8. Kapitel

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Ein komplett weißer Raum. Ein komplett weißes Bett. Es erinnerte mich an etwas. Ja, an meine Gedanken. Das Zimmer spiegelte meine Gedanken wieder. Komplett weiß. Leer. Still. Man würde annehmen, dass das die Ruhe vor dem Sturm sei. "Ich weiß, der Raum ist noch etwas renovierungsbedürftig, aber ich hab im Moment leider nichts anderes", sprach Luisa zu mir. Und drei Mal dürft ihr raten, wie meine Reaktion darauf war. Im ernst ratet und lest nicht einfach weiter, so macht das ja überhaupt kein Spaß. Nein?...Okay, dann halt nicht. Ich habe nur oder mal wieder nur genickt. So schwer war das doch gar nicht... Kommen wir nun zurück zu meinen Gefühlen. Ich fand das Zimmer in ordnung. Manch einer würde sich beschweren und sagen, dass das Zimmer langweilig wäre, aber dieses Zimmer beruhigte mich irgendwie. "Geh doch schon mal schlafen. Es war immerhin ein anstrengender Tag und du bist bestimmt noch erschöpft." Diesmal ersparte ich es mir zu nicken, stattdessen ging ich zum Bett und legte mich hin und schlief in binnen Sekunden ein.

Irgendwann gegen Nachmittag wachte ich auf. Das erste was ich bemerkte war, dass ich nicht mehr in meinem Zimmer, in meinem Bett lag, war was auch immer. Zuerst war ich ein wenig geschockt, da ich weder bei mir zu Hause noch bei Jack war. Aber diese weißen Wände beruhigten mich schnell wieder. Ich ging die letzten paar Tage in meinem Kopf durch und realisierte dann erst was passiert und wo ich war. Ich bin ein elternloses Kind, dass vor 2 Tagen die Eltern bei einem Autounfall verloren hatte. Ich wurde von einem Mann, den ich einst mal vertraut hatte, sexuell missbraucht und von einem Jungen, der mir früher immer geholfen hat und mein Held war, verlassen und enttäuscht. Ich war gestern beim Jugendamt zusammen mit Jack und habe bevor ich zusammengebrochen bin eine Frau Namens Claire kennengelernt. Sie hat eine Schwester, deren Namen Luisa bin und in deren Haus ich mich gerade befinde. Ja, so war es. Ich war in Sicherheit, zumindest im Moment. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Mir war so nach weinen zumute, aber es kamen keine Tränen. Ich stellte mir Fragen, wie warum muss mir das passieren oder warum wird alles immer schlimmer und wann habe ich endlich den Punkt erreicht, an dem es sich bessert. Auf diese ganzen Fragen und noch auf einige mehr, hatte ich in dem Moment keine Antwort und für manche Fragen werde ich wahrscheinlich auch nie eine Antwort finden.

Ich setzte mich auf und sah mich noch einmal gründlich im Zimmer um, aber außer dem Bett auf dem ich saß, einem großen Fenster und einer Tür gab es nichts besonderes im Zimmer. Ich stand auf, das heißt ich versuchte es, doch ich fiel sofort wieder auf das Bett. Ich fühlte mich so schwach und zu dem tat mir noch mein Kopf weh. Ich tastete meinen Kopf ab und spürte einen Hubbel, der bei jeder  Berührung weh tat. Eine Beule...Toll...Ich brauche unbedingt etwas zum kühlen. Ich versuchte erneut aufzustehen, doch anders als beim letzten Mal schaffte ich es und steuerte auf die Tür zu. Zwar etwas wackelig, aber ich schaffte es irgendwie. Ich fragte mich wie das Haus wohl aussieht. Wenn ihr mich jetzt für doof haltet, weil ich nicht weiß wie das aussieht, dann nur zu. Aber versucht euch mal an etwas zu erinnern, wenn ihr hundemüde seit. Langsam öffnete ich die Tür und schlich mich raus. Gegenüber von meinem Zimmer lag die Treppe die hinunterführte. Ich entdeckte neben meinem Zimmer noch eine Tür und gegen über davon war auch noch eine Tür, wo ein Blattpapier mit WC drauf stand. Ich schlussfolgerte, dass also, dass das Zimmer neben meinem Zimmer Luisas war. Ich atmete einmal tief durch und ging die Treppe runter.

"Tante Luisa?", rief ich durch das Haus, aber keiner antwortete. Ich entfernte mich langsam von der Treppe und bewegte mich frei im Zimmer herum. Die untere Etage bestand nur aus einem großen Zimmer ohne Diele und ohne Einteilung in Wohn- und Esszimmer und Küche. Alles war in einem Raum, aber eine gewisse Trennung in Wohnbereichen und Kochbereich gab es schon. Ich steuerte auf den Kochbereich zu und sah auf der Theke einen Zettel liegen, wo drauf stand:

Morgen Isa,

Ich muss kurz zur Arbeit fahren bin gegen 16 Uhr wieder da. Hab einen schönen Tag und mach es dir gemütlich bedien dich ruhig an allem. Ich hab dir außerdem etwas zu essen auf dem Wohnzimmertisch gestellt. Die Fernbedienung liegt gleich daneben. Wenn du willst kannst du gerne Ferseh schauen so lange ich arbeiten bin.

Bis später

Lu

Luisa war eine ganz liebe. Sie hatte mir einen paar Sandwichs, Wasser und O-Saft auf den Tisch gestellt. Obwohl sie nicht da war, sorgte sie sich um mich. Ich mochte sie sehr. Ich schaute den ganzen Nachmittag Ferseh. Ich hatte für einen kurzen Augenblick all meine Probleme, all meine offenen Fragen vergessen und mein Leben genossen, doch das klingeln an der Tür zerstörte diesen Moment. Ich wusste nicht wer es war und ich wusste auch nicht, ob ich aufmachen sollte. Ich tat nur hoffen, dass es nicht Jack war. 15.15 Uhr war es, als ich auf die Uhr sah. Luisa konnte ich also ausschließen. Es klingelte noch einmal.  Ich schluckte und ging schweren Herzens zur Tür. Ich zögerte und führte einen inneren Konflikt mit mir. Sollte ich diese Tür nun auf machen oder nicht. Was wenn es Jack ist? Ich hatte Angst...Angst vor ihm... Ein erneutes Klingeln unterbrach meinen inneren Konflikt.  Verdammt wer ist das.... "Isa? Isa, ich bins Thomas. Mach bitte die Tür auf." Mir viel ein Stein vom Herzen als ich ihn hörte. Es war nicht Jack. Ein Glück. Ich öffnete langsam die Tür und sah Thomas und...und Jack, der hämisch grinste. Ich sah Thomas fragend, nein, verzweifelt an. Warum hast du mich schon wieder hintergangen? Warum hast du ihn geholfen?! Thomas! Schrie mein Inneres.

Thomas p.o.v

"Tommy?", flüsterte Dad. Immer wenn er Tommy sagte, dann wollte er, dass ich etwas mache. Etwas das mir nicht gefallen würde. "Ja?", sagte ich nichtsahnend.  "Würdest du so lieb sein und Isa sagen das du hier vor der Tür stehst? Aber erwähne nicht meinen Namen, okay?" Ich nickte. Wir waren hier, weil mein Vater und ich Isa gratulieren wollten. Zumindest hat Dad mir das gesagt. Heute war ihr Geburtstag und das wir hier waren um ihr zu gratulieren glaubte ich ihm. Jedoch nicht nur, das wusste ich.... Isa es tut mir leid. Ich weiß nicht was ich machen soll... Ich kann mich ihm nicht einfach widersetzen.  Ich hoffe du merkst, wie leid es mir tut und verzeihst mir. Ich konnte abends nie richtig einschlafen, denn immer wieder sah ich, wie mein Vater ihr das an tat. Wie ausdruckslos ihre Miene dabei war und wie hilfesuchend sie mich am Anfang an sah und ich Idiot konnte nichts tun um ihr auf irgendeiner Art und Weise zu helfen. Nicht mal reden konnte ich. Ich Idiot stand nur doof da und beobachtete sie dabei, wie sie von meinem eigenen Vater Vergewaltigt wird. Wenn es dir leid tut, dann hilf mir! Hörte ich sie mir abermals mit ihrer letzten Kraft sagen.  Es gab nicht einen Tag, wo ich nicht an sie dachte. Ich würde ihr so gerne helfen, aber mir sind die Hände gebunden. Ihr wisst nicht was für eine Qual das ist. So qualvoll zuzusehen, so qualvoll zuzusehen und ihr nicht helfen zu können. Dieses qualvolle Etwas zerfrisst mich!

"Also?", rief Dad mir in meine Gedanken. "Isa? Isa, ich bins Thomas. Mach bitte die Tür auf." Es passierte nichts und ich sah meinen Vater fragend an. Aber ich war froh, dass sie nicht aufmachte. Wenigstens einmal in all diesen Jahren bleibt es ihr erspart. Happy Birthday Isa...Ich wollte mich gerade den gehen wenden, als die Tür plötzlich langsam auf ging und ich Isas halbwegs glückliches Gesicht sah. Ja, sie war halbwegs glücklich und das machte mich auch glücklich ich lächelte sie an. Und im selben Moment veränderte sie schlagartig ihre Miene. Entsetzen lag auf ihrem Gesicht.  Sie sah mich wieder mit diesem Blick an der mir weismachen soll, dass ich sie schon wieder betrogen, belogen und hintergangen habe....Ich fühlte mich schuldig. Ja, ich war der Schuldige.

Butterfly// #Wattys2015Where stories live. Discover now