18 | So viele Muskeln

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Ich fühlte mich wie der König der Welt.
Ich hatte über meine Feinde triumphiert (vier Teenager), meinen lang ersehnten Schatz gefunden (einen USB-Stick, den ich besaß, seit ich fünfzehn war), war umgeben von einer treuen Armee (eine Gruppe aus halberwachsenen Ausreißern und ehemaligen Nerds) und kam in den Genuss einer halbnackten Frau auf dem Schoß (Ruby, die mir in dieser Position perfekte Sicht in ihre Nasenlöcher bot).

Die drei Jungs aus Rubys Freundeskreis wurden auf meine Anweisung hin von der Wand befreit und abgeführt. Es gab hier keine offiziellen Gefängnisse, aber im dritten Stock bestand ein Gang aus beinahe fensterlosen, kleineren Zimmern, die man benutzte, um hier jemanden festzuhalten. Eingesperrte hatten außerdem besseren Service in diesem Gebäude, also durfte Ruby sich nicht beschweren - denn genau da wurden ihre Freunde jetzt untergebracht.

Bis auf Cassandra natürlich. Dylan hatte tagelang auf mich eingeredet und mir erzählt, wie ihm mit dreizehn Jahren beim Babysitten der Nachbarskinder kein einziges aus der Reihe getanzt war und dass er deshalb sehr gut alleine auf die kurzhaarige Blondine aufpassen konnte. Weil das ja das selbe war.

,,Komm mir mit dem Teil noch einmal zu nahe und ich kastriere dich damit.", fauchte sie, als Dylan versuchte in Schach zu halten. Es hatte deutlich besser funktioniert, als er die Magie des erotischen Messers benutzt hatte. Doch dafür würde er jetzt kastriert werden.

Unterdessen reichte mir Will den USB-Stick. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Ruby von unten darauf schielte.
,,Ich hoffe, du denkst jetzt nicht daran, etwas Blödes zu tun." Ich sah sie nicht an, als ich das sagte.

,,Ich könnte ihn ganz schnell schlucken und somit deine Pläne vereiteln.", antwortete sie eifrig. Sie klang besorgniserregend nachdenklich.

,,Das ist eine interessante Vorstellung...", fand Siggy.

,,Nein, sie meint das ernst.", stellte ich klar.

,,Sowas von ernst.", stimmte mir Ruby zu.

,,Wenn du das tust, werde ich nicht zögern, dich persönlich aufzuschneiden. Und zwar ohne Narkose."

,,Oh yeah, talk dirty to me.", murmelte sie finster.

Wir alle starrten den Stick in meiner Hand an. Ich, Siggy, Ruby (sie sah sogar hungrig genug aus, um ihren Plan durchziehen) und meine Leute, die sich hinter mir aufgebaut hatten und mir über die Schulter lugten.

Der Stick besaß eine silbrige Farbe und einen grünen Streifen in der Mitte. Da ich sehr vorsichtig darauf geachtet hatte, besaß er nach all den Jahren noch seine Kappe, was laut Eric eine Seltenheit war (ich musste mich mehrmals am Tag zurückhalten, um keine Predigt über Ordnung und Sorgfalt zu halten).

,,Wie lautet dein nächster Befehl, Boss?"

,,Holt mir Warren her. Ich glaube, sein Carusoe würde gerne hiervon erfahren."

***

Die meisten meiner Jungs hatten den Saal verlassen. Dylan war sofort mit Cassandra davon gerauscht, vermutlich arbeiteten die beiden gerade irgendeinen hitzigen Streit am Gang aus, bevor sie sich wild knutschend in die Arme vielen.
Nur Will, Walt und Minho waren bei mir geblieben. Und Ruby, die mich ununterbrochen von meinem Schoß aus anfunkelte.

,,Ich glaubte, ich sollte mich jetzt aufrichten dürfen.", gab sie missmutig von sich.

,,Zieh dich endlich an.", erwiderte ich und lockerte meinen Griff. Sie ließ die Beine von dem Sofa gleiten und rutschte mit dem Hintern von mir runter. An dieser Stelle vermisste ich die Wärme ihres Körpers ein paar Sekunden, doch das kühle Gehäuse des USBs in meiner Hand linderte dieses Gefühl ein wenig.

criminal manWo Geschichten leben. Entdecke jetzt