Christmas Spirit - Part 4

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Nachdenklich legte Cassie den Kopf zur Seite und musterte den dunkelgrünen Nadelbaum, welcher vor dem großen Panoramafenster ihres Wohnzimmers stand. Noch vor einem Jahr wäre sie unter gar keinen Umständen in eine solche Situation gekommen. Weihnachten hatte für sie seit ihrer Kindheit keine große Bedeutung gehabt. Er war lediglich ein Tag wie jeder andere.

Nur für ihren Bruder und ihre bezaubernden Nichten hatte sich die junge Frau auf die Festlichkeiten eingelassen. Für sie hatte sie Geschenke besorgt und verpacken lassen. Für sie hatte sie versucht, an diesem einen Tag die Finger vom Alkohol zu lassen. Für sie hatte sie ein Lächeln aufgesetzt, wenn die Mädchen Weihnachtslieder trällerten. Für sie hatte Cassie versucht, sich und ihr Leben an einem Tag im Jahr zu ändern.

Einen Weihnachtsbaum in ihrer Wohnung vorzufinden war jedoch eine völlig andere Erfahrung. Eine, die sie nie zuvor gemacht hatte. Ihre Finger spielten mit der lächerlichen Weihnachtsmütze, welche sie bei ihrer Rückkehr erneut im Vorzimmer vorgefunden hatte. All das wäre nicht passiert, hätte sie ihn nicht auf diesem einen Flug nach Bangkok kennengelernt.

Als hätte Alex die Gedanken der jungen Frau gelesen, trat er aus dem Bad zurück in den Schlafbereich der kleinen Wohnung. Seine dunkelbraunen Haare waren noch feucht von der Dusche. Cassies graugrüne Augen wanderten von seinem Gesicht weiter zu seinem nackten Oberkörper. Beinahe wäre ihr ein zufriedenes Seufzen entwichen. Ihr Leben hatte sich definitiv verändert.

„Gefällt dir, was du siehst?", erkundigte sich Alex schmunzelnd, während er nach dem auf dem Bett bereitgelegten T-Shirt griff. Hastig kehrte Cassies Blick zu seinen grauen Augen zurück. Ihre Wangen brannten. Bevor sie Alex kennengelernt hatte, hatte sie kein Mann derart aus der Fassung bringen können. Keiner war dafür lange genug in ihrem Leben geblieben.

Um der Situation und damit einer Antwort zu entgehen, setzte die junge Frau die Weihnachtsmütze auf und legte den Kopf zur Seite: „Zieh dich an, dann können wir diese Angelegenheit endlich hinter uns bringen." Das Lächeln, mit dem er sie bedachte, ließ ihre Beine zittern und ihr Herz schneller schlagen.

Keine Minute später trat Alex an ihre Seite. Vollständig angezogen sah er dennoch umwerfend aus. Seine Finger strichen zärtlich die blonden Locken unter der Mütze zur Seite. „Gib zu, dass es dir gefällt, kleiner Grinch", wisperte er an Cassies Ohr, bevor er ihr einen Kuss auf die Wange hauchte und an ihr vorbei trat.

Mit einigen geschickten Handgriffen verband Alex sein Handy mit der Stereoanlage und klickte durch einige Lieder, bis er die passende Playlist für die bevorstehende Aufgabe gefunden hatte. Keine Sekunde später füllten die sanften Klänge von Weihnachtsliedern die kleine Wohnung und entlockten Cassie ein frustriertes Stöhnen.

„Muss das wirklich sein?", erkundigte sie sich mit vor der Brust verschränkten Armen und zusammengekniffenen Augen. Alex kehrte mit einem breiten Lächeln auf den Lippen zu ihr zurück. Seine Finger schlossen sich um ihre Hüfte, während er die junge Frau an sich zog. „Lass es einfach zu, Cassie", wisperte er. Bevor sie etwas erwidern konnte, hatte er ihren Mund mit dem seinen verschlossen und ließ ihre Zungen miteinander tanzen.

Die junge Frau konnte spüren, wie ihre eiserne Abwehr zu bröckeln anfing. Dieser Mann war gefährlich für sie. Stück für Stück baute er die schützenden Mauern, hinter denen sie sich so gerne versteckte, ab. Wenn sie nicht Acht gab, würde er sie zu allem überreden können. Durch ihn hatte sich ihr Leben verändert und um nichts in der Welt würde sie auf diese Erfahrungen verzichten wollen.

Seufzend zog sich Cassie aus dem Kuss zurück, während sie gleichzeitig die Arme um seinen Hals schlang. „Ich hoffe du weißt, dass ich das alles nur für dich tue", hauchte sie und stahl sich einen weiteren zärtlichen Kuss. Bei jeder Bewegung klingelten die kleinen Glöckchen an ihrer Weihnachtsmütze.

