Heimatgefühle

By Nymeriija

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Fünf Jahren ist es nun her, seit Hermine und Draco England verlassen haben. Doch die Rückkehr in ihre Heimat... More

Zurück in die Heimat
Besuch in der Winkelgasse
Familientreffen im Fuchsbau
Tonks und Teddy
Traute Zweisamkeit
Angespannte Familienverhältnisse
Einweihungsparty
Alltag
Gespräche über die Vergangenheit
Das Wiedersehen
Vorwürfe
Eskalation
Trostspender
Grillfeier bei Freunden
Schuldgefühle
Besuch bei Andromeda
Streit und Kompromisse
Mädelstag
Denkanstöße
Leise Zweifel
Friedensangebot
Eine unverhoffte Aussprache
Familienbande

Das neueste Familienmitglied

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By Nymeriija

Draco war genervt. Die beiden Chefheiler des St. Mungo, Mr Andrews und Mrs Dawson, saßen nun bereits seit zwei Stunden vor ihnen und machten keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen Draco. Sie hatten auf ein Treffen im alten Verwaltungsgebäude des St. Mungo bestanden und Draco würde jede Wette eingehen, dass sie einfach nur nicht mit ihm zusammen in der Öffentlichkeit gesehen werden wollten.

Jetzt saß er hier mit seinem Kollegen Jonathan Lewis, um die neuen Konditionen für ihre Kooperation auszuhandeln. Das St. Mungo bezog seit ein paar Monaten viele Tränke und Gegengifte bei ihrer Apotheke und als Leiter der Forschungsabteilung musste er leider bei solchen Terminen anwesend sein. Zähneknirschend überließ er das Reden seinem Kollegen und beließ es dabei, hin und wieder eine Anmerkung bezüglich der Herstellungsprozesse und deren Dauer einzustreuen. Dass dieser Termin überhaupt stattfand war immerhin ein Kompliment an seine Arbeit und das war ihm für den Moment genug, auch wenn er größere Pläne hatte. Bei diesen stand er allerdings gerade in einer Sackgasse, da er auf seine Studie alleine nicht fortsetzen konnte. Er ballte seine Hand zur Faust, als er an diese Verschwendung medizinischen Fortschritts dachte.

„Also dann, wir freuen uns über die weitere Zusammenarbeit." Heilerin Dawson stand auf, gab Lewis die Hand und nickte Draco kaum merklich zu, ohne ihn dabei direkt anzusehen, bevor sie zur Tür hinauseilte.

Draco erwiderte die Geste knapp und wandte sich ebenfalls Richtung Ausgang. Er wollte nur noch zu Hermine und seinem kleinen Sohn. Bei dem bloßen Gedanken an ihn, schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Seit drei Wochen hatten sie einen neuen Mittelpunkt im Leben.

„Mr Malfoy, einen Moment noch."

Draco musste sich zusammenreißen, seine Verwunderung nicht offen zu zeigen. „Gibt es noch ein Problem?", fragte er, immer noch erstaunt darüber, dass der Heiler ihn, das erste Mal an diesem Tag, direkt angesprochen hatte.

„So würde ich das nicht sagen."

Draco Verwirrung wurde noch größer. Ein Blick auf Lewis zeigte, dass es ihm wohl ähnlich ging, aber er hielt sich im Hintergrund und wartete vor der Tür des Meetingsraumes.

Draco wusste nicht, ob er sich wieder hinsetzen oder wo er überhaupt hinsehen sollte. Er hatte mittlerweile eine Ahnung, worum es gehen könnte und es ärgerte ihn. Nein, es machte ihn richtig wütend.

Andrews zeigt mit der Hand auf den Stuhl vor ihm. Da Draco weder Anstalten machte, sich zu bewegen, noch etwas zu sagen, ergriff er wieder das Wort.

„Bitte setzen Sie sich, Mr. Malfoy."

Draco atmete hörbar ein und aus. „Hören Sie, wenn sie wollen, dass ich mich aus dem Geschäft zurückziehe, nur weil mein Nachname Malfoy ist, dann können Sie das vergessen. Ich bin der Leiter der Forschungsabteilung, meine Produkte sind tadellos und ich erwarte, dass Sie ihre Arbeit ebenso professionell erledigen, wie ich meine." Seine Stimme war bestimmt, aber ruhig, weit ruhiger als er es innerlich war.

