18 // wenn sich testosteron mit alkohol und btm mischt

420 48 32
                                    

Doch dann wendet er sich von dem Imbissstand weg, dreht sich genau in meine Richtung und verschafft mir damit zweifellose Gewissheit. Er ist es. Seine Augen begegnen meinen, dunkelbraun trifft auf hellblau und im Bruchteil einer Sekunde erstirbt auch sein Lächeln in seinem Gesicht.

Er ist es und er sieht mich ebenfalls.

Amir.

Sein Blick schwenkt blitzschnell von mir zu Shalik und mir wird augenblicklich schlecht. Es fühlt sich an, als hätte mir jemand ohne Vorankündigung einen kräftigen Schlag in die Magengrube verpasst.

Ich traue mich nicht zu Shalik zu sehen, doch schon daran, dass er seinen Griff um meine Hand verstärkt, merke ich, dass ihm Amirs Anwesenheit und seine Blicke ebenfalls nicht entgangen sind. Er baut sich neben mir auf, macht sich gerade und wirkt dadurch noch größer, fast schon bedrohlich. Er will Präsenz zeigen und seine Position klar machen, so viel steht fest.

Noch immer kann ich meinen Blick nicht von Amir lösen, der sich nun mit einem abfälligen Gesichtsausdruck wieder von Shalik ab- und mir zuwendet. Ich fühle mich wie gelähmt, paralysiert, unfähig, mich aus dieser Szenerie zu befreien. Über die vielen Köpfe hinweg sieht er mir tief in die Augen, so intensiv, dass ich seinen Schmerz, aber auch seine Verachtung fast spüren kann.

Sein Freund neben ihm, Arash, den ich ebenfalls kenne, spricht ihn an, doch er reagiert nicht. Er steht da, mit seiner Bratwurst in der Hand, die in dieser Situation nicht nur deplatziert, sondern fast schon skurril wirkt, und straft mich mit düsteren Blicken.

"Tiara", ertönt Shaliks Stimme schneidend und reißt mich aus dem Moment. Ich fahre erschrocken zu ihm herum und reiße meine Augen entgeistert auf. Er hat genau mitbekommen, was hier gerade passiert ist, das weiß ich ganz genau und mein Gefühl sagt mir, dass er das nicht auf sich sitzen lassen wird.

"Lass uns abhauen", knurrt er. Seine markanten Kiefer sind aufeinandergepresst und seine Oberarme angespannt. Noch immer hält er meine Hand in seiner und drückt sie so fest, dass er meine Finger zusammenquetscht.

"Wollten wir nicht noch mit der Achterbahn fahren?", frage ich vorsichtig und versuche die unangenehme Situation damit zu retten, doch Shaliks abweisender Gesichtsausdruck ist auch schon ohne Worte Antwort genug.

"Mir ist die Lust vergangen", antwortet er deutlich und setzt sich in Bewegung.

Einerseits bedauere ich, dass unser schöner Nachmittag so ein jähes Ende nahm, doch andererseits bin ich auch froh, dass er mich aus meiner Paralyse befreit hat und dem ganzen Zirkus ein Ende gesetzt hat.

Den Weg zum Auto laufen wir schweigend nebeneinander her, was ungewöhnlich ist, da uns nie die Gesprächsthemen ausgehen. Das ist auch jetzt nicht der Fall, im Gegenteil: es steht unausgesprochen fest, dass wir noch einiges zu bereden haben. Das hier ist nur die Ruhe vor dem Sturm.

Shalik knallt die Fahrertür hinter sich zu und atmet laut hörbar aus. "Ist er dein Ex?"

Ich hatte also den richtigen Riecher. Shalik wollte mir in der Öffentlichkeit keine Szene machen - Redebedarf hat er verständlicherweise trotzdem.

"Nein", antworte ich wahrheitsgemäß und spiele an dem schmalen Silberring, der meinen Ringfinger ziert.

"Also hat er dich nur so gefickt?", fragt Shalik direkt wie immer und fixiert mich mit seinen grünen Augen, die einen ungewöhnlich kalten Ton angenommen haben.

Ich raufe mir durch die Haare. Dieses Gespräch wollte ich nie führen.

"Tiara, ich habe dich was gefragt", fährt Shalik mich ungeduldig an und trommelt mit seinen Zeigefingern auf das schwarze Lenkrad.

NOT YOUR BONNIEWhere stories live. Discover now