Kapitel 6 - Zerissen

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„Heute werden wir zu zweit gemeinsam jagen gehen!", begrüßte Fluss Wind. Der schwarze Rüde lag noch in seinem Nest und machte nur schwer die Augen auf. 

Sein Kopf dröhnte und seine Beine fühlten sich an wie Schlamm. „Ich komme gleich!", krächzte er mühevoll. Er wollte einfach nur, dass sein Tag so schnell wie möglich vorbeizog. „Geht es dir gut?", fragte Fluss besorgt. Die hellgraue Wölfin musste bemerkt haben, dass es Wind nicht gut ging. 

„N-nein, nicht wirklich, aber ich schaff das schon.", murmelte er. Fluss schüttelte den Kopf. „Geh zu Himmel, er wird dir Kräuter geben und wahrscheinlich darfst du dich den restlichen Tag ausruhen!" 

Wind wollte insgeheim nicht jagen gehen, er wollte aber nicht an seinem zweiten richtigen Tag schon krank wirken, Alpha würde denken er sei schwach. „Komm schon, ich komme auch mit.", bot Fluss ihm an. Schließlich gab Wind nach und trottete aus dem Bau. Fluss lief dicht neben ihm und stützte ihn leicht. Dankbar blinzelte er ihr zu. Ihre grünen Augen glitzerten und Wind lächelte leicht. 

„Himmel, Wind geht es nicht gut.", erklärte sie mit gesenktem Kopf, als die beiden den Bau ihres Anführers betraten. 

„Seit gegrüßt, was ist denn genau los?", fragte Alpha und blickte dann zu Wind. 

„Ich fühle mich nicht gut, mein Kopf schmerzt, allgemein fühle ich mich etwas schlapp." Himmel überlegte kurz, bis er zu einem Entschluss kam: „Ich werde dir ein paar Heilkräuter geben und am besten ruhst du dich den restlichen Tag aus, sodass du morgen wieder fit bist." 

Wind nickte, zuckte aber leicht zusammen, da er in Himmels Worte Klarheit hörte. Der Alpha verlangte, dass er morgen wieder seine Aufgaben erledigen konnte, sonst würde es nicht so gut für ihn aussehen.

                                                                                            ***

Nachdem ihm der Alphawolf irgendwelche komisch schmeckenden Kräuter gegeben hatte, trottete Wind aus der Höhle des Anführers. Draußen auf der Lichtung schien die Sonne und er merkte, dass die Schneeschicht unter seinen Füßen tatsächlich auftaute. Überall auf der Lichtung waren Pfützen vom getauten Schnee und Eis. 

„Ich habe gehört, du bist krank." Wind drehte sich um und sah eine weiße Wölfin mit auffällig grauer Nase hinter sich. „Ja... ähh mir geht es tatsächlich nicht so gut.", stammelte der schwarze Wolf. Ihm war es unangenehm, dass jetzt schon mehrere Wölfe darüber bescheid wussten. Er hätte es lieber für sich behalten. 

„Mama, Mama, ich bin ganz nass!", quickte plötzlich ein winziger, brauner Wolf, der zu der anderen Wölfin stürmte. „Nur mal mit der Ruhe, Flink, gehe in dein Nest, dort wirst du trocken, ich komme gleich nach!", beruhigte sie den kleinen Welpen. 

Winds Herz zerschmolz fast bei dem Anblick des Kleinen. Er schien so klein und doch schon so abendteuerlustig. „Tut mir leid, er ist öfters etwas stürmisch. Mein Name ist übrigens Grau. Meinen Welpen Flink kennst du ja jetzt auch schon.", erklärte Grau. 

Wind fand, dass der Name „Grau" perfekt für die Wölfin passte, ihr graue Nase sagte alles. „Hübsche Namen und wegen Flink, ich denke, jeder war mal so." 

Dabei erinnerte Wind sich daran wie er jedes Mal, wenn es schneite versuchte die Schneeflocken alle auf einmal einzufangen, oder wie er ewig im tiefen Schnee gegraben hatte, in der Hoffnung an den Boden zu gelangen. 

„Ja, das stimmt. Dir auch noch gute Besserung, du solltest dich jetzt denken ich ausruhen gehen." Wind verabschiedete sich rasch von der Mutter und verschwand im Lehrlingbau. Grau war eine nette Wölfin und auch Flink fand er irgendwie lieb. Wind fragte sich, warum er wohl keine Geschwister hatte. Eule hatte ihm erklärt, dass es nur sehr, sehr selten vorkam, dass eine Wölfin weniger als zwei Welpen gebar. Eher mussten die anderen gestorben sein. Das hatte sie ihm und Strahl in Kindertagen erklärt. 

Wolf Love - Der Weg zwischen Liebe und Leben ✔Where stories live. Discover now