Kapitel 5 (K)EINE WAHL

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Verzweifelt. Hungrig. Genervt.

Wie viel Zeit wohl schon vergangen ist? Durch das fehlen eines Fensters und damit natürlichem Licht verliert man das Gefühl für Zeit. Ich fasse das Essen nicht an, wer weiss, was sie da reingemischt haben.

Nach einer unbestimmten Zeit höre ich abermals das Klicken des Schlüssels. Wieder kommt der Unbekannte rein, um den Tisch abzuräumen. Wortlos schaut er auf den nicht angerührten Teller. Er nimmt Ihn kopfschüttelnd auf, und schickt sich an, den Raum wieder zu verlassen.
In dem Moment kommt Tomoe wieder. Auch er schaut auf den vollen Teller. Er hebt eine Augenbraue. Der junge Mann zuckt nur mit den Schultern, als er raus geht. Tomoes Blick wandert zu mir.

Vorwurfsvoll richtet er das Wort an mich

T: „Du solltest unsere Gastfreundschaft nicht mit Füssen treten. Der Koch hat sich Mühe gegeben! Es ist nicht gut, wenn du nichts isst."
M: „Was kümmert es dich, ob ich was esse oder nicht? Ich kenne die Tricks der Gildenleute, wer weiss, was da alles drin ist!"

Sein Blick verfinstert sich. Er schaut mich wortlos an, seine Augen starr auf mich gerichtet.

Verdammt, wieso machen mich diese smaragdgrünen Augen so unsicher? Wenn er um mich ist, verhalte ich mich total irrational. Ich bin doch sonst nicht so.

T: „Hast du dich schon entschieden? Schläfst du heute Nacht in der Zelle auf ner Pritsche, oder in einem gemütlichen Gildenzimmer?"

Damit habe ich nicht gerechnet. Er will mich immer noch bekehren? In meinem Kopf rattert es. Wenn ich in den Knast komme, ergeht es mir übel. Einige der Insassen haben einen echten Groll auf mich, gehören zu anderen Banden, und ich bin das Goldkehlchen meines Clans. Wenn die herausfinden, wer ich bin, werde ich das bestimmt nicht überleben. Dann ist eine Vergewaltigung das beste, was mir widerfahren wird. Ich bezweifle, dass ich eine Einzelzelle kriege.
Ich habe wohl gar keine andere Wahl, als mich mit Ihm zu verbünden. Zumindest zum Schein. Sobald ich meine Chance sehe, werde ich verschwinden. Auch wenn dann mein Gesicht bekannt sein wird, wenn ich mein Haar färbe und abtauche, werden Sie mich wohl nicht so schnell finden. Aber aus dem Knast zu fliehen wird schwerer sein, als von diesem Bastard wegzukommen.

M: „Ich habe wohl keine andere Wahl... "

Ich presse die Worte mühsam zwischen meinen Zähnen hindurch und schaue Ihn finster an.

T: „Na also, geht doch! Braves Mädchen!"

Bevor ich weiss, was mein Körper macht, springe ich Ihm an die Kehle.

M: „Ich bin nicht dein Mädchen!"

Doch er schaut mich unbeeindruckt an, packt meine Handgelenke und stösst mich von sich weg.  Tomoe macht einen Schritt zur Seite und zeigt mit der Hand in eine Richtung.

T: „Mach keine Scherereien unterwegs, die Leute hier sind nicht so zimperlich wie ich. Wenn du Ärger machst, kann ich dich nicht vor Ihnen beschützen und du landest dennoch im Loch..."

Zähneknirschend gehe ich vor Ihm her. Er zeigt mir den Weg hoch in den Wohnbereich des Gildengebäudes.  Irgendwie erscheint mir das Gebäude von aussen kleiner als von innen, die Gänge sind schier endlos lang. Jedes Zimmer ist mit einem Namen und einer Nummer angeschrieben, aber die Nummern verwirren mich. Sie gehen zwar der Reihe nach, aber total willkürlich.
Ich frage mich, was es damit wohl auf sich hat, doch ich will den Rüpel hinter mir nicht fragen.
Schliesslich erreichen wir sein Zimmer. Er macht die Türe auf und bittet mich hinein. Das Zimmer ist grösser, als ich dachte. Ein grosses Bett steht in der Mitte des Raumes, ein Bücherregal auf der einen Seite. Auf der anderen Seite sind neben einer weiteren Türe Truhen und offene Schränke, auf denen allerlei Zeug herumliegt, sowie ein Kleiderschrank. Das Zimmer macht den Anschein, als wäre es tatsächlich seine Wohnung. Aber wie kann das sein? Er ist doch nur auf der Durchreise hier?
Tomoe bemerkt mein Blick.

T: „Das ist mein Zimmer hier, hinter der Türe ist das Bad. Am besten nimmst du gleich eine Dusche, der Tag war bestimmt anstrengend für dich. Ich räume derweil einen Platz für deine Sachen frei in der Kommode."
M: „Moment... bedeutet das, dass wir uns ein Zimmer teilen?"

Ich schaue Ihn mit grossen Augen an.

T: „Ja."

Wieso macht mich das so nervös, zu wissen, dass ich die Nacht mit Ihm zusammen verbringen werde? Letzte Nacht wollte ich noch mit Ihm schlafen, und jetzt...?
Er dreht sich um, nimmt eines der Bücher aus dem Regal, setzt sich auf einen Sessel im Ecken und beginnt zu lesen. Ich beobachte Ihn einen Moment, unschlüssig, was ich tun soll.

Ich seufze, als er mich weiter ignoriert, und gehe in das Bad. Das Bad ist ebenfalls geräumig, und ich steige in die Dusche. Alles, was ich brauche, ist vorhanden. So als ob er mich erwartet hat, ist eine gut duftende Seife und Haarwaschmittel da.
Okay, er hat auch langes Haar, er weiss bestimmt, wie aufwändig lange Haare sind. Ich lasse mir Zeit, das warme Wasser tut gut. Normalerweise kann ich es mir nicht erlauben, so lange zu duschen, aber ich brauche diesen stillen Moment, um meine Gedanken zu sortieren.

Wieso macht mich dieser Kerl so verrückt? Ist es wegen seinem verdammt guten Aussehen?? Weil er in meine Seele schauen kann? Oder... weil ich Ihn nicht haben konnte? Und ich habe jeden gekriegt, den ich wollte. AAAH! Verdammt!

Ich drehe den Wasserstrahl aus und steige aus der Dusche. Statt meinen Kleidern ist nun dort aber nur noch ein Frottiertuch, meine Sachen sind weg.
Einen kurzen Moment drohe ich, in Panik zu verfallen, doch dann stürme ich aus dem Bad und schreie Tomoe an, der immer noch (oder besser gesagt wieder) mit seinem Buch auf dem Sessel sitzt.

M: „Wo zum Teufel sind meine Sachen? Du kannst dich nicht einfach reinschleichen und mir meine Sachen klauen!"

Ich schaue Ihn Wutentbrannt an. Er schaut nicht mal vom Buch hoch, als er antwortet.

T: „Deine Sachen sind schmutzig, ich kann dich nicht so neben mir herlaufen lassen. Ich habe Sie in die Wäsche gegeben, bis morgen sind Sie gewaschen. Deine anderen Sachen liegen auf dem Bett..."

Ich schaue herüber. Tatsächlich liegen meine anderen Sachen dort.

T: „Apropos... würdest du bitte ein Handtuch verwenden? Du machst alles nass."

Erschrocken schaue ich an mir runter. Schamesröte schiesst mir ins Gesicht, als ich realisiere, dass ich spliterfasernackt vor Ihm stehe. Ich drehe so schnell ich kann und hole das Handtuch. Verdammt, was ist los mit mir? Seit wann macht es mir etwas aus, wenn mich ein Mann nackt sieht? Normalerweise nutze ich das aus!
Und... wieso sieht er mich so nicht an? Ist Ihm der nackte Körper einer Frau so egal? Seine einzige Sorge war, dass alles nass wird. Idiot!

Als ich mich einigermassen abgetrocknet habe, gehe ich wieder raus. Unterdessen ist es spät worden und ich spüre die Müdigkeit. Ich räume meine Sachen vom Bett in die Kommode und lege mich ins Bett.

T: „ Du hast das ganze Bett für dich alleine, ich schlafe nicht. Fühl dich hier zuhause, morgen mache ich dich mit allem vertraut."

Nicht mal jetzt schaut er mich an. Ich werde einfach nicht schlau aus Ihm. Und dennoch ist da diese Faszination, die mich nicht verlassen hat, seit ich Ihn das erste Mal gesehen habe.

Als ich es mir gemütlich gemacht habe im Bett (Welches ausserordentlich bequem war), schlafe ich auch sofort ein.


D'n'D Keine Wahl?Where stories live. Discover now