Perlenmeer

By SharonB

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Nancy Rivers ist ein ganz unspektakuläres Mädchen, das nicht viel von sich hält. Sie sammelt Perlen und liest... More

Perlenmeer
Perlenmeer Kapitel 02
Perlenmeer Kapitel 03
Perlenmeer Kapitel 04
Perlenmeer Kapitel 05
Perlenmeer Kapitel 06
Perlenmeer Kapitel 07
Perlenmeer Kapitel 08
Perlenmeer Kapitel 09
Perlenmeer Kapitel 10
Perlenmeer Kapitel 11
Perlenmeer Kapitel 12
Perlenmeer Kapitel 13
Perlenmeer Kapitel 14
Perlenmeer Kapitel 16
Perlenmeer Kapitel 17
Perlenmeer Kapitel 18
Perlenmeer Kapitel 19
Perlenmeer Kapitel 20
Schlusswort

Perlenmeer Kapitel 15

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By SharonB

un-edited (Fehler werden im Nachhinein nochmals überarbeitet)

Ich mochte die Rolle von Dorothy. Ich hatte das Casting zum Theaterstück hinter mir und sie liessen mich keine Minute vortragen, da stand Alice auf und meinte: „Du bist dabei!“

Bisher hatte ich noch nie darüber nachgedacht, in einem Theaterstück mitzumachen. Eine Person zu spielen, dich ich gar nicht war. Aber es war jetzt genau das was ich brauchte. Mich in eine andere Welt flüchten zu können. Alice stand auf und war mit einem Satz auf der Bühne neben mir, wo ich stand und mein Blatt sinken liess, mit dem Dialog, den ich hatte vorlesen müssen.

„Hier ist das Drehbuch zum Stück. Morgen treffen wir uns alle hier. Um vier. Ist das okay?“ Ich nickte und nahm das dünne Heft entgegen.

„Gut. Danke schön, bis dann!“ Ich lächelte sie an und verabschiedete mich von den zwei anderen, die im Publikum sassen und das Casting ebenfalls zu leiten schienen.

Ich verliess den Saal mit dem Drehbuch unterm Arm und holte einmal tief Luft, fuhr mir durch mein langes Haar und ging dann nach draussen.

Meine Mittagspause war für das Casting drauf gegangen, es störte mich aber nicht sonderlich. Nur noch so, um euch alle aufzuklären: Yuri ist beim Autokino nicht mehr aufgetaucht. Und angesehen hat er mich heute auch nicht.

Momentan hoffte ich einfach darauf, dass ich meine Gefühle für ihn wegstecken konnte. Vergessen. Oder dass das in mir drin kaputt ging. Für immer. Damit es nicht mehr weh tat, wenn ich ihn sah.

Bisher aber war noch nichts in diese Richtung vorgefallen, leider.

Weil ich keine Lust mehr hatte, meine Freunde zu suchen um die restlichen zehn Minuten mit ihnen zu verbringen bevor die nächste Stunde losging, verzog ich mich einfach bereits ins Chemiezimmer. Da wo wir nachher Schule hatten. Ich setzte mich an meinen Lieblingsplatz am Fenster und packte schon mal die benötigten Materialien aus und wartete dann. Es war ganz still. Wahrscheinlich waren alle noch in der Cafeteria oder draussen. Die Gänge waren leer. Das Zimmer war ganz leer. Nur ich. Hier. Allein. Ich sass regungslos an meinem Platz und atmete ein und aus. 84 Herzschläge in der Minute.

Ich dachte an Dorothy und wie sie mit ihren roten Zauberschuhen über die gelben Steinpflaster ging ...

„An was denkst du?“

Ich öffnete meine Augen und sah auf.

Jemand sass auf dem gegenüberliegenden Tisch und sah mich an.

„Was bedeutet der schwarze Kreis in deinem Nacken?“, fragte ich leise.

„Das Universum.“

Es klingelte und die Schüler strömten in das Zimmer hinein.

Yuri richtete sich auf und setzte sich an einen Platz ohne mich auch nur noch einmal anzusehen.

War das gerade echt gewesen, oder hatte ich mir das eingebildet?

