Kapitel 3. 3

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Einige Minuten drängten wir uns durch dichte Büsche, die zwischen den bereits eng wachsenden Bäumen, hervorsprossen. Das erinnerte mich an meine Heckenbegegnung. Schon bizarr, dass dies erst vor wenigen Stunden passiert war. Es fühlte sich viel länger an. Kopf schüttelnd ging ich weiter, als Soulin hinter mir aufkeuchte.

„Scheiße, Fain! Hast du das bemerkt?"

„Nein, was meinst du?", gab ich hektisch zurück, während ich mich schnell im Dickicht umsah und mir in den Hintern trat, weil ich mich hatte ablenken lassen.

„Da war ein Knacken zu hören und ich habe gedacht, dort drüben hätte sich etwas bewegt."

„Klasse, überhaupt nicht gruselig", murmelte ich leise. „Ich fühle mich wie im Film."

Das ganze hatte zu sehr etwas von einem verdammten Horrorfilm. Zwei junge Mädchen nachts mitten im Wald. Wie dumm muss man sein, um das zu tun? Hinter jeden Baum könnte ein verfluchter Axtmörder stehen. Aber hey, wir waren ja keine normalen Mädchen und das hier nur ein Test. Wie gefährlich konnte der schon werden?

„Los, beeilen wir uns. Ich habe nichts gehört. Vielleicht war das ein Knistern von dem Feuer, dem wir uns nähern."

Genau, immer schön logisch bleiben, wenngleich mein Herz raste und ich liebend gerne die Beine in die Hand genommen hätte, um von hier zu verschwinden. Wie auf mein Stichwort hin, dünnte der Wald endlich aus. Vor uns öffnete sich eine Lichtung, die sich zu einem Hügel hin erhob. An seinem Gipfel thronte eine Holzhütte, die schon bessere Zeiten gesehen hatte. Und davor lagen den Weg hinauf überall verstreut, verbrannte Gegenstände. Wie Tische, Holzblanken, Stoffreste oder Undefinierbares, von denen teilweise die Glut noch Rauch aufsteigen ließ. Der Kies knirschte unter unseren Stiefeln, während wir zur Hütte hinaufschlichen und das verbrannte Chaos um uns herum betrachteten. Es sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Jedoch war mir bewusst, dass die Lehrhexen uns einfach eine Szenerie mitten aus dem Krieg präsentierten, warum auch immer. Ums uns abzuhärten? Zu sehen, wie wir darauf reagieren würden? Ob wir die Nerven behielten?

Kopfschüttelnd ging ich vorsichtig weiter. Der Gestank hatte von gegrilltem Hähnchen zu verkohltem Fleisch gewechselt.

„Na großartig, wer auch immer diese Grillparty schmeißt, hat das verdammte Kotelette anbrennen lassen... Scheiße!", fluchte ich und verschluckte mich stockend an meinem Scherz. Speichel sammelte sich mit Übelkeit in meinem Mund. Schwindel erfasste mich und ich schwankte kurz, als ich es sah. Was bei allen Höllenfeuern?!

„Was ist los, Fain?", fragte Soulin alarmiert und ergriff meinen Arm. Um mich zu stützen oder sich selbst Kraft zu holen. Meine Hand zitterte, als ich auf die Stelle der verbrannten Leiche zeigte. Jetzt war der schwarze Klumpen deutlich zu erkennen, die Glieder, der verkohlte menschliche Schädel.

„Das war keine einfache Explosion, sondern das hier ist ein verfluchter Kriegsschauplatz. Schön realistisch", sprach ich leise meine vorigen Gedanken aus, während ich weiter ging und die verbrannten Überreste mit neuen Augen betrachtete. Je näher wir zur Hütte kamen, die den genauen Punkt der zweiten Koordinaten markierte, desto mehr verkohlte Leichen fanden wir. Plötzlich stieß Soulin einen erstickten Schrei aus und lief auf eine der Leichen zu, die wenige Schritte vor der Tür der Hütte lag. Diese war weniger stark verbrannt, es war sogar noch rubinrotes, lilasträhniges Haar erkennbar. Amberly – ihre kleine Schwester. Statt fast vollständig verbrannt zu sein, war ihr Körper zerfetzt. Der Magen war nur noch eine ausgehöhlte blutige Masse, aus derer Gedärme hingen und einen abscheulichen Gestank verbreitete. Soeben wollte ich zu Soulin, um sie zu beruhigen und trösten. Das Ganze war nicht echt. Es musste eine Täuschung sein. In dem Moment, als ich zu ihr trat und den Mund öffnete, stieß ich ein Schluchzen aus. Denn nun sah ich ihn. Bei seinem Anblick gefror mir das Blut in den Adern. Direkt vor der Tür lag Nyle mit weit aufgerissenen Augen und Mund, als hätte er vor Angst laut geschrien und könne das Grausame vor ihm nicht ertragen. Ich landete neben ihm auf den Knien, ohne auf den Schmerz zu achten, der mir dabei durch die Beine schoss. Er sah so klein und zerbrechlich und vor allem echt aus. Tränen lösten sich aus meinen Augen, obwohl ich abstreitend den Kopf schüttelte. Ich wollte nach seiner Hand greifen, griff aber nur ins Leere. Und dann sah ich warum. Seine beiden Arme waren abgerissen. An den Ellbogen so zerfranst und blutig, wie von einem wilden Tier abgebissen. Mich schauderte und ein Schrei bildete sich in meiner Kehle, den ich gerade noch schaffte, hinunter zu schlucken.

Witch of the WolvesTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang