3O // sie sind vorläufig festgenommen

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"Polizei! Öffnen Sie die Tür!", schreit eine laute, tiefe Stimme. Der Ton ist aggressiv und voller Adrenalin.

"Was ist das?", frage ich ängstlich in die Stille der Nacht. Mein Herz rast.

Ich habe keine Ahnung wie spät es ist, aber es ist stockdunkel und es singen noch nicht mal die ersten Vögelchen.

Shalik liegt neben mir und schläft, trotz dieses Lärms. Wie kann er einfach weiterschlafen? Ich stoße ihm meinen Ellbogen in die Seite.

"Was ist das, Shalik?", frage ich panisch, nun deutlich lauter.

Wieder klopft es an der Tür, laut und bollernd.

"Polizei! Öffnen Sie die Tür oder wir verschaffen uns gewaltsam Zutritt!"

Mein Herz schlägt kräftig gegen meine Brust, meine Hände schwitzen. In der Wohnung ist es so dunkel, dass ich die Hand vor meinen Augen nicht sehen kann. Auch wenn ich die Dunkelheit und Stille der Nacht mag, so macht sie in diesem Moment alles noch viel bedrohlicher.

"Drei, zwei, eins", ist das letzte, was ich leise höre, bevor ein lauter Knall durch die Wohnung hallt. Danach fliegt, so vermute ich, die Wohnungstür gegen die dahinterliegende Wand im Flur und mehrere schwere Schritte poltern dumpf über das Laminat.

Es dauert keine fünf Sekunden bis schwer bewaffnete Polizisten an unser Bett treten. "Herr Bouaziz", bellt eine raue Stimme. "Stehen Sie auf und nehmen Sie die Hände hinter den Rücken. Leisten Sie keinen Widerstand. Sie sind vorläufig festgenommen."

Ich bin ans Bett gefesselt, kann mich nicht bewegen. Ich fühle mich wie gelähmt, mein Hals ist trocken und ich bekomme kein Wort heraus, dabei habe ich so viele Fragen, die sich in meinem Kopf geradezu überschlagen.

Auch Shalik sagt kein Wort, doch er steht auf, nur mit Boxershirts und T-Shirt bekleidet und nimmt diskussionslos die Hände hinter den Kopf.

Was passiert hier gerade?

So verhält sich doch nur jemand, der zurecht von der Polizei aus dem Bett geholt wird, jemand der wirklich Schuld an irgendeiner Straftat hat, oder nicht?

Ich würde jedenfalls nicht so kampflos aufstehen und den Anweisungen der Beamten Folge leisten, ohne dass sie mir erklären, was zur Hölle hier eigentlich gerade abgeht.

Einer der Polizisten geht auf Shalik zu, nimmt mit einer geübten Handbewegung ein Paar silberne Handschellen von seinem Gürtel und legt sie Shalik hinter seinem Rücken um die Handgelenke. Erst die linke Hand, dann die rechte. Das leise Einrasten der Handschellen dringt wie ein Warnschuss zu mir durch.

Tränen füllen meine Augen.

"Kommen Sie mit", fordert der Polizist ihn auf und zieht leicht an den Handschellen.

Wie in Zeitlupe hebt Shalik seinen Kopf und sieht mir traurig und voller Scham in die Augen.

"Nein", stammele ich. "Nein, nein, nein." Es sind die ersten Worte, die aus meinem Mund kommen.

Shalik reagiert nicht, stattdessen wendet er sich von mir ab und läuft flankiert von zwei Polizisten durch die Schlafzimmertür.

"Nein!", schreie ich und bohre mit meinen Blicken Löcher in seinen Rücken. Er soll sich nochmal umdrehen, stehen bleiben und mir gefälligst alles erklären. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen.

"SHALIK!", schreie ich mit aller Kraft.

"Tiara", dringt Shaliks Stimme endlich bestimmt zu mir durch. Er sagt doch etwas, denke ich erleichtert. Jetzt wird er mir alles erklären, es gibt ganz bestimmt eine Erklärung für dieses Theater hier. Es muss eine geben.

NOT YOUR BONNIEМесто, где живут истории. Откройте их для себя