20 - Schatten der Vergangenheit

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Ajs Augen drehten sich zwischen dem Karjkaner, Ben und mir hin und her. Ich grinste. „Jac hat recht, Lyxh war kurz vor dem Durchdrehen. Insektoiden verursachen bei ihr heftige Alpträume. Ich glaube, das ist irgendwie genetisch verankert. Aber Ben oder Jac erzählen dir bestimmt gern den Rest der Geschichte, während ich mich dekontaminiere und mich auf der Brücke um unsere ungebetenen Besucher kümmere."

Hijac hob meinen Anzug auf. „Ist gut, ich mache das. Ich packe die Anzüge auch gleich in die Dekontaminierung und zeige Ajs, wie sie die Kammer benutzen kann."

„Danke, Jac. Bis gleich auf der Brücke. Ben, wir werden so rasch als möglich starten, lass uns den Zyklus zu zweit durchlaufen." Mit unserm ähnlichen Metabolismus war das Risiko gering. Wir beendeten die unangenehme Reinigungsprozedur in Rekordzeit und machten uns auf den Weg, während Hijac und Ajs zurückblieben.

Die Atmosphäre im Kommandozentrum war so mit Spannung geladen, dass ich sie beinahe knistern hörte. Aalyxh beugte sich über ihren Schirm, vermutlich damit beschäftigt, unsere möglichen Fluchtwege und Ausweichmanöver zu kalkulieren. Ihre Glieder waren dabei in einem komplizierten Knoten verschlungen, der für jede andere Spezies in die Kategorie Folter gefallen wäre. Hrrovr presste einen Signalverstärker gegen seine Ohrmembrane. Mit halbgeschlossenen Augen war er ein Bild der Konzentration. Trotzdem drehte er sich zu mir um, als ich die Brücke betrat.

„Captain, die Ss'severills'ss haben ss'sich nicht weiter angenähert. Aber ich bin ss'sicher, dass'ss ss'sie uns'ss beobachten."

Das war ich auch. Ich kannte diese Piraten schon lange genug, um zu wissen, dass sie nicht so schnell von einer Fährte abließen. Und ganz bestimmt nicht von meiner Fährte. Abgesehen davon war ihre Technologie bestimmt deutlich moderner als unsere. Schließlich besaßen sie auch wesentlich mehr Mittel und bessere Beziehungen als eine gewisse Kalina ap'Theron von Oolia. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie uns wieder im Nacken saßen. „Keine feindseligen Aktionen?"

„Nein, bis'ssher halten ss'sie ss'sich zs'surück. Mys'ssteriös'ss."

„Kali?" Aalyxhs Stimme war sanft, beinahe verräumt. „Die Anomalie die durch Bens Missgeschick verursacht wurde. Du solltest dir das mal ansehen."

Neugierig geworden trat ich an ihre Station. Ihr Bildschirm zeigte eine strudelnde Masse von leuchtenden Partikeln. „Was ist das?"

„Es könnte tatsächlich ein Mikro-Wurmloch sein. Ich habe die Strahlungsfilter verstärkt und das Spektrum angepasst. Ansonsten wäre es auf einem optischen Kanal nicht sichtbar." Die Pilotin justierte einige Kontrollen und die Funken veränderten ihre Farbe von einem feurigen Orange zu einem eisigen Blau. „Hast du eine bessere Idee?"

„Das sieht aus wie die betrunkene Kreuzung zwischen einem Blizzard und einem Tornado. Wenn du ihn mit Benzin übergießt und anzündest." Ben war leise nähergetreten. „Die Maschinen sind in der Aufwärmphase, Cap."

„Danke. Will ich überhaupt wissen, was ein Tornado und ein Blizzy sind?"

„Blizzard, nicht Blizzy. Es ist ein Schneesturm, kann ziemlich heftig werden. Und ein Tornado ist eine Klasse für sich. Der wirbelt ein Leichtgewicht wie dich geradewegs von Kansas nach Oz — huh." Er rieb sich das Kinn. „Könnte das ein Portal sein, Lyxh?"

Die Pilotin und ich tauschten eine Blick aus. „Wenn das ein Portal ist, erklärt es, wie die Bevölkerung von dem Planeten verschwand." Eine Stelle zwischen meinen Nackenstacheln juckte so stark, das ich mich kratzen musste. „Kannst du das als Arbeitshypothese nehmen, Hrrovr? Versuche, herauszufinden ob es möglich wäre, ein Schiff durch die Anomalie zu fliegen und wie sie funktioniert."

„Aye, Captain." Ein aufgeregtes Klappern seiner Schuppen begleitete die Worte des Rr'ss'h'ss. „Ben, kannss'st du die Daten der Entwicklung der Energieschwankungen ss'sammeln? Und wir werden Jac brauchen für die Datenanalyss'se."

„Er wird jeden Moment hier sein. Lyxh, bitte überprüfe, wie es den Tyrinianern auf dem Planeten geht. Ajs glaubt, dass die Nestlinge sich ohne Probleme anpassen werden, aber ich möchte sicher sein."

Während meine Crew beschäftigt war, studierte ich die Sensordaten, die mir zum Schiff der Severills zur Verfügung standen. Viel war es nicht, aber einige Werte waren eindeutig. Mein Blut drohte in meinen Adern zu gefrieren, und zum allerersten Mal war ich geneigt, an den Fluch der Zigeunerin auf Tyrin zu glauben, als ich in dem Datensalat eine Schiffskennung erkannte.

Meine Vergangenheit hatte mich wieder einmal eingeholt. Bei unserm Besucher handelte es sich um die Bezwinger, das Schiff meines langjährigen Erzfeindes. Ich hatte schon längst gelernt, diesem Schiff und seinem Captain so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen. Leider ein weiteres Mal erfolglos, wie es schien. Diese Galaxie war eindeutig zu klein für uns beide. Und anstatt uns zu retten war diese Mission schneller in ein schwarzes Loch getrudelt als ein selbstmörderischer Komet.

Ich brauchte einen Plan, wie wir hier wegkamen, und zwar dringend.

Der Fluch der Topsy-Turvy | Wattys 2021 GewinnerWhere stories live. Discover now