Andrews nahm diese Aussage zur Kenntnis ohne etwas zu erwidern und nahm stattdessen eine Mappe in die Hand, die am Rand des Tisches gelegen hatte, blätterte kurz darin und legte er sie anschließend vor sich. „Es geht um ihren Antrag für eine Studie an unserer Heilanstalt."

Draco merkte, wie ihm die Gesichtszüge entglitten. Unter normalen Umständen würde er sich über diesen Kontrollverlust maßlos ärgern. Er hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit.

„Sie meinen den Wolfsbanntrank?" Diesen Antrag hatte er bereits vor acht Monaten eingereicht, direkt nachdem er seine Abteilung weitgehend zum Laufen gebracht hatte. Er wusste, dass so etwas Zeit brauchte, genau wie er wusste, dass die Bearbeitung normalerweise keine acht Monate dauerte. Ein weiterer Nachteil des Namens Malfoy. Also wo und wieso hatten sie das jetzt wieder ausgegraben?

„Ja, eben den", erwiderte Andrews. „Wie Sie wissen, bin ich der Chefheiler der Abteilung für Verletzungen durch Tierwesen."

Draco blinzelte und öffnete den Mund, um ihn gleich wieder zu schließen. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen.

„Laut ihren Aufzeichnungen haben sie eine Modifikation des Trankes vorgenommen, sodass eine einmalige Einnahme am Tag des Vollmondes als Medikation ausreichend sein soll."

Draco, der seine Gesichtszüge endlich wieder unter Kontrolle hatte, nickte.

„Nun, wie Sie sicherlich wissen, ist Mr Belby einer unserer größten Gönner und es mag Sie erstaunen, aber er hat sich bei der Spendengala für das St. Mungo letzten Monat über Ihre Arbeit erkundigt."

Es mochte unangebracht sein, aber das leicht überhebliche Grinsen konnte sich Draco nicht verkneifen. Er hatte nichts davon gewusst und so wenig es ihn überraschte, ärgerte es ihn umso mehr, dass wieder jemand anderes tätig werden musste, damit seine eigene Arbeit die Aufmerksamkeit bekam, die sie verdiente. In diesen Momenten vermisste er Australien, denn dort war er einfach ein Student und hervorragender Tränkemeister gewesen, ohne dass die Leute bei seinem Namen die Nase gerümpft und ihm jede Menge Felsbrocken in den Weg geschmissen hatten.

Da Draco immer noch nichts sagte, fuhr Andrews fort. „Leider ist ihr Antrag irrtümlich an die falsche Abteilung geleitet worden, sodass wir Ihnen erst jetzt antworten können."

Draco schaffte es mehr schlecht als recht, sein abfälliges Schnauben als Husten zu tarnen, aber Andrews war freundlich genug, um so zu tun als hätte er nichts bemerkt.

„Des Weiteren haben wir bisher nur ein kurzes Essay. Ich würde Sie daher bitten, uns weitere Daten ihrer Forschung und ihre Vorstellungen zur praktischen Studie zur Verfügung zu stellen, damit wir genaue Pläne für den Ablauf machen können." Zum ersten Mal, sah ihm Andrews direkt in die Augen. „Wir hoffen natürlich, dass Sie weiterhin das St. Mungos als Partner für ihre Forschung in Betracht ziehen. Ich bin mir sicher, dass wir Ihnen die besten Voraussetzungen bieten können, um den Trank langfristig als neue Standardtherapie für Lycanthropie zu etablieren."

Beinahe hätte Draco laut aufgelacht. Kaum meldete sich ein ranghoher Tränkemeister und lobt seine Arbeit, fingen diese Heilerfuzzies an, ihm in den Hintern zu kriechen. Aber das Spiel würde er mitspielen. Hauptsache, er bekam die Auszeichnung, die er verdiente und er würde es mehr als auskosten es allen, die in ihm nur den Todessersohn sahen, ins Gesicht zu reiben.

Er lehnte sich zurück, hob das Kinn und hoffte, dass er lässiger aussah, als er sich gerade fühlte.

