19 // du wolltest mich echt nur flachlegen?

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"Ich denke nicht, dass es richtig ist, wenn wir es jetzt dabei belassen", entgegnet Shalik zu meiner Überraschung, steckt den Schlüssel ins Zündschloss und lässt den Motor an.

"Was hast du denn vor?", frage ich vorsichtig und beobachte ihn dabei, wie er seinen BMW ausparkt und mit Schrittgeschwindigkeit vom Parkplatz auf die Straße lenkt.

"Dieses ganze Thema mit Amir und deinem Ex, der so dumm war dich zu betrügen, das sollten wir nochmal in Ruhe aufrollen. Ich bin dir da vielleicht auch noch die ein oder andere Story aus meiner Vergangenheit schuldig. Außerdem klingt das bei dir ja beinahe so, als ob ich das mit uns aufgeben will, aber das ist nicht so. Wir stehen noch ganz am Anfang unserer gemeinsamen Reise und wenn du mir sagst, dass du das mit ihm wegen mir beendet hast, dann glaube ich dir das. So viel Vertrauensvorschuss hast du verdient."

Es dämmert bereits, als ich hinter Shalik seine Wohnung betrete. Er hat meine kleine Reisetasche hochgetragen und wirft sie im Vorbeigehen auf sein Bett. Chico, sein gefleckter Welpe, springt währenddessen zu Begrüßung aufgeregt an mir hoch und leckt liebevoll meine Hände ab. Ich streichele ihn und ziehe aus meiner Handtasche einen Kauknochen aus getrockneter Rinderhaut, den ich extra für ihn besorgt habe. "Dieses Mal habe ich an dich gedacht", verkünde ich triumphierend, während Chico den großen Knochen vorsichtig zwischen seine spitzen Milchzähne nimmt und stolz ins Wohnzimmer zu seinem Herrchen trägt.

Ich folge den beiden und setze mich zu Shalik auf die Couch. Er mustert mich einen Augenblick lang schweigend und fragt dann: "Fangen wir mal ganz vorne an: Wie kam das damals, mit Amir und dir? Du wirkst auf mich eigentlich nicht wie ein Mädchen, dass auf bedeutungslosen Sex steht."

"Dafür muss ich ein bisschen ausholen", erkläre ich zähneknirschend.

"Ich habe Zeit", entgegnet er gelassen und krault Chico am Ohr, der es sich zwischen seinen Beinen bequem gemacht hat und passioniert und laut schmatzend den Kauknochen bearbeitet.

"Mit 18 Jahren war ich ein halbes Jahr lang mit einem Kurden zusammen, Mikan. Ich war wirklich verliebt in ihn, wir hatten anfangs auch eine gute Zeit. Ich habe seine Cousins kennengelernt und sogar seinen Bruder, weshalb ich dachte, er meint es ernst mit mir. Wir wollten im Sommer zusammen in die Türkei fliegen und haben sogar über Themen wie Hochzeit oder Familienplanung gesprochen. Er war immer strikt darauf bedacht, dass wir uns jeden zweiten Tag treffen Er hat mir erzählt, dass seine Exfreundin eine furchtbare Klette war und er deshalb Wert darauf legt, genug Zeit für Unternehmungen außerhalb unserer Beziehung zu haben. Ich hatte kein Problem damit, wieso auch? Ich habe selbst Freunde, bin zu der Zeit gerne feiern und auch noch regelmäßig zur Tanzschule gegangen.

Irgendwann ist mir dann allerdings aufgefallen, wie zwanghaft Mikan an seiner Zwei-Tage-Regelung festgehalten hat. Wenn ich mal an einem Tag nicht konnte und ihn gebeten habe, auf den anderen Tag zu wechseln, sodass wir uns ausnahmsweise zwei Tage hintereinander gesehen hätten, wollte er das nicht. Das kam mir irgendwann Spanisch vor. Hinzu kamen immer häufiger merkwürdige Zwischenfälle. Zum Beispiel sagte er mir, dass er zum Friseur geht und war für Stunden nicht erreichbar. Angeblich hat er da keinen Empfang gehabt. Ein anderes Mal wollten wir uns bei ihm treffen. Ich war früh dran und bin schon zu ihm gefahren, aber sein Auto stand nicht vor der Tür und er hat all meine Anrufe nicht angenommen - er war also gar nicht zuhause. Hinterher hat er behauptet, ich hätte sein Auto nur übersehen, weil er eine Straße weiter geparkt hat und er sei einfach eingeschlafen. Ich habe gesehen, dass er mit seiner besagten Exfreundin telefoniert hat und er erzählte mir, dass sie ihn angerufen hat, weil ihre Freundin seinen Kollegen klar machen wollte. Für jede Situation hatte er eine Ausrede parat und egal wie abstrus die auch war, ich habe ihm geglaubt, weil ich ihm eben glauben wollte.

Selbst dann noch, als er plötzlich einen Knutschfleck am Hals hatte. Heute muss ich selbst darüber lachen, aber damals hat er mir erzählt, dass seine junge Tante mitbekommen hat, dass er jetzt eine Freundin hat und um ihn zu ärgern, indem sie ihn bei mir in Schwierigkeiten bringt, hat sie ihm einen Knutschfleck verpasst. Im ersten Moment habe ich ihm das nicht geglaubt und war stinksauer, doch dann meinte er zu mir: "Sie wollte dich damit testen, um zu sehen, wie du reagierst. Wenn sie oder meine Familie wüsste, dass du so eifersüchtig bist und austickst, dann würden sie dich niemals an meiner Seite akzeptieren."

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