2. The day after

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Als ich erneut erwachte, zog sich in mir alles zusammen. Da war niemand mehr. Die Laken zerwühlt, aber von Shelly keine Spur. Ich blickte zum Bad. Aber auch hier gähnende Leere. Die Tür stand weit offen, keine Chance sie zu übersehen, wäre sie da gewesen. Sofort kroch es in mir hoch. „Wie blöd du bist, blöd und naiv und blöd, blöd, blöd." schimpfte ich vor mich hin. In mir kreierte sich sofort das Drama, des verletzten Egos. Sie hatte ihren Spaß und macht sich dann aus dem Staub. In meiner Wut sprang ich aus meinem Bett. Hätte es eine Türe gehabt, wäre diese lautschallend zu gefallen. Ich schmiss das Licht im Bad an und machte mich bereit für eine Dusche, als ich an dem beinahe wandgroßen Spiegel etwas entdeckte. Herzen, kleine, große, gemalt mit einem Lippenstift zierte es die Ränder. „Na super, das hättest du dir auch sparen können." wütete ich weiter, als mich das Klingeln meines Handys aus meiner Spule riss. Mit einem etwas unfreundlichen „Ja." hob ich ab. „Wow, guten Morgen. Hast du nicht gut geschlafen?" fragte mich eine mir durchaus vertraute Stimme am anderen Ende. „Shelly?" fragte ich überrascht.

„Ja, ich bins. Sag mal, isst du gerne Eier zum Frühstück?" Diese Frage passte so gar nicht zu meinem selbstgebastelten Drama und ich musste mich ersteinmal neu sortieren.

„Das könnte schon sein." stolperten die Worte wirr aus dem Hohlraum, der sich landläufig Mund nannte, aber in diesem Moment nicht ganz zu mir gehörte. Shelly lachte deutlich amüsiert.

„Dann lass es uns raus finden. Ich bin in dem kleinen Bistro. Wenn du aus dem Hotel raus kommst, gleich rechts um die Ecke. Ich warte auf dich." Die schmachtenden Worte klangen in mir nach und ich war gezwungen, meinen voreiligen Frust als überflüssig ab zu stempeln. Ich schmunzelte vor mich hin. Ich kicherte über mich selbst, dass ich mich so schnell hatte verunsichern lassen. Ich war erleichtert und froh, dass sie mich nicht benutzt hatte. „Gut, ich mach mich fertig, bis gleich." flötete ich ihr ins Ohr und ging wieder zurück ins Bad. Noch einmal sah ich die Herzen am Spiegel. Ich musste lachen und freute mich über diese zucker süße Geste.

Kurze Zeit später war ich vor dem Bistro und sah sie durch die Scheibe bereits drin sitzen. Es war wirklich klein und erinnerte an einen Wichtelbau. Es befand sich etwas nach hinten versetzt und es gab nur vier Tische und eine kleine Theke, die das nötigste aufwies und frei war von überflüssigem Schnörkel. Sie hatte eine dunkle Sonnenbrille an und trug einen Pulli von mir. Ich ging hinein und trat auf sie zu. Ich spürte, wie sich mein Herz regelrecht überschlug. Hatte ich mich etwa verliebt oder war ich es sogar vorher schon? Ich wurde plötzlich ganz schüchtern und wusste nicht recht, wie ich sie begrüßen sollte. Sie schien genauso verunsichert wie ich und kam mir auf halben Weg entgegen. Mit einem kurzen Blick nach rechts und links, vergewisserte sie sich, dass uns niemand beobachtete und küsste mich. Das alles war einfach unbegreiflich. Aller Starstatus war verflüchtig und ich begegnete Shelly als Mensch und das sehr viel näher, als ich mir auch nur im Traum hätte ausmalen können.

Wir setzten uns gegenüber und verfielen in unangenehmes Schweigen. Wir sahen uns in die Augen und die Anziehung zwischen uns waberte wie eine Welle von Elektrizität durch den Raum. Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte. Ich fragte mich, wie es nun weiter gehen würde mit uns oder ob überhaupt irgendetwas weiter gehen würde. Ich wusste ja nicht einmal, ob etwas angefangen hatte. „Steht dir gut." sagte ich und deutete auf ihren bzw. meinen Pulli.

„Es war so frisch heute Morgen und ich hatte ja nichts anderes dabei außer meinem Tshirt. Ich hoffe, das ist in Ordnung?" Keine Frage, ich freute mich, ihn an ihr zu sehen. „Klar." sagte ich. Und wieder Stille. Verschüchterte Blicke und immer wieder diese Anziehung. Wir wurden unterbrochen in unserem schweigenden Gespräch, als der Besitzer des Bistros, ein heißblütiger Italiener uns ein Frühstück servierte, dass keine Wünsche offen ließ. Shelly lächelte vor sich hin. Sie hatte mich damit überrascht und freute sich daran, dass der Italiener mit viel Amore die Leckereien drapierte.