Überrascht drehte ich mich zu ihm um und sein wachsamer Blick streifte mich einmal. Ganz kurz. Aber ich wusste: Der dreisekündige Moment vor dem Klingeln zum Unterricht war echt gewesen.

Ein Schauder lief mir über den Rücken.

Das Universum.

Einen schwarzen Kreis das Universum.

Unendlichkeit. Finsternis. Keinen Anfang keinen Schluss. Welten, die niemand kannte...

Aber wieso tätowierte er sich das in den Nacken?

Und da beschloss ich, nicht aufzugeben.

Jemand, der sich das Universum in Form eines Kreises tätowierte, liess man nicht gehen.

Innerhalb der nächsten zwei Minuten legte ich mir einen Plan zurecht.

Er fand, wir würden nur leiden, wenn wir Zeit miteinander verbringen?

Hatte er sich aber überlegt, dass wir getrennt nur noch mehr leiden würden? Wahrscheinlich nicht.

Nach der Stunde öffnete Maya das Fenster und klagte darüber, dass chemische Reaktionen im Körper sie einen Dreck interessierten. Agnes lachte und biss in einen Apfel. Sie ass die ganze Zeit, fiel mir auf. Delaiah putzte die Wandtafel und ich sah nach draussen.

Wieso das Universum?

Schrieb ich auf einen kleinen Zettel in der nächsten Stunde und faltete ihn diskret zusammen, schrieb Yuris Namen drauf und schob ihn unauffällig unter dem Tisch zu Kevin. Überrascht sah er mich an, reichte den Zettel aber weiter.

Einige Minuten später kam auch schon die Antwort.

In Yuris schöner flüssigen Schrift stand:

Weil jeder Mensch ein Universum ist.

Ich verstand. Und jetzt klopfte mein Herz schneller.

Du bist kein Universum. Du bist ein Perlenmeer.

Schrieb ich zurück. Nur weil ich so verzweifelt Kontakt zu ihm suchte.

Diesmal ging es etwas länger bis eine Antwort kam.

Du bist kein Perlenmeer. Du bist eine einzelne Perle, die im Meer ertrunken ist.

Okay und wie sollte ich das jetzt verstehen? Sprach er allgemein für den Mensch und war ich damit gemeint.

Beeil dich. Sie sinkt und sinkt und sinkt.

Jetzt lächelte ich.

Kevin runzelte die Stirn, als ich ihm den Zettel reichte, doch er reichte ihn weiter.

Da ich selber sinke, kann ich dich nicht retten.

Ich kam nicht dazu, ihm zu antworten, denn es klingelte.

Fertig.

Schule aus.

Ja, auch Yuri sank.

Was brachte es? Wenn wir beide sanken?

Wir sahen uns nicht an, als wir das Schulzimmer verliessen.

„Nancy, ich gehe noch zu Kevin. Kommst du mit?“

Ich lächelte Delaiah freundlich an und schüttelte den Kopf.

„Nein, ich habe noch was zu tun, viel Spass!“

„Ich weiss dass du mir folgst!“

Etwas irritiert kam ich hinter dem Busch hervor.

Er verschränkte die Arme vor der Brust und seufzte.

Ich errötete.

„Stimmt nicht, ich muss in die selbe Richtung!“

Er runzelte die Stirn.

„Warum versteckst du dich dann?“

Okay, ich gab mich geschlagen. Ich liess die Schultern hängen und stellte mich vor Yuri hin. Ich war ihm auf seinem Heimweg ein Stück gefolgt. Nur um... naja... ich hatte ihn eigentlich aufhalten wollen, aber dann war er so still und friedlich vor sich her gegangen, dass ich ihn nicht stören wollte....

Ich zuckte mit den Schultern.

„Ich finde wir sollten reden.“

Wir gingen nebeneinander her. Wir schwiegen. Er vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen, sein Blick auf seine dunkelblauen Vans gerichtet.

„Hör zu, ich dachte einfach, es sollte eine Meerjungfrau vorbei kommen und uns vor dem Sinken retten?“, probierte ich es erneut und jetzt lachte Yuri.

Mein Gott, sah ich ihn selten lachen.

„Du und eine Meerjungfrau?“, fragte er vorsichtig, hatte ein süffisantes Lächeln auf.

