„Was genau müssen wir in der Menschenwelt erledigen?", fragte der Runendämon neugierig.

Nix grinste.

Was plant Nix schon wieder? Immer wenn er grinste, verhieß das nichts Gutes. Und er sollte rechtbehalten. Als sie zurückkehrten, redete Lyric für zwei Tage kein Wort mehr mit ihm. Auch wenn Nix ihm versicherte, dass es notwendig gewesen war, musste Lyric das erst einmal verdauen.

Doch es half nichts, sie mussten weitermachen. Er musste auf Nix vertrauen, dass es tatsächlich das Richtige gewesen war. Sie bereiteten alles vor, um am nächsten Tag zur Brücke aufzubrechen.

Nix und Lyric reisten durch ein Portal in die Nähe der Stelle, an der Lyric die Brücke vermutete. Sie landeten mitten in einem Urwald. Hohe Bäume und Büsche wucherten um sie herum. Dicke Wurzeln waren aus dem Boden gebrochen und Kletterpflanzen schlangen sich um die Stämme der Riesen. Zahlreiche Tiere wuselten über den Boden, die Bäume und Büsche oder flogen durch die Luft. Es war die reine, unberührte Natur.

Lyric schaute auf seine Notizen und zeigte in eine Richtung. „Ich denke, dass wir in diese Richtung müssen."

Nix nickte und sie liefen über große Wurzeln, durch das Dickicht und einen kleinen Abhang hinunter. Nach zwei Stunden kamen sie zu einer kleinen Schlucht. Der Fluss rauschte laut. Über diese Schlucht führte eine steinerne Brücke.

„Dann wird das wohl dir Brücke sein, oder?", sagte Nix.

Lyric legte eine Hand auf Nix' Brust und stoppte ihn. Dieser schaute den Runendämon fragend an.

„Was ist los?"

„Nix, hörst du dieses Rauschen?", fragte er das Orakel.

„Ja, der Fluss rauscht. Und?"

„Nix, es gibt hier keinen Fluss, die Schlucht ist trocken."

Nix schaute vorsichtig über den Rand. Er hat recht, dort gibt es keinen Fluss. Aber wo kommt das Rauschen her?

„Ich denke, dass es aus dem Gebiet auf der anderen Seite der Brücke kommt, doch das kann nicht das sein, was wir sehen. Ich denke, dass es eine Täuschung ist und dass das, was uns erwartet, nicht das ist, was wir von hier aus sehen", sagte Lyric.

Nix stimmte ihm zu. Sie gingen zum Rand der steinernen Brücke. Sie sah wie eine typische alte Steinbrücke aus, gepflastert mit großen grauen Steinen. In den Pfeiler der Brücke waren Worte eingeritzt, die das Orakel jedoch nicht entziffern konnte.

„Lyric, hier steht etwas, aber ich kann es nicht lesen." Vielleicht sollten sie mit Zack nochmal wiederkommen.

Lyric fuhr die geschwungenen Buchstaben mit den Fingerspitzen nach. „Betrittst du das Reich der Verstorbenen, so denke daran, diese nicht zu stören. Denn sind sie geweckt, wirst du nie wieder zurückkehren."

„Du kannst diese Sprache lesen?", fragte Nix.

„Ja, ich kann es lesen. Es ist die Sprache meines Volkes." Lyric richtete sich auf und schaute auf die Brücke. „Dann ist das die Brücke zum Reich der Toten und der Fluss, den wir hören, sehr wahrscheinlich der Fluss, der die Welt der Verstorbenen von der Welt der Lebenden trennt. Egal welche Mythen man betrachtet, ob in der Welt der Menschen oder der Welt der Dämonen, in allen ist ein Fluss die Grenze. In der griechischen Mythologie ist es der Fluss Styx, in der nordischen Mythologie der Fluss Gjoll und in der dämonischen Mythologie der Fluss Abyss."

„Wir begeben uns also in das Reich der Toten, die auf ihre Wiedergeburt warten?", fragte das Orakel und Lyric nickte.

Eines ließ Lyric keine Ruhe. Was meinte der Hinweis mit ‚die Toten aufwecken'? Was könnte einen Toten aufwecken? „Nix. Wir sollten darauf achten, dort drüben keine Geräusche zu machen. Wir dürfen sehr wahrscheinlich auch nicht sprechen."

Nix - ein schicksalhafter Kuss (BAND 3) ✅Where stories live. Discover now