Angst

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„Alex?" Dunkelgraue Augen sahen beim Klang ihrer müden Stimme von den Geschäftszahlen des letzten Quartals auf: „Cassie?" Ihre Mundwinkel zuckten amüsiert, während die Flugbegleiterin die Arme trotz des Glases, welches sie in einer Hand hielt, vor der Brust verschränkte: „Es ist spät. Hast du vor, die ganze Nacht hier im Büro zu bleiben?" Sein Blick huschte zu der Zeitanzeige am unteren Rand des Bildschirms, bevor er zu ihren graugrünen Augen zurückkehrte.

Ohne es bewusst zu wollen, unterzog er die junge Frau einer Musterung. Die langen, blonden Locken waren in einem unordentlichen Dutt zusammengefasst, aus dem sich bereits einige Strähnen befreit hatten. Ihre graugrünen Augen wirkten so müde, wie ihre Stimme klang. Es verwunderte Alex nicht, immerhin war sie erst an diesem Nachmittag von einem interkontinentalen Flug zurückgekehrt und hatte zur Bekämpfung des Jetlags dem Drang nach Schlaf nicht nachgegeben.

Über ihrem Schlafshirt trug Cassie einen schwarzen Pullover zu ihrer grauen Jogginghose. Er war ihr um einige Nummern zu groß, doch das schien sie nicht zu stören. Natürlich war er das, stellte Alex schmunzelnd fest, denn der Pullover gehörte ihm. Schon vor einigen Wochen hatte er bemerkt, dass die junge Frau anfing, einige seiner Kleidungsstücke zu tragen. Mal war es ein Hemd, mal ein Pullover.

Am gleichen Tag, an dem es ihm zum ersten Mal aufgefallen war, hatte er entschieden, es nicht anzusprechen. Es gefiel Alex, dass sie anfing sich in seiner Wohnung wohl zu fühlen. Ob Cassie bemerkt hatte, dass sie beinahe schon eine ganze Schublade in seinem Schrankraum mit ihren Sachen gefüllt hatte? Vermutlich nicht.

„Alex?", ihre müde Stimme riss ihn zurück in die Realität, „hast du mir zugehört?" Seine Augen kehrten zu den ihren zurück: „Entschuldige, ich war in Gedanken." Energisch schüttelte die junge Frau den Kopf und trat einen Schritt näher. Mit dem Zeigefinger der Hand, mit der sie das Glas hielt, deutete sie auf ihn: „Du arbeitest zu viel, Alex."

Unwillkürlich rollte er seinen Bürosessel ein Stück zurück und rang ein Lächeln nieder, als sich die Flugbegleiterin sofort auf seinem Schoß niederließ. Eilig stellte sie ihr Glas auf seinem Tisch ab. Ihre Arme legten sich keine Sekunde später um seinen Hals, während Cassie ihn aus ihren großen graugrünen Augen ansah: „Lass uns ins Bett gehen."

Als Alex etwas erwidern wollte, unterbrach ihn die junge Frau kurzerhand mit einem Kuss. Was zunächst sanft und unschuldig begann, gewann mit jeder verstreichenden Sekunde an Intensität. Mit einem Seufzen gewährte Cassie seiner Zunge Einlass in ihren Mund, während sie sich näher an ihn drängte und die Finger einer Hand in seinem Haar vergrub.

„Bett?", brachte die Flugbegleiterin atemlos hervor, als sie den leidenschaftlichen Kuss beendeten. Ihre Lippen waren leicht geschwollen und die Wangen gerötet. Ein Lächeln schlich sich auf Alex' Gesicht, während er zärtlich die blonden Haare hinter ihr Ohr strich: „Ich muss diese Zahlen noch ..."

Wieder unterbrach sie ihn mit einem Kuss. Während ihre Zunge mit der seinen über die Kontrolle rang, öffneten ihre Finger die obersten Knöpfe seines Hemds. „Ich wiederhole meine Frage", wisperte Cassie grinsend an seinen Lippen, „kommst du mit mir ins Bett?"

„Ich muss diese Zahlen wirklich noch ...", diesmal war Alex auf ihre Unterbrechung vorbereitet gewesen. Blitzschnell wandte er den Kopf zur Seite, so dass Cassies Lippen statt auf den seinen auf seiner Wange landeten. Seine Brust vibrierte vor unterdrücktem Lachen, als sie ihn aus zusammengekniffenen Augen verstimmt anfunkelte. „Gemein", brummte die junge Frau und griff nach ihrem Glas.

Ehe sie es an die Lippen heben konnte, hielten seine Finger um ihr Handgelenk sie mit sanftem Druck zurück. „Das wievielte Glas ist das heute?", erkundigte sich Alex. Schneller als er reagieren konnte, hatte Cassie den Drink von der einen in die andere Hand gewechselt und den Inhalt in einem herzhaften Zug geleert.

Moments of TimeWhere stories live. Discover now