„Ja. Hundert Prozent. Oder hast du mich jemals baden gesehen? Sobald ich nass werde, verwandle ich mich in eine Meerjungfrau“, erwiderte ich ganz ernst, es ergab sich grad so gut. Auch wenn das Gespräch extrem seltsam war, es schien einigermassen normal zu sein... Ich meine, immerhin unterhielt ich mich mit ihm!!

„Das würde ich sehr gerne sehen.“

„Erst musst du -“ mich vor dem Sonnenuntergang küssen, sonst werde ich in Schaum verwandelt. Ich beendete den Satz nicht und errötete. Dachte dabei an das Märchen der Seejungfrau, die sich in einen Prinzen verliebt hatte und sich bei der bösen Hexe Beine gewünscht hatte, um ihn zu treffen. Die böse Hexe gewährte ihr den Wunsch unter der Bedienung, dass sie sich küssen mussten bis zum Sonnenuntergang, sonst würde sie in Schaum verwandelt werden.

Das Ende hatte ich vergessen. Wahrscheinlich hatte ich es verdrängt, weil die Geschichte traurig ausgegangen war...

„Was?“, fragte er jetzt.

„Ach, nichts.“

„Doch. Sag.“

„Nein.“

„Wieso nicht?“

„Es ist etwas Blödes! Lass uns das Thema wechseln.“

Er fragte nicht weiter nach und seufzte. Langsam gingen wir nebeneinander her, auf dem Gehweg. Zusammen.

„An was denkst du?“, fragte ich.

„An dich.“ Er sah mich nicht an. Er trug eine Jeansjacke und sein schwarzes Haar lag ihm tief in der Stirn.

„Yuri. Halt an.“

Er blieb verwundert stehen.

„Ist dir klar, was du da machst?“

Er schüttelte den Kopf und auf einmal ging mir ein Licht auf.

„Du lebst lieber in deinen Träumen.“ Es war kein Vorwurf. Es war eine Feststellung. Aus grauen erbosten Augen sah er mich an, doch er sagte nichts.

„Du lebst deine Wünsche nicht aus. Du lebst mich nicht aus.“

Für einen Aussenstehenden, hätte es sehr seltsam geklungen. Aber wir zwei verstanden uns.

Er wünschte sich seit langer Zeit mit mir zusammen zu sein. Das wusste ich.

Und nur einmal hatte er es versucht Wahrheit werden zu lassen. Bis ihm klar geworden war, dass es doch sehr anstrengend war. Und da hatte er aufgegeben.

„Ich bin kein Träumer“, sagte er grimmig und zog die Augenbrauen zusammen.

„Dann sag mir, dass du mit mir abgeschlossen hast.“ Ich sah ihn an und liess seine Augen nicht meinem Blick entkommen. Gebannt starrte er mich an. Er wollte etwas sagen, doch er tat es nicht.

Ich hob meine Hand und für einen Moment blieb mir das Herz stehen.

Dann fuhr ich fort. Strich mit meinen Fingerkuppeln sachte über seine Wange. Seine Haut war warm und so blass. Ich fuhr ihm mit meiner Hand den Hals entlang und blieb an dem Kreis hängen, fuhr die Konturen vorsichtig nach.

„Ein Universum. Welten, die niemand kennt ausser man selbst. Oder nicht einmal...“ Mein Blick wanderte über seine Lippen, sein Kinn und dann zurück zu seinen Augen.

Ich fühlte mich seltsam.

Nicht ich selbst und doch wohl und sicher.

„Hast du?“

Er schnappte nach Luft und legte seine grosse Hand auf meine.

Ruhig und gelassen sah er mich an. Seine Hand lag noch immer auf der meinen, als ob er sie an seinem Hals festhielt.

„Nein“, gab er zu, sah weg, liess meine Hand trotzdem nicht los.

Ich lächelte.

„Sagst du mir jetzt, was du vorhin verschweigt hast? Bitte!“ Er grinste mich breit an und ich ging einen Schritt zurück.

„Ach komm, findest du es nicht selber raus?“, fragte ich etwas frech zurück und überrascht sah er mich an.

„Ich muss es also selber raus finden?“

„Ja. Und dann musst du es tun.“

„Hä? Was?“

„Na das, was du raus gefunden hast...“ Ich strahlte.

„Na schön!“

„Abgemacht.“

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