8. Kapitel

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Ich drückte Caras Hand fest zur Beruhigung.

»Helga wird gleich fertig sein, dann fahren wir los«, flüsterte ich und versuchte zuversichtlich zu klingen. Und tatsächlich kam sie in genau diesem Moment mit Nala im Arm zu uns ans Auto. Sie zitterte, genauso wie Nala. Cara nahm sie entgegen, wobei Nala zusammenzuckte, und legte sie auf die Decken, die wir vorbereitet hatten.

»Sie ist so heiß«, flüsterte sie entsetzt. Ich rutschte noch etwas weiter zur Tür, damit Nala genügend Platz hatte. Dann stieg Helga ins Auto, startete den Motor und fuhr los. Ich musste mich ablenken und versuchte, auf andere Gedanken zu kommen. Bald hatte ich meine erste Fahrstunde. Aufregung und Nervosität machten sich in mir breit. Die Theorieprüfung hatte ich schon bestanden. Sogar mit keinem einzigen Fehler.

Die ganze Fahrt über lag Nala erschöpft zwischen Cara und mir. Ich hoffte, sie hatte etwas Harmloses. Sie war schon relativ alt. Ich wusste nicht, wie leicht sie schwerere Krankheitsverläufe wegsteckte.

»Da sind wir«, meinte Helga schließlich, als sie auf einem fast leeren Parkplatz hielt.

»Es scheinen nicht viele da zu sein. Dann ist die Wartezeit hoffentlich auch nicht zu lang«, versuchte ich, Cara zu beruhigen. Doch die sah nicht so aus, als ob meine Worte überhaupt zu ihr durchdrangen. Wir stiegen alle aus und Cara ging mit Nala im Arm zum Eingang.

»Nala ist doch viel zu schwer, lass mich dir helfen«, meinte Helga und unterstützte Cara beim Tragen. Ich hielt den beiden die Tür auf und setzte mich schließlich mit Cara und Nala in den Wartebereich, während Helga zu der Frau im Empfang ging. Danach gesellte sie sich zu uns. Außer uns war niemand da. Wir mussten auch nicht lange warten. Schon nach ein paar Minuten verließ eine Frau mit einer Katze im Arm das Behandlungszimmer. Wir wurden zum Tierarzt gewunken und gingen zu ihm. Nala folgte uns, war aber recht wackelig auf den Beinen. Als wir in das Zimmer gehen wollten, schüttelte der Arzt den Kopf.

»Nur eine von euch. Der Rest wartet draußen.«

Caras Gesichtsausdruck wechselte von einem besorgten, zu einem flehenden, zu einem frustrierten.

»Oma, geh du. Du kennst Nala am besten«, schlug sie widerstrebend vor. Helga nickte und ging zusammen mit Nala und dem Arzt in den Raum. Dann wurde die Tür direkt vor uns geschlossen. Cara seufzte und wir setzten uns wieder auf unsere Plätze.

»Alles wird gut«, versuchte ich wieder mal, Cara zu beruhigen, doch diese schüttelte vehement den Kopf.

»Eben nicht! Siehst du nicht, wie fertig Nala aussah? Aber war ja klar, dass du in allem etwas Positives sehen musst. Ist ja bei deinem Vater genauso. Er hat die schlimmsten Dinge gemacht und du verzeihst ihm ohne weiteres.«

Ich merkte regelrecht, wie die Wut in Cara hochkochte, und seufzte. Ich konnte kein normales Gespräch mehr mit ihr führen, ohne dass das Thema ›Jens‹ erwähnt wurde. Das war kräftezehrend. Ich wusste nicht, wie lange ich das noch aushielt. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit vom Anfang unserer Beziehung war mittlerweile vollständig verflogen. Wir lebten uns immer weiter auseinander. Während meine Mutter immer besser mit Jens' Anwesenheit klar kam, kam Cara immer schlechter damit klar. Jens war mittlerweile sogar schon einmal bei uns beim Abendessen da gewesen. Meine Mutter war zwar trotzdem angespannt, aber ich merkte, wie gut es ihr tat, dass Jens wieder da war. Auch wenn sie sich immer noch dagegen sträubte. Wahrscheinlich hatte sie Angst, dass Jens uns wieder von dem einen auf den anderen Moment verließ. Ich wusste, wenn das passierte, würde sie ihre Mauern noch höher als zuvor aufbauen. Und sie würden viel dicker und schwieriger zu durchdringen werden, falls sie dann überhaupt noch zu überwinden waren. Aber ich vertraute Jens. Ich wusste nicht, wieso, aber ich hatte es im Gefühl, dass ich das konnte. Ich glaubte einfach nicht, dass er uns wieder verließ. So schätzte ich ihn nicht ein. Mein Bild von ihm hatte sich in den vergangenen Wochen stark geändert. Es gab immer noch Momente, in denen meine Wut auf ihn wieder hoch kochte, aber diese wurden weniger.

Mehr als nur eine Freundin | Band 2Where stories live. Discover now