35.

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Ich könnte den kleinen Zettel mit Majas Handschrift den ganzen Abend lang lesen.
Es tut gut zu wissen, dass sie mein Geschenk erhalten hat.

Dass es ihr anscheinend gefallen hat.
Zumindest so, dass sie mir zurück schreiben wollte.

Dass sie mir trotz Allem noch schreibt.

Dass sie mich vielleicht nicht so sehr hasst, wie ich es verdient hätte.

Ich drehe den kleinen Zettel in meiner Hand umher und ich schaffe es nicht die Erinnerungen an Maja in die hintere Ecke meiner Gedanken zu sperren.
Es hat sich so gut angefühlt, sie halten zu dürfen.

Ihr beim schlafen zuschauen zu können und sie küssen zu können.
Ich habe mich noch nie so glücklich und angekommen gefühlt, wie wenn Maja in meiner Nähe war.

Ich sitze vor meinem blubbernden Kessel im Raum der Wünsche und brösele einige der Zutaten in den Trank.
Er wird noch lange köcheln müssen, bis er einsatzfähig wäre und ich weiß, dass ich Maja spätestens dann für immer verlieren werde.

Die einzige Möglichkeit etwas besser zu machen, wäre wohl ihr von meiner Aufgabe zu erzählen.
Allerdings würde ich Gefahr laufen, mit dem Tod bestraft zu werden.
Der dunkle Lord würde nicht zögern, mich und meine Familie auszulöschen, wenn er erfahren würde, dass ich ihm gegenüber nicht loyal war.

Ich schiebe den Gedanken beiseite und rühre den wässrigen leicht Gold schimmernden Trank mit einem Silberstab um.

Die einzige Möglichkeit für mich wäre Maja aus meinem Leben, aus meinen Erinnerungen und aus meinem Herzen zu löschen.
Nur so könnte ich die Aufgabe des dunklen Lords bewältigen, ohne noch einmal sehen zu müssen, wie Majas Herz wegen mir bricht.

Das würde ich nicht aushalten.

Liebe Maja,
Ich weiß nicht, ob ich jemals ein guter
Mensch war, ob ich der Mensch
sein könnte den du in mir gesehen hast.

Es tut mir unendlich leid,
dass ich dich verletzt habe.
Es tut mir unendlich leid,
dass ich dich verletzen werde.

Ich wünschte ich wäre der Mensch
den du in mir gesehen hast.

Du bist zu gut.
Draco.

Ich schaue auf den zerknitterten Zettel, den ich vor einigen Nächten geschrieben habe.
Es ist mir so schwer gefallen diese Zeilen zu schreiben, aber jedes Wort würde der Wahrheit entsprechen.

Maja verdient die Wahrheit.
Sie verdient meine Ehrlichkeit.
Wenn Maja diese Zeilen liest, dann würde ich alles was wir bisher hatten zerstören.
Ich würde sie von mir wegstoßen.
Und ich weiß nicht, ob ich das kann.

„Bekomm deine Gefühle in den Griff, Draco."

Ich höre die Stimme meines Vaters genau vor mir.
Er würde mich verachten, wenn er wüsste, dass die Gefühle zu einem Mädchen mich davon abhalten meine Aufgabe zu vollenden.

Vielleicht hat mein Vater Recht, denke ich.
Mein Leben lang habe ich auf diese Chance gewartet.
Auf die Chance zu zeigen, dass ich stark bin, dass ich kämpfe und dass ich beweise, dass ich hinter dem dunklen Lord stehe.
Dass ich hinter seinen Ideologien stehe.

Und vor allem auf die Chance meinem Vater zu beweisen, dass er stolz auf mich sein kann.
Dass ich zeigen kann, dass ich ein ehrbarer Malfoy bin.

Inzwischen fühlt sich meine Aufgabe eher wie eine Bürde an und ich würde mir wünschen ich hätte das dunkle Mal nicht bekommen.  

Bekomme deine Gefühle in den Griff, Draco.

Mit diesen Gedanken in meinem Kopf mache ich mich auf den Weg zum Eulenturm um Maja meine Entschuldigung zukommen zu lassen.
Eine Entschuldigung dafür, dass ich der Mensch bin der ich bin.

Es ist besser so, denke ich, oder versuche ich mir einzureden.
Es ist besser, wenn Maja mich hasst und ich sie loslassen muss, als sie noch mehr zu enttäuschen, zu belügen und zu verletzten.

Und mit diesen Gedanken in meinem Kopf, schicke ich meine Eule zu Maja.

Sobald sich meine Adlereule in die dunkle, kalte Nacht erhoben hatte um sich auf den Weg zu Maja Andersson's Familienhaus zu machen, bereue ich es fast sie losgeschickt zu haben.

Es wird komisch sein, ihr nach den Ferien auf den Korridoren der Schule oder im Unterricht zu begegnen.
Es wird anders sein, wenn ihr kleines Lächeln, dass sich jedes Mal auf ihr Gesicht stahl, wenn wir uns anschauten, durch einen wütenden - oder noch schlimmer : einen gleichgültigen Blick ersetzt wird.
Es wird mir das Herz brechen.

Ich stehe einige lange Momente auf dem Eulenturm, durch den der kalte Wind pfeift und frage mich, ob alles anders hätte laufen können.
Ob alles anders gewesen wäre, wenn ich kein Todesser wäre.

POV. Maja

Spät in der Nacht erreicht mich Draco Malfoy's Eule das zweite Mal und ich schäme mich für die Tränen die auf das Pergament fallen.
Tränen, die die Tinte seiner Feder verwischen und seinen Brief fast unleserlich machen.

Tränen, die mir über die Wangen laufen, weil ich den Gedanken so schmerzvoll finde, dass Draco Malfoy nichts gutes in sich selbst finden kann.

Tränen, die auf das Pergament tropfen, weil ich nicht verstehen kann, wie er mir erst ein Weihnachtsgeschenk schicken kann, um mir danach solch einen Brief zukommen zu lassen.

Tränen, die mir bewusst werden lassen, dass ich den schlanken Jungen, der mir seitdem ich das erste Mal in Hogwarts ankam aufgefallen war, liebe.

Tränen der Angst, da ich nicht weiß, was Draco Malfoy vor haben könnte.

Er scheint etwas tun zu müssen. Etwas Schreckliches. Sonst würde er sich nicht im Vorfeld entschuldigen.
Davon bin ich überzeugt.

Und ich weiß, dass ich das aus ihm heraus bekommen werde.

Das alles geht mir durch den Kopf, als ich hastig beginne meinen Koffer mit meinen Habseligkeiten zu bestücken.

Ich muss wissen, was Draco zu tun hat. Ob es etwas mit Harry zutun hat und ob ich meinen Freund irgendwie schützen kann.

Und vielleicht wird auch Draco noch bemerken, dass er nicht dieser verletzende und zerstörende Mensch ist, für den er sich momentan hält.

Ich lasse meinen Eltern einen Zettel auf meinem Bett liegen und appariere nach Hogwarts in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors.

Can't resistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt