Alte Bekanntschaften

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„Dein Ernst? Du kletterst jedes Mal durch einen verdammten Lüftungsschacht", fluchte meine Freundin einige Minuten später, was ich mit ja beantwortete.
Das war eben der einzigste Ausgang, der nicht bewacht wurde, ich musste mich wohl oder übel damit zufriedenstellen.
„Wie du das jedes Mal aushältst", grummelte sie einige Minuten später, als wir endlich wieder im Freien standen.
„Stell dir einfach vor als wärst du eine Agentin aus einem Film, dann wirkt es gleich etwas cooler", erteilte ich ihr einen Ratschlag, den ich schon seit Jahren befolgte.
Sofort erschien das altbekannte Lächeln auf ihrem Gesicht und ich konnte mir geradezu ausmalen, wie sich die Szene in ihrem Kopf abspielte.
„Wenn man es so betrachtet", meinte sie verschwörerisch und hüpfte los. So viel zum Thema unauffällig bleiben. Aber daraus machte sich Feli keine allzu großen Sorgen, sie sprang fröhlich weiter und zog mich an der Hand hinter sich her. Doch zwischen den ganzen anderen fielen wir gar nicht groß auf und so ließ ich sie ihren Spaß haben.

Fasziniert beobachtete sie die Gassen, die gefüllt mit Passanten waren.
„Sieh mal! Da ist ein Essenstand! Ich hab Hunger, können wir uns da etwas kaufen? Ich hab riesengroßen Hunger", schmollte sie und ich gab ihr lächelnd nach.
Auch mein Magen grummelte verräterisch und so war ich mehrere Minuten später überglücklich, auf einer abgelegenen Bank samt Pommes zu sitzen. Und heute war ich auch nicht alleine da, sondern mit meiner besten Freundin. Konnte irgendetwas diesen Tag noch zerstören? Eigentlich nicht, dachte ich jedenfalls in diesem Moment. Doch man sollte den Tag nicht vor dem Abend wurden.

Gefühlte Stunden später saß ich satt und zufrieden auf eben jener Bank, während mein Blick durch die Gegend schweifte. Feli hatte sich verzweifelt auf die Suche nach einem Mülleimer gemacht und bisher noch nicht zurückgekehrt. Hoffentlich hatte sie sich nicht verlaufen. Gerade wollte ich anfangen, sie zu suchen, da nahm ich plötzlich einen Schatten im Augenwinkel wahr. Diesen beachtete ich allerdings keine Sekunde, sondern sprang auf und wollte loslaufen, da wurde ich an der Hand zurückgehalten. Schnell fuhr ich herum und blickte in schokoladenbraune Augen, die mir mehr als bekannt waren. Obwohl sein Gesicht fast vollständig verdeckt war, erkannte ich ihn sofort.

„Max", stellte ich kalt fest, was ihn zusammenzucken ließ.
„Carla", gab er dann genauso schlau zurück, worüber ich die Augen verdrehte.
Konnte der sich nichts eigenes ausdenken? Anscheinend nicht, denn er hielt weiter schweigend meine Hand, die verdächtig zu kribbeln angefangen hatte.
„Kann ich dir irgendwie helfen? Ich hab nämlich eindeutig noch besseres zu tun", verkündete ich nach einigen Minuten des Schweigens, woraufhin er den Kopf schüttelte und mich freiließ. Gerade wollte ich die Haare in den Nacken werfen und einen Filmreife Abgang hinlegen , da erhob er die Stimme erneut:
„Wusstest du, dass wir jetzt für drei Monate im Schloss wohnen werden?"
Ich hielt mitten in der Bewegung inne und drehte mich in Zeitlupe um. Nein, davon wusste ich nichts. Woher auch? Ich sprach ja so gut wie mit niemandem.

Ich musste von außen genauso überrascht wirken wie ich ich fühlte, denn er brach in ein leises Lachen aus. Er hatte sich vom Äußerlichem um einiges verändert, doch sein Charakter hatte sich kein Stück geändert, wie ich feststellen musste. Und irgendwie wusste ich nicht, wie ich das finden sollte. Auf der einen Seite war ich einfach nur genervt, doch andererseits...
„Hey Carla, ich hab nichts gefunden und...wer ist das?"
Feli war wieder da und musterte nun neugierig Max, der sie mit zusammengekniffenen Augen musterte.

Ich nahm ihr den Müll aus der Hand und lief zum drei Meter entfernten Abfalleimer, um die Überreste zu entsorgen. Dabei klappte meiner Freundin der Mund sperrangelweit auf und ich musste kurz auflachen. Ich konnte es einfach nicht verhindern. Feli war einfach stur an den vielen Mülleimern vorbeigelaufen und ich hatte vermieden es ihr zu sagen. Es war einfach zu lustig ihr dabei zuzusehen, wie sie verzweifelt über die Briten und ihren Mangel an solch wichtigen Gegenständen redete.

Anscheinend bemerkte die Blindschleiche im Moment auch, wen sie hier vor sich hatte und ihr Mund öffnete sich, wenn das überhaupt möglich war, noch weiter.
„Ach du heilige...", entfuhr es ihr, ehe sie mich am Arm packte und losrannte.
Fast wäre ich hingefallen, konnte mein Gleichgewicht allerdings noch rechtzeitig zurückerlangen und hastete ihr hinterher.

„Was sollen wir denn jetzt machen?", schon seit einer halben Stunde tigerte Feli in meinem Zimmer herum und raufte sich dabei immer wieder die Haare.
Das Treffen mit meinem ehemaligen Freund hatte sie eindeutig noch mehr mitgenommen als mich, was mich schon gar nicht mehr wunderte. Sie war kurz vor der Verzweiflung und ich versuchte mit aller Macht, die ich hatte, sie zu bremsen. Allerdings vergeblich.
„Okay, reg dich ab. Das Schlimmste hast du ja noch gar nicht erfahren", entfuhr es mir und ihre Augen weiteten sich zu der Größe von Esstellern.
„Noch schlimmer?", echote sie fassungslos und ich verdrehte unauffällig die Augen.
„Du musst dich abregen", erklärte ich langsam und wie ein Arzt, der gerade seinem Kunden eine komplizierte Sache erklären wollte.
„Und wie?"
„Ich hätte da einen Vorschlag", grinste ich und die Vorfreude breitete sich in mir aus.
Ja, das würde ihr im Moment sicher helfen. Davon war ich mehr als überzeugt.

Royal LoveWhere stories live. Discover now