„Nun, erst einmal danke ich Ihnen für ihr Interesse an einer Studie. Auch wenn es bedauerlich ist, dass mein Antrag -", er legte eine kleine Kunstpause ein, ganz wie Severus es immer getan hatte, wenn er seinen Schülern völlige Inkompetenz bescheinigt hatte, „- verloren gegangen ist."

Andrews hatte wenigstens den Anstand, zumindest für eine Millisekunde schuldig auszusehen, und während Draco in seinem Blick noch immer eine abgrundtiefe Abneigung ausmachte, zeigte die Körpersprache wie sehr der Heiler diese Studie durchführen und die Lorbeeren für diese neue Therapie einheimsen wollte. Er wusste genauso gut wie Draco, dass der weiterentwickelte Wolfsbanntrank ein brillanter Erfolg war. Ein bisschen konnte er ihn also noch zappeln lassen.

„Ich schlage vor, wir vereinbaren zeitnah einen Termin in unserem Labor, bei dem ich Ihnen die Wirkweise näher erläutere und weitere Daten zeigen kann. Dann können wir auch sehen, ob unsere Vorstellungen über die Zusammenarbeit übereinstimmen." Und der Preis, aber das sprach er nicht laut aus.

Draco war sich sicher, dass Andrews damit gerechnet hatte, dass Draco aus Mangel an Alternativen sofort einschlagen würde. Wenn es so war, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Keiner der beiden wandte den Blick ab, musterten den Gegenüber, um mögliche Schwachstellen auszumachen und die eigene Verhandlungsposition zu stärken. Letztendlich war es Andrews, der nachgab, was Draco innerlich jubeln ließ.

Andrews schürzte die Lippen, bevor er das Wort ergriff. „Gut, dann sind wir uns soweit einig. Ich werde meinem Sekretär auftragen, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen."

Draco war zufrieden. Mehr als zufrieden sogar. Mit stolz geschwellter Brust ging er aus dem Raum in den Korridor, wo niemand anderes als Hermine auf ihn wartete. Da ihr Kleiner fünf Wochen zu früh auf die Welt gekommen war, hatten er und Hermine die erste Woche im St. Mungo bleiben müssen und seitdem waren sie jede Woche für eine Untersuchung hier. Mittlerweile war er drei Wochen alt.

„Was machst du denn schon hier? Ich wollte dich gleich abholen. Ist alles gut gelaufen?" Er küsste sie kurz, bevor er sich zu dem kleinen Scorpius kniete, der schlafend in der Babyschale lag, die Hermine neben sich abgestellt hatte. „Lewis ist übrigens schon weg, er hatte nicht eine Verabredung."

Draco nahm es nickend zur Kenntnis.

„Na, mein Kleiner", flüsterte er und strich seinem Baby liebevoll über den Bauch. Natürlich hatte hatten sie einen Sohn bekommen, wie er es von Anfang an gesagt hatte. Hin und wieder zog er Hermine damit auf, aber sie nahm es recht gelassen, auch wenn sie bis zum Schluss davon überzeugt war, ein Mädchen zu bekommen.

„Die Untersuchungen waren alle in Ordnung. Sowohl bei ihm als auch bei mir. Er entwickelt sich prächtig", sagte Hermine, während sie Draco durch seine Haare strich. Sie wusste, dass er das hasste, aber er ließ sie gewähren. Zum einen war er einfach nur froh, dass trotz der Frühgeburt alles gut gegangen war und zum anderen war er durch das Gespräch mit Heiler Andrews viel zu gut gelaunt.

„Natürlich tut er das", erwiderte Draco, der noch immer so breit lächelte, als hätte er einen ganzen Kessel des Euphorie-Elixiers getrunken.

Andrews kam gerade hinter ihm aus dem Meetingraum heraus, schaute kurz auf die drei und lächelte dann Hermine zu, woraufhin Draco besitzergreifend einen Arm um ihre Hüfte legte, um klarzustellen, dass das hier seine Familie war.

„Mr Malfoy, Mrs Malfoy." Andrews nickte kurz ihm und dann Hermine zum Abschied zu und verschwand in den Gang rechts, der direkt zur Eingangshalle des St. Mungo führte.

