Christmas Spirit - Epilog

14 4 0
                                    

Fast schon panisch schreckte Cassie beim Klang der Polizeisirenen auf der Straße vor ihrer Wohnung aus dem Schlaf. Ihr Herz hämmerte wie wild in ihrer Brust. Mit zitternden Händen fuhr sie sich über das Gesicht und strich die wirren, blonden Haare zur Seite, während sie versuchte ihre Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen.

Die graugrünen Augen der jungen Frau gewöhnten sich langsam an die Finsternis in ihrer Wohnung. Mühsam veränderte sie ihre Lage auf dem Sofa, bis sie eine halbwegs aufrecht sitzende Position erreicht hatte. Dabei bemerkte sie nicht nur, dass sich ihre Muskulatur beim Schlafen verspannt hatte, sondern auch das Hämmern in ihrem Kopf. Ein ihr nur zu bekanntes Gefühl.

Mit einem Stöhnen ließ sie den Kopf hängen und die Hände zurück in den Schoß fallen. Sie trafen auf etwas Hartes. Es fühlte sich an wie Glas. Seufzend öffnete sie erneut die Augen. Ihr Blick fiel auf eine halbvolle Flasche gefüllt mit einer klaren Flüssigkeit. Sie wusste nur zu genau, was es war. Wodka.

Sofort schlossen sich ihre Finger fester um die Glasflasche, während Cassie sie mit der anderen Hand öffnete. Ein Ablauf, der ihr in all den Jahren längst in Fleisch und Blut übergegangen war und keinen Funken ihrer Aufmerksamkeit erforderte. Hastig nahm sie einen herzhaften Schluck und ihre ausgetrocknete Kehle bedankte sich dafür.

Mühsam kämpfte sich die junge Frau mit einer Hand aus der weichen Fließdecke, die immer auf ihrem Sofa lag. Der Stoff war widerspenstig. Er hatte sich im Traum fest um ihren ganzen Körper geschlungen. Beinahe wäre Cassie gestolpert, als sich einer ihrer Füße beim ersten Versuch aufzustehen darin verfing. Sie verpasste der Decke einen letzten Tritt und kam schwankend auf die Beine. Wieder setzte sie die Flasche an die Lippen.

Mit bloßen Füßen tappte sie über den kalten Fußboden zu ihrem Panoramafenster. Ihr Blick fiel auf die Uhr über dem Durchgang zur Küche. Es war kurz nach zwei Uhr morgens. Es war also bereits Weihnachten. Der 24. Dezember. Draußen war es dunkel. So dunkel wie es in einer Stadt wie New York mit all seinen Lichtern sein konnte.

In manchen Wohnungen schmückten Lichterketten und Sterne die Fenster. Sogar ein paar Weihnachtsbäume konnte die junge Frau beim genaueren Hinsehen erkennen. Wieder nahm Cassie einen Schluck aus der Flasche in ihrer Hand. Ihr Blick glitt durch ihr kleines, leeres, kaltes Apartment. An die Unordnung hatte sie sich längst gewöhnt. Genauso wie an die Stille. Nichts an ihrer Wohnung war weihnachtlich.

Kein Adventskranz stand auf ihrem Esstisch. Sie setzte die Flasche an die Lippen. Keine Lichterketten baumelten von ihrer Vorhangstange. Die klare Flüssigkeit schmeckte nach nichts. Keine kleinen Christbaumkügelchen waren geschickt in der ganzen Wohnung verteilt. Wieder nahm sie einen Schluck. Kein falsches Feuer brannte am Bildschirm ihres Fernsehers. Ein Seufzen entwich ihr.

Keine Kekse, die sie zusammen mit einem Glas antialkoholischen Punsch zu sich nahm. Hastig kippte sie noch mehr Wodka in ihren Mund. Kein Weihnachtsbaum, den sie geschmückt hatte, während im Hintergrund Weihnachtslieder liefen. Mit einem Zug leerte sie den letzten Rest der Flasche. Keine Weihnachtsmütze, die bei jedem Schritt albern klingelte. In einem Anflug von Wut schleuderte Cassie die leere Flasche gegen die Wand und sah zu, wie sie in hundert kleine Scherben zersprang.

Kein Alex. Nur ein weiterer Weihnachtstraum, der niemals in Erfüllung gehen würde.

Moments of TimeWhere stories live. Discover now