•chapter*10•

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••••••••••/•• Valerie ••\••••••••••

Eine Hand umschloss meinen Arm und zog mich zurück in das Innere der Gruppe.
Der strafende Blick des Neuen lag auf mir.

,Wenn wir wollen würden, dass du stirbst, dann hätten wir dich wohl nicht gerettet.'

Autsch, der hatte gesessen.

Ich sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an und schnaubte.
Mag ja sein, dass er uns gerade half, doch gab ihm das noch lange nicht das Recht dazu, Entscheidungen über mein Dasein zu Treffen.

Ich funkelte Ihn an, drehte mich um und versuchte abermals an den Rand der Gruppe zu gelangen.

Ich wurde erneut zurückgezogen.
Oliver hatte sich zum Neuen gestellt und betrachtete mich mit zusammengekniffenen Augen.

Auch ich verengte meine Augen zu Schlitzen und riss meinen Arm aus seiner Umklammerung.
Noch bevor ich ein verächtliches Schnauben von mir geben konnte,
schwang das Tor unter Kettenrascheln und Quitschen auf.

Die Köpfe beider Männer schwangen Richtung Tor. Ich nutzte den Moment ihrer Unachtsamkeit und war in wenigen Sekunden wieder am Gruppenrand angekommen.

Gerade noch rechtzeitig.

Ich hörte ein Fluchen. Der Neue musste meine Ortsänderung bemerkt haben.
Die Jungs hatten doch nicht wirklich erwartet, dass ich bei Ihnen verweilen würde.
Es war töricht das anzunehmen.

Ich merkte, wie er mir Nacheilen und nach mir Greifen wollte,
doch es war zu spät.
Die Gruppe setzte sich in Bewegung.
Mein Blick klebte nun auch am geöffnete Tor.

Die Freiheit war zum Greifen nahe.

Mein Blick schwif üben den Torrahmen,
über die Schaniere und Sprengspuren,
und schließlich gab ich mir einen Ruck und sah durch die Öffnung hindurch.

Ein Schlachtfeld.

Ich hatte erwartet, dass die Lautstärke mit der sinkender Entfernung steigen würde.
Doch dem war nicht so.

In den gehetztes Gesichern einiger Kämpfender lag ein Hauch von Ruhe und Sicherheit.
Eine Partei schien zu Siegen.
Doch welche?

Scheiße.
Ich bemerkte meinen Fehler zu spät.

Ich wollte kämpfen, unsere Retter unterstützen, für meine Freiheit einstehen.
Doch wer gehörte zu den Neuankömmlingen?
Wie sollte ich helfen, wenn ich meine Retter nicht zuordnen konnte?

Mit jedem Schritt kamen mehr Menschen in mein Sichtfeld.
Eine Gruppe hatte den Bereich um das Tor abgesperrt.
Eine Teil der Neuankömmlinge.
Sie standen mit dem Rücken zu uns und beobachteten das Kampfgeschehen,
mussten nur ab und an aktiv eingreifen.
Sie glichen einem zweiten Schutzring.

Einige Neuankömmlinge lösten sich aus dem Schutzring, welcher direkt uns Nummerierten umgab und begaben sich zum äußeren Schutzring.

Noch ehe ich mein weiteres Vorgehen abwegen konnte, legte sich ein Arm um meine Schulter und ich wurde zurück ins Innere manövriert.
Aus dem Eiweiß zurück ins Eigelb.

Der Neue hatte es sich wohl zur Aufgabe gemacht, uns Nummerierten wie ein Schäferhund zusammenzuhalten.

Ich ließ es über mich ergehen,
protestierte nicht.
Es war besser Nichts zu tun,
als im Endeffekt einen Neuankömmling zu verletzen.

Meine Augen scannten weiterhin die Umgebung ab, während meine Ohren den Worten des Neuen lauschten.
Er sprach mit mir, dass wusste ich.
Doch was er sagte, konnte ich nicht wiedergeben.

Meine volle Aufmerksamkeit war auf das Geschehen vor mir gerichtet.
Das Kampfgeschehen hatte sich verlagert.
Der äußere Schutzring war keine passive Schlachtfeldmarkierung mehr, die nur ab und an eingreifen musste.

Die ganze Szene erinnerte mich vielmehr an das Meer. Die im Halbkreis aufgestellten Neuankömmlinge glichen unserem Fels in der Brandung.
Die Kämpfenden stürzten wie Wellen auf die uns Schützenden, doch prallten Sie an Ihnen ab wie die Wellen an der Steinküste.
Schweiß benetzte ihre Körper,
Blut ran wie Gischt über ihre Körper.

Ich war in Trance.
Mein Körper erinnerte sich an Bilder meiner Kindheit, doch war ich zu schwach, um diese zu sehen.
Ich war zu schwach, um sie aus meiner Erinnerung in mein Gedächtnis zu rufen.

Ich wurde aus meinem Zustand gerissen, als mein Gesicht hard auf den Boden auftraf.

Fehler.
Und erneut wurde ich für meine Unachtsamkeit gestraft.

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Valerie.Where stories live. Discover now