Draco war nicht entgangen, dass Hermine bei der Bezeichnung Mrs Malfoy kurz zusammengezuckt war. Er konnte es verstehen, gab ihm aber dennoch einen Stich. Sie hatten nie über das Thema gesprochen und bei der Reaktion wollte er es auch nicht.

„Draco?"

„Was?" Er blinzelte und schaute zu Hermine, die in erwartungsvoll ansah.

„Wir müssen los, deine Eltern kommen gleich und ich möchte zumindest das Erdgeschoss aufgeräumt haben, bis sie da sind."

„Wozu? Sie werden sich sowieso die ganze Zeit nur um Scorpi kümmern. Die werden gar keine Zeit haben, sich groß umzugucken."

„Vorausgesetzt du überlässt ihn auch mal jemand anderem", neckte Hermine ihn, da sie wusste, wie sehr er den Kleinen vergötterte.

„Ich bin nun mal sein Vater", erwiderte Draco schlicht, nahm den Babysitz in die Hand, legte den Arm um Hermines Schultern und führte sie Richtung Ausgang.

Zu Hause angekommen, kümmerte sich Draco um das Decken des Tisches und fing an, Kaffee zu kochen. Den Kuchen hatte er bereits am Vortag gebacken. Es war ein Schokokuchen nach dem Rezept von Hermines Mutter, also ein Muggelrezept. Nicht, dass seine Eltern so etwas für angemessen halten würden. Andererseits hielten sie in seinem Leben sowieso nichts für angemessen, also war es ihm doppelt egal.

Während er in der Küche werkelte, saß Hermine in ihrem neuen Wohnzimmersessel und stillte Scorpius, was Dracos Meinung nach, der allerschönste Anblick auf der ganzen Welt war. Sie sah erschöpft aus, hatte Ringe unter den Augen, was auf ihrem Mangel an Schlaf lag, denn Scorpius wachte nachts sehr oft auf und meist war es Hermine, die aufstand, ihn stillte und darauf wartete, dass er wieder einschlief. Darunter litt nicht nur ihr Schlaf, auch ihre Ordentlichkeit ließ nach. Ihn störte es nicht, aber er wusste, was sie mit Aufräumen meinte, denn im Wohnzimmer stapelten sich die Babyratgeber, über dem Sessel lagen Spucktücher, die seit drei Wochen im Dauergebrauch waren und der Fußboden war auch mal sauberer gewesen.

Hermine legte Scorpius in den Babysitz, der im Wohnzimmer neben dem Sofa stand, woraufhin Draco sich hinter sie stellte, einen Arm um sie und den Kopf auf ihrer Schulter legte und auf das Baby starrte, welches mit wachen Augen seine Eltern anschaute.

„Ich könnte ihn den ganzen Tag ansehen."

„Ja, nicht nur du", stimmte Hermine ihm zu, Sie lehnte sich an ihn und strich mit ihrer Hand über seinen Arm, den er um ihre Hüfte geschlungen hatte, ohne dabei den Blick von Scorpius abzuwenden.

Draco stöhnte, als die Türglocke das schöne Bild zerstörte. „Verdammt, können die nicht einmal unpünktlich sein?", motzte er mit einem Blick auf die Wanduhr über dem Kamin.

Hermine lachte. „Nimm du Scorpius, ich mach die Tür auf."

„Na komm, mein Kleiner, dann wollen wir unser Haus mal in eine Grube verwandeln und die Giftschlangen einlassen." Okay, das war ein wenig fies. Er musste zugeben, dass das Verhältnis zwischen ihnen und seinen Eltern besser wurde. Sein Vater war noch immer schwierig und sein Benehmen Hermine gegenüber war weiterhin mehr als ausbaufähig, aber wenigstens seine Mutter schien sich daran gewöhnt zu haben, dass ihr Enkel eine muggelgeborene Mutter hatte. Und sie eine muggelgeborene Schwiegertochter. Bei dem Wort schüttelte Draco den Kopf. Es war alles gut so, wie es jetzt war.

„Wo ist mein kleiner Enkel", hörte er die Stimme seiner Mutter, die daraufhin, gefolgt von seinem Vater das Wohnzimmer betrat und auch gleich die Arme ausbreitete, um ihm Scorpius abzunehmen. „Na du bist aber groß geworden", sagte sie, während sie Scorpius mit ihrem Finger über die Nase strich.

„Dir auch einen schönen Tag, Mutter." Ein Schmunzeln konnte sich Draco nicht verkneifen. Seit Scorpius auf der Welt war, war er natürlich der Mittelpunkt und bekam, zurecht, die ganze Aufmerksamkeit aller Anwesenden. Er selbst war abgeschrieben.

„Hallo mein Schatz", wandte sich Narcissa nun doch an ihn, gab ihm einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich wieder ihrem Enkel widmete.

„Sieh mal, Lucius, er hat eindeutig die Nase der Blacks, findest du nicht auch?"

Lucius beugte sich nun ebenfalls über das Baby, um ihn genauer zu begutachten. „Wenn du mich fragst, sieht er genauso aus wie Draco und Ich. Genau wie beim letzten Mal."

Hermine verkniff sich ein Lachen und nickte kaum merklich, Draco sagte einfach gar nichts. Sein Vater hatte recht. Scorpius hatte schon jetzt viele weißblonde Haare und die blauen Augen waren mit grauen Sprenkel versehen, genau wie bei ihm selbst.

Während seine Familie den Kleinen bereits direkt nach der Geburt gesehen hatte, waren Hermines Eltern, die ihre Neuseelandreise vorzeitig abgebrochen hatten, erst eine Woche nachher in England angekommen. Draco hatte festgestellt, dass sich Magier und Muggel in ihrer Reaktion auf Enkelkinder in keinster Weise voneinander unterschieden. Sie suchten und fanden Gemeinsamkeiten zwischen Eltern und Kind und überboten sich gegenseitig mit Ausrufen der Entzückung, wann immer ihr Baby eine Grimasse gezogen oder in die Windel gemacht hatte.

Narcissas begeisterter Gesichtsausdruck war ein ungewöhnlicher Anblick, selbst für ihn. Er wusste, dass seine Eltern ihn immer geliebt hatten, aber so offen und für alle sichtbar wurde es, soweit er sich erinnern konnte, doch eher selten gezeigt. Lucius schaute mit beinahe gleichgültigem Gesichtsausdruck zu seiner Frau, aber Draco kannte ihn gut genug, um die tiefe Zuneigung zu erkennen, die in seinem Blick lag.

„Narcissa, Liebes, du willst den Kleinen doch wohl nicht den ganzen Nachmittag mit dir herumtragen, oder?"

„Tu nicht so herablassend, Lucius und gib einfach zu, dass du deinen Enkel haben willst", konterte Narcissa und ging auf ihren Mann zu.

Draco gesellte sich zu Hermine, die sich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen lehnte und das Schauspiel vor ihr begutachtete. „Ich glaube, wir haben für den Rest des Nachmittags kinderfrei", raunte sie ihm zu, was er mit einem zustimmenden Brummen bedachte.

„Es freut mich, dass ihr bei der Wahl des Namens Wert auf Traditionen legt", sagte Narcissa auf einmal.

„Na ja, es hat sich von selbst ergeben. Der Termin wäre ja eigentlich Ende November gewesen, aber anscheinend wollte er unbedingt im Sternzeichen Skorpion geboren werden", erwiderte Hermine achselzuckend.

Draco sah, wie sie schmunzelte. Ihm wäre es egal gewesen, aber sie war es, die auf diese Sternentradition der Blacks bestanden hatte. Sie hatte während ihrer Schwangerschaft dutzende Astronomiebücher gewälzt und nach, ihrer Meinung nach, schönen Namen gesucht. Irgendwann hatte er sie einfach machen lassen.

Als Scorpius leise anfing zu quengeln, fischte Draco ihn sich aus den Armen seiner Mutter, um die Windeln zu wechseln. Er konnte sich immer noch nicht erklären, wie aus einem so kleinen Menschen so viel rauskommen konnte.

Als er wieder im Erdgeschoss ankam, saßen alle bereits am Esstisch und warteten auf ihn, damit sie den Kuchen anschneiden konnten.

Da alle mehr als ein Stück nahmen, konnte Draco davon ausgehen, dass ihm der Kuchen gelungen war.

„Lasst mich raten, das Lob für den Kuchen geht an dich, Draco?" fragte Narcissa, die die Antwort eigentlich schon kannte.