Als der Kuss endete, unterbrach Alex den Körperkontakt zwischen ihnen. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen trat er auf die Schachteln zu, die auf dem kleinen Wohnzimmertisch thronten. Aus der ersten zog er eine Lichterkette. „Der erste Schritt ist das Anbringen der Lichterkette", verkündete er und deutete mit einem Nicken in Richtung Baum, „am besten arbeiten wir uns von unten nach oben vor."

Wieder seufzte die junge Frau, doch sie widersprach ihm nicht. Das Leuchten in Alex' grauen Augen ließ ihr Herz schneller schlagen. Obwohl sie es ihm niemals gestehen würde, hätte sie beinahe alles dafür getan, um ihn weiter mit der Begeisterung eines kleinen Kindes für Weihnachten zu sehen.

Ihre Finger schlossen sich um die Lichterkette und nahmen sie ihm aus der Hand: „Nachdem nur eine Person in diesem Haushalt besonderen Wert auf Ordnung und Symmetrie legt, solltest du die Aufsicht über diese Augfgabe führen und ich kümmere mich um das hier." Cassie ließ ihren Worten sogleich Taten folgen. Geschickt fädelte sie die Lichterkette zwischen den Zweigen hindurch. Zu ihrer großen Überraschung waren die Nadeln des Baumes, den Alex für sie ausgesucht hatte, beinahe schon weich und stachen sie kein einziges Mal in die Hände.

Erst als die kleinen Lämpchen den Weihnachtsbaum von innen heraus erleuchteten, trat die junge Frau wieder an Alex' Seite. Seine grauen Augen musterten Cassies Gesicht aufmerksam. Auf ihren Lippen lag ein zufriedenes Lächeln, doch noch würde er sie nicht darauf ansprechen. Die Frau an seiner Seite war wie ein scheues Reh. Eine zu schnelle Bewegung und sie würde sich hinter ihre schützenden Mauern flüchten.

„Jetzt die Kugeln?", riss ihn Cassies Stimme aus seinen Gedanken. Neugierig lugte die junge Frau in die Schachteln auf dem Wohnzimmertisch. Ja, sie musste zugeben, dass sie langsam Gefallen an dem Gedanken an einen eigenen Weihnachtsbaum fand.

Zu ihrer großen Freude hatte Alex sich für schlichte goldene und rote Kugeln entschieden, denn um nichts auf der Welt hätte sie einen knallbunten Baum in ihrer Wohnung geduldet. Vorsichtig nahm sie eine der gläsernen Kugeln aus der Schachtel und bewunderte die geschwungenen Linien darauf. Mit einem Finger zog sie das Muster nach.

Während Alex die junge Frau aus dem Augenwinkel heraus beobachtete, griff er selbst nach der ersten Kugel und brachte sie an einem Zweig des Baumes an. Diesen Ablauf wiederholten die beiden Seite an Seite immer wieder. Mit jedem neuen Schmuckstück wurde das Lächeln auf Cassies Lippen eine Spur breiter.

Erst als die letzte Kugel ihren Platz gefunden hatte, wurde der jungen Frau bewusst, dass sie in der vergangenen halben Stunde leise die Texte der Weihnachtslieder mitgesummt hatte. Sofort huschte ihr Blick in Alex Richtung. Hatte er es bemerkt? Natürlich war es ihm nicht entgangen. Das Lächeln in seinem Gesicht war das Spiegelbild des ihren.

„Gefällt dir unser Weihnachtsbaum, kleiner Grinch?", erkundigte sich der junge Mann, während sich seine Arme um ihre Taille schlangen. Ihren Rücken an seine Brust gepresst, lehnte sich Cassie gegen ihn. „Ich muss zugeben, dass ich es weit weniger schlimm finde, als ich gedacht habe", gestand sie kleinlaut.

Sein Lachen vibrierte an ihrem Rücken und sandte angenehme Schauer durch ihren ganzen Körper. Eine Reaktion, die kein anderer Mann jemals zuvor in ihr ausgelöst hatte. „Alex?", Cassie wandte den Kopf, so dass sie ihn ansehen konnte. Graue Augen fingen den Blick aus graugrünen auf und ließen ihr Herz einen Schlag aussetzen. „Ja, Cassie?"

„Mein Bruder hat mich über die Feiertage zu ihm eingeladen. Ich verbringe Weihnachten immer mit meinen Nichten", eine Welle der Nervosität brandete in der jungen Frau auf, dennoch sprach sie weiter, „ich habe noch nie jemanden zu meiner Familie mitgenommen. Es war nicht nötig, dass die Mädchen und Davey einen der Männer in meinem Leben kennenlernen."

Zögerlich drehte sich Cassie zu Alex um, ohne dabei die stärkende Umarmung zu verlassen. „Das hat sich jetzt geändert. Ich habe mich geändert. Deinetwegen, Alex Sokolov", wie von selbst legten sich ihre Arme um seinen Hals, während die junge Frau erneut im endlosen Grau seiner Augen versank, „würdest du mich begleiten? Ich möchte dir meine Familie vorstellen."

Moments of TimeWhere stories live. Discover now