Als er den Tisch wieder verlassen hatte, fühlte ich ihre Hand an meinem Knie. Sie streichelte mich und pushte mein Herz damit wieder in unfassbare Höhen.

„Ich hoffe, es gefällt dir, Süße."

„Ich freue mich sehr, dankeschön." Antwortete ich ihr und erwiderte ihre Streicheleinheit unter dem Tisch. Ich war mir sicher, wären wir alleine gewesen, hätten wir den gestrigen Abend an Ort und Stelle fortgesetzt.

„Hast du gedacht, ich sei wortlos verschwunden?" fragte sie mich mit einem frechen Grinsen im Gesicht. Ertappt blickte ich nach unten. „Nein, ach was. Wie kommst du darauf. Was soll ich da denken, wenn ich wach werde und neben mir ist das Bett plötzlich leer und ich weiß nicht wo du bist. Da kommt man doch nicht auf so eine Idee." sagte ich gespielt cool. Wir mussten lachen und ich schob ein kleinlautes „Ja, das dachte ich." hinterher. Mit dieser Anwort hatte ich ihr bestätigt, dass es mich getroffen hatte.

„Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken. Du sahst so süß aus, ich konnte dich einfach nicht wecken. Eigentlich wollte ich dich im Hotel mit einem Frühstück überraschen, aber leider wurde ich beinahe von einem Teenie entdeckt. Das war mir zu heikel. Ich wollte mit dir alleine sein."

Das war definitiv eine Erklärung, mit der ich mich zufrieden geben konnte. Aber letztlich war ich schon überglücklich, als sie mich angerufen hatte.

Wir genossen die Speisen, die einen herrlichen Duft verströmten. Wir konnten unsere Blicke nicht voneinander abwenden. In heitere Fröhlichkeit fragte Shelly mich, wann ich wieder zurück nach Deutschland fliegen würde. Mir trübte es sofort die Stimmung ein. „Morgen." antwortete ich knapp und wünschte mir, es wäre nicht so. „Was?" fragte sie mich entsetzt. „Du bist gestern erst gekommen." Uns beiden verging die Lust am Frühstück. Sie blickte betrübt drein. „Ich wusste, dass ich mich wieder verabschieden muss, aber so schnell."

„Ich kann mir das im Moment auch nicht vorstellen, dass ist alles wie ein Traum und ich will nicht, dass ich so schnell wieder wach werde." murmelte ich. Sie fasste meine Hand, ganz öffentlich auf dem Tisch. Ich war überrascht und blickte statt ihr nach rechts und links, um mich zu vergewissern, dass uns niemand beobachtete.

„Kannst du nicht noch ein paar Tage bleiben? Bitte." flehte sie mich an.

„Shelly, was ist das mit uns?" Ich konnte mir diese Frage nicht unterdrücken. Ich spürte, wie die Angst an meinen Beinen hoch kroch, dass dies doch noch ein Fake sein könnte. Auch wenn alle Indizien dagegen sprachen.

„Ich weiß es nicht, Franzi. Ich weiß nicht, was mit mir passiert. Ich weiß nur, dass mir der Gedanke, dass du Morgen wieder weg sein sollst, das Herz schwer werden lässt. Für mich ist das alles auch wie ein Traum. Ich habe noch nie einen Menschen wie dich getroffen, du bist so ... so liebenswert. Ich möchte dich kennenlernen, also auch außerhalb des Bettes, meine ich." Wir musste kichern.

Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Das war kein Fake und das machte es beinahe noch irrealer.

„Okay, ich habe noch die ganze Woche Urlaub, aber kein Hotel mehr gebucht. Ich muss mal nachhören, vielleicht kann ich ja noch..."

„Auf gar keinen Fall." Unterbrach sie mich. Ich runzelte irritiert die Stirn.

„Du kannst bei mir wohnen. Ich sage Madlin, dass sie deinen Flug umbucht, du musst dich um nichts kümmern. Also natürlich nur, wenn du möchtest." Voll hektischem Tatendrang wartete sie nur auf mein GO um für alles zu sorgen. Erwartungsvoll blickte sie zu mir und mit jeder Sekunde schienen ihre unglaublich schönen Augen größer zu werden.

„Ja, ich möchte gerne bei dir bleiben." Noch ehe ich mich versah, fand sich mein Gesicht zwischen ihren Händen wieder und sie drückte mir einen überschwänglichen Freudenkuss auf die Lippen. Sogleich besann sie sich wieder und wir blickten beide gleichzeitig von rechts nach links. Und im selben Moment verfielen wie in einen Lachanfall.

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Eure

lialight

©Lialight

Meet and love (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt