27.Kapitel

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Es war ein kalter Wintertag. Die ersten Schneeflocken fielen vom Himmel. Trotz dass ich erwachsen war, war es jedes Mal was besonderes wenn der erste Schnee fiel. Ich stand draußen vor der Versammlungshütte und schaute in den Himmel. Schneeflocken waren wunderschön und so zart. Khal Sverrir kam aus der Hütte und stellte sich zu mir. Schon den ganzen Tag besprachen wir den nächsten Plan wie wir vorgingen. Ein paar meiner Spione waren bereits in der Hauptstadt gewesen. Während sie weg waren, hatte ich unruhig auf ihre Rückkehr gewartet. Als sie zurückkehrten, berichteten sie von einem sehr schlechten Zustand der Hauptstadt. Es gab viel Leid und die Einhornarmee setzte ihre Einhörner gegen die Bevölkerung ein. Der Anführer des Flylands hatte sich selbst zum König des Landes erklärt und herrschte mit einer grausamen Hand. Sein Name war laut meiner Spione König Romualdo, aber alle nannten ihn nur König des Grauens. Alle Aufstände wurden blutig nieder gekämpft und mittlerweile wagte sich kaum noch jemand auf die Straßen. Früher waren die Straßen voll gewesen. Überall riefen Händler umher um möglichst viele Kunden anzulocken. Bei der Erinnerung musste ich seufzen. Wir mussten so schnell wie möglich die Stadt und die Bewohnern befreien. Besonders jetzt. Es war Winter und somit lange dunkel. Vorallem wissen die Einhornarmee nichts von mir. Zumindest verhielten sie sich so. Wir mussten jetzt handeln. Jetzt oder nie.
Khal Sverrir und ich gingen wieder in die Hütte. In der Hütte stand ein sehr großer Tisch mit der Karte von Marland. Die Dorfältesten, meine Spione und die Berater von Khal Sverrir standen drum herum und diskutierten. Sie verstummten als wir reinkamen.
"Meine Herren, wir müssen uns jetzt auf einen Plan einigen. Das Volk leidet zu sehr und vorallem rechnen die Feinde nicht mit uns. Das müssen wir uns zu nutze machen", meinte ich und schaute in die Runde.
"Im Winter ist es allerdings kalt und es könnte unsere Truppen schwächen", warf ein Dorfältester ein.
Einer meiner Spione meldete sich zu Wort. "Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Das Volk leidet sehr. Außerdem gab es Gerüchte, dass die Einhörner die Kälte und den Schnee nicht mögen. Ihr habt Recht, Wächterin des Nordens, wir müssen jetzt handeln." Die anderen Spione nickten zustimmend. Die Dorfältesten schienen noch ein wenig kritisch zu sein. Khal Sverrir schlug vor: "Meine Idee wäre, dass die Wächterin des Nordens und ich uns selbst ein Bild davon machen wie es der Stadt geht. Dann könnten wir auch sogleich einen Plan konstruieren. Meine Männer sind immer bereit für den Kampf. Deswegen heißen wir auch Barbaren." Seine zwei Männer nickten zustimmend.
"Das ist eine gute Idee. Und euch verspreche ich, dass ihr euren Kampf bekommt", sagte ich und über die Gesichter der Barbaren huschte ein kurzes Grinsen. Die Dorfältesten nickten zustimmend. Noch am gleichen Tag packten Khal Sverrir und ich unsere Sachen, damit wir am nächsten Morgen losreiten konnten. Ich ging noch zu meinen Drachen und verabschiedete mich.
"Bleibt hier und beschützt das Dorf. Ich komme bald wieder", flüsterte ich und streichelte jeden Drachen. Aroa grummelte unzufrieden. Es gefiel ihr nicht, dass ich weg ging. Aber ich musste.
Als die Sonne aufging, brachen wir auf. Es war relativ kalt und ich sah meine Atemwolke in der Luft. Khal Sverrir und ich hatten beide lange Mäntel an und dem Barbaren Häuptling sah man nicht mehr an, dass er ein Barbar war. Er hatte sich so umgezogen, dass er schon fast normal aussah. Bis auf seine Waffen wirkte alles an ihm normal. In den letzten Monaten hatte auch ich mich verändert. Meine Haare wurden noch länger und mein Gesicht war nicht mehr so kindlich. Trotzdem hatte mein Mantel eine Kapuze, damit ich nicht erkannt wurde.
Es rieselten immer noch ein paar Schneeflocken vom Himmel. Der Augenblick verlieh etwas märchenhaftes. Am Waldrand entdeckte ich Lian. Er holzte gerade ein Baum mit ein paar anderen Männern. Er schaute zu uns herüber. Unsere Blicke trafen sich und mich durch fuhr eine kleine warme Welle. Damals war noch alles gut. Aber dann musste sich ja alles ändern. Was mir blieb waren Erinnerungen. Wir redeten kaum miteinander. Aber ich wusste nicht ob ich ihn vermisste oder nicht. Besonders wegen Khal Sverrir, der mir angeblich verfallen sei. In letzter Zeit hatte ich drauf geachtet, allerdings hatte ich zu wenig Erfahrung um zu sehen ob er mir verfallen ist. Ich löste meinen Blick von Lian und konzentrierte mich auf meine Reise. Jetzt konnte ich nicht an ihn denken.
Wir ritten sehr lange. Bis es dunkel wurde. Khal Sverrir fand einen geeigneten Rastplatz und stieg ab. Ich folgte ihm und als ich auf dem Boden stand, klappten meine Beine ein. Mit voller Wucht knallte ich auf den Waldboden. Ich spürte meine Beine nicht und spürte kurz die Panik in mir. Doch Khal Sverrir kam sogleich zu mir und half mir auf.
"Warte ich helfe dir Xenia. Deine Beine scheinen eingeschlafen zu sein", sagte er beruhigend und hob mich hoch als wäre ich eine Feder. Mir war das alles zu peinlich.
Sverrir setzte mich gegen einen Baumstamm und gab mir eine Decke.
"Gleich spürst du deine Beine wieder", meinte er und begann meine Beine wach zu kneten.
"Danke", antwortete ich leise.
Und tatsächlich spürte ich meine Beine relativ schnell wieder. Khal Sverrir holte Brennholz und begann ein Lagerfeuer zu machen. Zum Essen hatten wir Brot und Rüben. Wir teilten uns das Wasser.
"Schlaf du. Ich halte Wache", sagte Sverrir und ich fragte: "Und was ist mit dir?"
"Alles gut. Ich brauche keinen Schlaf."
Ich schaute ihn skeptisch an, aber legte mich dann doch schlafen. Bevor ich ins Träumeland flog, schoss mir noch der Gedanke durch den Kopf, dass ich im Wald mit dem Barbaren Häuptling alleine war. Nur wir beide.

Die DrachenköniginWhere stories live. Discover now