine unglaubliche Rettung, obwohl es leider keinen Grund für eine Mund-zu-Mund-Beatmung gab. Du solltest dir wirklich eine Scheibe von ihr abschneiden, oder ich könnte mir überlegen, einen neuen Bodyguard anzustellen.“
   
„Giftiges Seegras?“, war Mikes einzige Antwort, ehe wir ins Penthouse gingen und Oliver die Tür schloss.
   
„Wird er nicht zum Pool gehen, um nach ihnen zu sehen?“, fragte ich und drehte mich zu Oliver.
   
Er zuckte mit den Schultern. „Ja, wahrscheinlich.“
   
„Also müssen sie wieder hochkommen?“, fragte ich und fühlte mich schuldig. „Ich wollte ihnen ihren Spaß nicht verderben.“
   
Oliver warf sein nasses Handtuch auf einen nahegelegenen Stuhl. „Nur weil er weiß, dass sie im Pool sind, heißt nicht, dass er in der Lage sein wird, sie herauszubekommen“, sagte er mit einem Grinsen.
   
„Bist du dir sicher?“, hakte ich nach und rieb meine Hände auf meinen Armen auf und ab, um mich warmzuhalten. Ich hatte meine Klamotten am Pool gelassen, und ich wurde plötzlich daran erinnert, dass ich in meinem BH und meiner Unterwäsche war, einzig und allein ein kleines Handtuch war um mich geschlungen. Es war kalt.
   
„Ich verspreche es“, versicherte mir Oliver. Dann zeigte er den Gang hinunter in die Richtung, in der sein Schlafzimmer liegen musste. „Kann ich dir was zum Umziehen geben? Du siehst kalt aus.“
   
„Das wäre perfekt“, erwiderte ich dankbar.
     
     
Als Oliver zurückkam, hatte er sich ein Paar Sporthosen und ein weißes T-Shirt angezogen. Er übergab mir ein identisches Paar Shorts, aber das Shirt war dunkelblau und hatte ein Brautpaar auf der Vorderseite aufgedruckt. Darauf stand: GAME OVER. Ich zog eine Augenbraue nach oben, als ich das Shirt nach oben hielt.
   
„Sorry“, sagte er, ein wenig Rosa färbte seine Wangen. „Es war das kleinste Oberteil, das ich finden konnte.“
   
„Hey, in der Not frisst der Teufel Fliegen“, meinte ich zu ihm und lachte. Als ich mein Tuch fallen ließ, um das Shirt über meinen Kopf zu ziehen, schaute Oliver weg. Ich drängte meine Arme in die Löcher und zog das Oberteil rasch an. Obwohl er gesagt hatte, dass es klein war, reichte es immer noch weit bis unterhalb meiner Taille. Einen tiefen Atemzug nehmen, inhalierte ich Olivers Duft: Waschpulver und Minze. Es war eine seltsame Mischung, aber es roch immer noch gut und ich lächelte.
   
Oliver hustete, eine lautlose Frage, ob ich fertig war.
   
Peinlich berührt zog ich die Shorts nach oben und rollte den Hosenbund ein paarmal. „In Ordnung“, sagte ich, während ich mein verheddertes Haar aus dem Kragen zog.
   
Oliver drehte sich wieder um. Er starrte mich für einen Moment an, als ich in seiner Kleidung vor ihm stand. Dann lächelte er. „Du magst Schokolade, oder?“
   
    
„Wenn ich weiter mit dir herumhänge, werde ich noch fett“, meinte ich zu Oliver, als wir uns auf die Couch hinsetzten. Ich machte es mir bequem, indem ich meine Beine im Schneidersitz kreuzte und mich in die Kissen zurücksinken ließ.
   
Wir hatten beide eine Kaffeetasse voll schokoladiger Herrlichkeit in unseren Händen. Nur mit einer Handvoll Zutaten und drei Minuten in der Mikrowelle, machte Oliver zwei Einzelportionen Kuchen. Wir dekorierten sie mit Schokolade und Karamellsirup und einem Klecks Schlagsahne.

„Wenn du willst, kann ich meinen Kuchen in einem anderen Raum essen“, witzelte er. „Dann würdest du nicht mit mir abhängen müssen.“
   
„Idiot“, sagte ich, ehe ich einen Löffel voll karamelligen Himmel in meinen Mund schob. Es war kochend heiß und meine Augen wurden wässrig, als ich mir meine Zunge verbrannte.
   
„Heißt das, dass du willst, dass ich bleibe?“, fragte er mit einem listigen Lächeln.
   
Als ich ein anderes Stück Kuchen heraushöhlte, stieg Dampf aus der Tasse hoch. Dieses Mal war ich klug genug, es zuerst hinunterkühlen zu lassen, und ich hielt den Löffel an meinen Mund und blies. „Vielleicht“, sagte ich letztendlich, als mein Biss sicher genug zum Essen aussah.
   
„Vielleicht? Das ist keine definitive Antwort. Ich schätze, ich werde das alles alleine essen müssen.“ Oliver stand auf und steuerte mit seiner Kaffeetasse in der Hand auf die Küche zu.
   
„Wo zum Henker gehst du hin?“ Ich erstickte beinahe, als ich eilig schluckte.
 
Olivers Augen funkelten amüsiert. „Nun, ich dachte mir, da ich hier ja nicht gewollt bin…“ Er verstummte und zuckte mit seinen Schultern.
   
„Ernsthaft, Oliver?“, sagte ich und winkte mit meinem Löffel in seine Richtung.
   
„Was?“, fragte er unschuldig.
   
Ich grummelte. „Komm wieder her“, forderte ich und deutete auf die Stelle des Sofas, wo er gesessen hatte.
   
„Das war keine sehr nette Aufforderung.“ Er hielt ein Feixen zurück, was gut war; wenn ich es auf seinem Gesicht gesehen hätte, hätte ich es wahrscheinlich wegklatschen müssen.
   
Ich starrte ihn für einen weiteren Moment an und hoffte, dass ich nicht betteln müssen würde. Als er sich nicht bewegte, stieß ich ein ergebenes Seufzen aus. „Oliver, ich würde es lieben, wenn du bleiben und mit mir hier sitzen würdest.“
   
„Danke fürs Fragen, Stella! Das war so nett von dir.“ Oliver grinste mich an und ließ sich wieder auf die Couch fallen.
   
„Du weißt, dass du ein dreistes Arschgesicht bist, oder?“
   
Oliver hielt ein Lachen zurück. „Dreist? Ich? Niemals.“
   
Gereizt schaufelte ich die Schlagsahne von meinem Kuchen. Olivers Augen wurden groß, als er sah, was ich da gerade tat.
   
„Du lässt das lieber-“
   
Die Schlagsahne traf sein Gesicht, bevor er seinen Satz beenden konnte, und dieses Mal war ich an der Reihe, mein Lachen zurückzuhalten. Oliver hob seine Hand, um den Klacks in seinem Gesicht mit Ungläubigkeit zu berühren. Er war für einen weiteren Augenblick vor Schock gefroren, ehe er seine beiden Augenbrauen herausfordernd hob.
   
„Das wirst du sowas von zurückbekommen“, meinte er mir. Ich schlug meine Tasse auf den Kaffeetisch, doch bevor ich vom Sofa aufspringen konnte, krachte Oliver in mich. Er nagelte mich unter sich fest und lächelte boshaft, die Schlagsahne war immer noch auf seiner Wange verschmiert. „Versuchst du zu entkommen?“, fragte er mit einem dämlichen selbstgefälligen Blick. Seine eigene Kaffeetasse aufhebend, tauchte Oliver seinen Löffel in die zuckrige Schokolade.
   
„Oliver, geh von mir runter!“, verlangte ich. Panik durchfloss mich, als ich versuchte meine Arme zu befreien, um dem klebrigen Sirup zu entkommen. Ich hatte kein so großes Glück. Oliver zog den Löffel aus der Tasse, Sirupfäden träufelten vom metallenen Utensil auf das Küchlein. „Es tut mir leid!“ Ich schrie die Entschuldigung und hoffte, dass sie mich retten würde.
   
„Ich denke nicht, dass es das wiedergutmacht“, lachte Oliver. Dann spritzte die warme Schokolade auf mein Gesicht.
   
„OLIVER!“, brüllte ich und befreite einen meiner Arme. Ich versuchte, ihn von mir zu schubsen, aber er war zu stark und lachte, als er noch mehr Sirup auf mein Gesicht träufelte. Ich konnte den Kaffeetisch nicht sehen, aber ich fühlte mit meinem Arm herum, bis ich die Tasse fand, die ich hingestellt hatte. Ich tauchte meine Finger in den Kuchen und schaufelte ein Stück davon, Schlagsahne und Sauce heraus, ehe ich es in die Seite von Olivers Gesicht schmetterte.
   
„Okay, Waffenstillstand!“, sagte Oliver und rückte weg. Ich setzte mich auf und brach in schallendes Gelächter aus, als ich ihn anblickte. Er hatte Schlagsahne auf einer Wange, aber die andere war mit klebriger Schokolade beschmiert.
   
Oliver grinste mich an und ich wusste, dass ich genauso albern aussehen musste. „Köstlich“, sagte er, als seine Zunge herausschoss und um seine Lippen herumleckte.
  
    
Nachdem wir unseren Essenskampf aufgeputzt hatten und unsere Gesichter schrubbten, ließen wir uns wieder auf das Sofa zurückfallen.
   
„Also, was willst du machen?“, fragte mich Oliver.
   
Ich stieß einen tiefen Seufzer aus und erwiderte: „Etwas, das sehr wenig Anstrengung erfordert.“ Drew und ich waren seit dem Morgengrauen auf und jetzt war es zweiundzwanzig Uhr. Ich war erschöpft.
   
„Wir könnten einen Film schauen“, schlug er vor.
   
Ich nickte meinen Kopf. Ein Film war eine akzeptierbare leichte Aktivität. „Okay, aber nichts Gruseliges. Ich hasse Horrorfilme.“
   
Oliver lachte. „Ja, ich hatte dich schon total als ein Frauenfilm-Typ von Mädchen abgestempelt.“
   
„Ach ja?“, fragte ich und hob eine Augenbraue.
   
„Ja“, sagte er und rückte näher an mich heran. „Ich wette, dass ich sogar ein paar deiner Lieblingsfilme nennen kann.“
   
Sind wir nicht dreist? „Dann lass mal hören“, sagte ich und verschränkte meine Arme oberhalb meiner Brust.
   
„Tja, zuerst wette ich, dass dein Lieblingsfilm Wie ein einziger Tag ist. Jedes Mädchen liebt Wie ein einziger Tag. Es ist ein Selbstläufer.“ Oliver streckte sich selbstsicher und drapierte seinen Arm um meine Schulter.
   
Als ich seine Hand auf meiner Schulter fühlte, nahm ich einen tiefen Atemzug. Beruhige dich, dachte ich zu mir selber, während ich versuchte, die Feuerwerke, die in mir losgingen, zu kontrollieren. Ich zählte in meinem Kopf bis zehn, ehe ich ihm antwortete. „Okay, mach weiter“, sagte ich leise, ohne ihm einen Hinweis darauf zu geben, ob er richtig lag oder nicht.

The Heartbreak Chronicles [GERMAN TRANSLATION]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt