Kapitel 27 - Eine neue Ära

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Und dann Stille. Totenstille. Stille, bis auf den Wind, der durch die Bäume pfiff und der sanfte Regen, der vom Himmel fiel. „Was?", krächzte Himmel. „Was sagtest du da?", wiederholte er sich.

 Die Augen des Rüden waren erstarrt, nicht wütend, sondern eher... fassungslos. Die anderen Wölfe wechselten nur schockierte und verwunderte Blicke. So etwas hatten sie noch nie gesehen. „Du... du...", stammelte Himmel völlig neben der Spur. 

Wind atmete gereäuschvoll aus. Es fühlte sich an, als ob all die Last der letzten Wochen von seinen Schultern fallen und stattdessen Hoffnung Platz machen. „Ja. Ich sagte, ich möchte dieses Amt nicht annehmen", bekräftigte er. 

Ein Räuspern drang von schräg hinten zu ihm nach vorne. Es war Schnee. „Wind, du musst das nicht für mich tun, ich verstehe, dass das Alpha sein dein Weg ist!", meldete sie sich heldenhaft, doch Wind schüttelte den Kopf. „Ich tue das, weil ich es nicht aushalten könnte. Ich hab mich hoffnungslos in dich verliebt und es ist unser Schicksal, unsere Liebe zueinander zu finden und einfach glücklich zu sein", eriwiederte er mit einem sanften Lächeln. 

Er war sich nicht sicher, wie seine Rudelgefährten egieren würden, aber sie schienen nicht wütend. Auch nicht Himmel. „Es ist also die Liebe, die dich davon abhält. Ich verstehe. Dieses Gefühl ist stärker als alles andere und ich nehme dir die Bürde des Alphas ab, wenn dies dein Wunsch ist." 

Mit dieser sanften, verständlichen Reaktion hätte Wind nie gerechnet. Er war tatsächlich einfach so damit einverstanden. Wow. „Aber wer wird jetzt Alpha?", meldete sich Stern, die dicht neben ihrer Schwester saß. Himmel seufzte und ließ seinen Blick über die Menge schweifen. „Ich weiß es nicht. Meine Knochen sind alt und jemand Anders muss heute meinen Posten übernehmen", erklärte er. 

Wind bemerkte, dass man jede seiner Rippen deutlich zählen konnte und auch seine Knochen schienen gebrechlicher als je zuvor. Wind kniff die Augen zusammen. „Ich weiß, wer der nächste Alpha wird. Es muss Spitze werden. Sie hat Erfahrungen mit der Führung und kennt sich mit Kräutern aus. Sie ist die Einzige, die dieses Amt übernehmen kann!" 

Spitze keuchte überrascht auf. Wind wusste, dass sie schon immer gerne Alpha geworden wäre, auch wenn einem dies als Beta sonst unmöglich gewesen wäre. Jetzt brach die Stille und die Wölfe stimmten zu, sie riefen ihren Namen, was die dunkelgraue Wölfin sichtlich überraschte. Wind lächelte ihr zu und sie lächelte dankbar zurück. 

„Du hast recht, Spitze ist die Einzige, die dieses Amt würdevoll tragen kann." Besinnlich wand er sich an sie: „Spitze, bist du einverstanden dieses Amt zu übernehmen?" Spitze nickte und in ihren Augen blitze Entschlossenheit. „Ja, das bin ich!" 

Und so wurde die Zeremonie für die dunkelgraue Wölfin anstatt für Wind abgehalten, was ihn mehr als glücklich machte. Er spürte die Seele von Wasser und Berg bei ihm, glücklich, dass er endlich begriffen hatte. „Die Versammlung ist beendet! Spitze wird in nächster Zeit entscheiden, wer die nächste Betawölfin wird. Und dies ist gleichzeitig heute auch meine allerletzte Red als Alpha!", verkündete er mit Tränen in den Augen. Wind war erstaunt, wie sehr er dieses Leben genossen hatte, es war wirklich sein Traum gewesen. 

Ein letztes Mal riefen die Wölfe seinen Namen, mit dem gewissen, er sei ihr Alpha und dann war es vorbei. Himmel sprang vom Felsen und Spitze kletterte an seiner Stelle hinauf. 

                                                                                    ***

Als sich die Versammlung schließlich auflöste, trabte Wind sofort zu ihr und schmiegte seine Wange an ihre. Wie sehr er dieses Gefühl vermisst hatte. „Komm mit!", flüsterte er ihr ins Ohr und an ihn gepresst gingen sie gemeinsam aus dem Lager. Wind führte sie im Regen zur Wiese. Dort hatte er das erste Mal dieses Gefühl von Liebe verspürt, auch wenn es ihm damals noch nicht bewusst gewesen war. Der Regen störte ihn nicht und Schnee auch nicht. In der Mitte des hohen Grases hielt er inne und setzte sich. 

Genau wie damals lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter. „Schnee, ich liebe dich so sehr!", murmelte er mit Freudentränen in den Augen. Nie hätte er sich erträumt, dass er diese Worte nochmals zu ihr sagen konnte. Sie schmiegte sich noch fester an ihn und erwiderte seine Worte. „Ich hab endlich begriffen, was stärker als der Tod ist", gab er ihr bekannt, doch sie wusste die Antwort bereits und gemeinsam murmelten sie ihr Schicksal: „Liebe." 

Wind schmunzelte. „Anfangs dachte ich, ich sei verrückt als ich dieses Gefühl verspürt habe!", teilte er ihr lachend mit und sie grinste spöttisch. „Du bist wirklich unerfahren! Aber ich denke verrückt kann man diesen Tag schon ganz gut nennen!" 

Wind nickte und gab ihr recht, dann seufzte er und schloss die Augen. Ein paar Minuten saßen sie einfach nur so da und genossen es, wie der Regen ihre Pelze durchnässte, bis er bis auf die Haut drang. Als Wind jedoch wieder die Augen öffnete, sah er, dass ein winziger Sonnenstrahl sich durch die Wolkendecke streckte und die Wiese in ein magisches Licht tauchte. „Sie mal!", meinte er aufgeregt und Schnee riss überrascht die Augen auf. Ihr fiel der Kinnladen herunter.

 „Wunderschön!", war das einzige was sie herausbrachte. Wind schmunzelte und sie schüttelte ungläubig den Kopf, als sie staunte: „Das ist der schönste Regenbogen, den ich je gesehen habe!" Wind stimmte ihr zu und genoss die Wärme der Sonnenstrahlen und die wunderschönen Farben am Himmel. 

Endlich hatte er begriffen, was es wirklich hieß, zu leben. Er hatte einen Traum, von dem er dachte es sei sein Leben, aber ein Augenblick, ein Lebewesen, ein Gefühl, konnte alles verändern. Liebe. Sie war stärker als Alles ander auf der Welt und Wind hatte endlich begriffen, dass es reicht, einfach, aber dafür glücklich zu sein, denn eines Tages ist für uns Alle die Zeit hier unten zu Ende. Wind lächelte Schnee vielsagend an, denn er war endlich bereit, sein Glück zu genießen. Eine neue Ära war dabei zu beginnen. 


ENDE.

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