„Du weißt doch, die Küche ist Dracos Territorium", meinte Hermine achselzuckend. „Egal was er zusammenmixt, es schmeckt fast immer köstlich." Sie hatte sich damit abgefunden, dass er etwas besser konnte als sie, auch wenn er wusste, wie sehr sie das wurmte.

„Das ist sicherlich der Instinkt eines Tränkemeisters", warf Narcissa ein.

„Was macht deine Arbeit?", fragte ausgerechnet sein Vater, der keinen Hehl daraus machte, dass er die Arbeit in einer Apotheke für nicht angemessen hielt. Andererseits hielt er eigentlich gar nichts in seinem Leben für einen Malfoy angemessen, weshalb es Draco schlicht nicht interessierte, was er dachte.

„Wir hatten heute einen Termin mit zwei Heilern aus dem St. Mungos. Eigentlich ging es um die weitere Lieferungen von Heiltränken und Gegengifte, aber wie es aussieht, kann ich endlich meine Forschung fortsetzen."

„Geht es um den Wolfsbanntrank, den du verändert hast?", fragte Hermine neugierig.

„Ja genau. Severus' Notizen waren sehr ausführlich und ich bin mir sicher, dass dieser Trank noch wirksamer sein wird als der alte Wolfsbanntrank. Das Ziel ist es, dass dieser Trank nur einmal statt über drei Tage eingenommen werden muss. Das St. Mungos hat sich bereit erklärt, Studien durchführen, um das zu testen."

„Das klingt äußerst spannend", meinte Narcissa, die Draco aufmerksam zugehört hatte, wobei sie ihre Priorität auf andere Informationen legte als es beispielsweise Hermine tat. Sogar Lucius' Blick drückte so etwas wie Anerkennung aus.

„Soweit ich weiß, hat sich Damocles Belby nach Schottland zurückgezogen und lebt in der Grafschaft Ayrshire. Ich bin mir sicher, dass Lucius Kontakt herstellen kann."

„Das ist schon passiert, Mutter, vielen Dank. Ich habe Belby bereits vor drei Jahren kontaktiert", erwiderte Draco, ohne sie anzusehen. „Er war sehr angetan von Severus' Aufzeichnungen und hat mir einige Tipps geben können. Ohne ihn hätte die Weiterentwicklung des Tranks wahrscheinlich um einiges länger gedauert."

Narcissa zog die Augenbrauen hoch und bedachte Draco mit einen anerkennenden Blick. „Es ist eine große Ehre, besonders in jungen Jahren, mit so großen Persönlichkeiten zusammenarbeiten zu können. Ich hoffe, du hältst weiterhin den Kontakt."

„Ja, hin und wieder", murmelte Draco und widmete sich lieber seinem Kaffee statt sich mit seiner Mutter über die Bedeutung einflussreicher Beziehungen zu unterhalten.

„Wie lange arbeitest du denn schon an dem Projekt? Vor drei Jahren müsstest du doch noch mit deinem Studium beschäftigt gewesen sein", warf Lucius ein.

Irrte er sich oder war da so etwas wie Stolz aus Lucius Stimme herauszuhören? Er war sich nicht einmal sicher, ob sein Vater überhaupt noch dazu fähig war, so für ihn zu empfinden.

„Ja, war ich." Dankbar für den Themenwechsel ging Draco direkt darauf ein. „Die Standardtränke haben mich gelangweilt, also habe ich mir was eigenes gesucht. Da Teddy zu dem Zeitpunkt dauernd etwas von Wölfen gebrabbelt hat, war das Thema schnell klar."

„Ja, ich erinnere mich. Da hat Teddy erfahren, dass - wie nannte er es gleich? Dass sein Papa ein Wolf war." Narcissas Blick hatte einen nachdenklichen Ausdruck angenommen und sie schüttelte leicht den Kopf. „Er hat seinen Plüschwolf immer mit Papa angeredet. Andromeda und ich werden nie verstehen, wieso Nymphadora ihm dieses Thema so früh beibringen musste."

„Ein sehr unangemessenes Thema für einen Dreijährigen, da stimme ich dir zu, Liebes", pflichtete Lucius ihr naserümpfend bei.

„Es ist Tonks' Sache, sie wird ihre Gründe gehabt haben", sagte Draco säuerlich. Es war die Sache seiner Cousine, nicht die der restlichen Familie. Immerhin war sie Teddys Mutter. Er sah zu Hermine, konnte aber direkt erkennen, dass er bei ihr keine Unterstützung bekommen würde. Im Stillen war sie derselben Meinung wie seine Eltern.

Die beiden warfen sich einen vielsagenden Blick zu, sagten aber nichts mehr zu dem Thema, worüber Draco mehr als froh war, denn er wollte nicht über Tonks reden, während diese selbst nicht anwesend war. Es kam ihm wie ein Verrat vor, ihre Erziehungsmethoden infrage zu stellen.

Bevor es noch unangenehmer wurde, meldete sich Scorpius, der weinte.

„Ich gehe schon", sagte Hermine, als Draco Anstalten machten, aufzustehen. „Ich vermute, er hat schon wieder Hunger."

Während seine Mutter Hermine ins Wohnzimmer folgte, ließ Draco das Geschirr in die Küche fliegen und zauberte ein paar Haushaltszauber, wodurch sich die Teller in der Spüle selbst abwuschen. Er hörte eine Person hinter sich und drehte sich um, um Hermine wieder aus der Küche zu jagen, hielt dann aber inne, und starrte nicht seiner Freundin, sondern seinem Vater in die Augen.

„Hast du dich verlaufen", rutschte ihm heraus, da er seinen Vater noch nie in der Nähe einer Küche gesehen hatte.

„Als ob man sich in diesem -", er sah sich kurz um, „Haus verirren könnte."

Draco schürzte die Lippen, aber bevor er etwas erwidern konnte, fiel Lucius direkt mit der Tür ins Haus.

„Hast du ihr schon einen Antrag gemacht?"

Draco riss die Augen auf. „Bitte was?"

„Es war eine einfache Frage, muss ich sie wirklich wiederholen?", verlangte Lucius zu wissen.

Draco wurde rot, biss sich auf die Unterlippe. „Ähm. Also..."

„Sehr eloquent, mein Junge."

Was sollte er sagen? ‚Ich würde sie gerne heiraten, aber es ist schon schlimm genug, dass sie für unsere Beziehung verachtet wird und außerdem zuckt sie schrecklich zusammen, wenn jemand denkt, dass wir verheiratet wären.'

„Wir haben nie über das Thema gesprochen", war daher alles, was er entgegnete.

„Es ist schon entwürdigend genug, dass mein Enkelsohn einen Doppelnamen trägt -"

„Hermine ist der Meinung, dass es förderlich für das Ansehen deiner Familie ist, also beschwer' dich nicht, denn du bist derjenige, der davon profitiert!", motzte Draco dazwischen. Wenn es nur nach ihm gegangen wäre, hätte Scorpius auch nur Granger mit Nachnamen heißen können.

„Das ist eure Entscheidung, das hast du in den vergangenen Monaten bereits sehr deutlich gemacht." Lucius war erstaunlich ruhig, als er das sagte, also ließ Draco ihn weiterreden. „Wie dem auch sei, eure Lebenssituation ist absolut inakzeptabel."

Draco atmete hörbar ein und ballte die Hände zu Fäusten, aber Lucius redete einfach weiter.

„Schlimmer als eine Muggelgeborene in der Familie ist ein unehrenhafter Sohn, der eine so intelligente Frau mit ihrem gemeinsamen Kind in unsicheren Verhältnissen leben lässt."

„Du verdammter -" Draco atmete immer noch schwer und schüttelte sich. „Du ... Was?"

„Seit wann bist du so schwer von Begriff, Junge?", stöhnte Lucius. „Mach das Mädchen endlich zu deiner Ehefrau, bevor ihr Ruf vollkommen ruiniert ist."

Draco blinzelte und versuchte irgendeinen Sinn in den Sätzen seines Vaters zu finden. „Du störst dich also nicht nur daran, dass sie eine Muggelgeborene ist, sondern auch, dass wir nicht verheiratet sind?"

„Ich störe mich daran, dass du anscheinend nicht gedenkst, die Mutter unseres Enkels endlich offiziell zu einem Familienmitglied zu machen."

Da Draco stumm blieb und ihn einfach nur anstarrte, griff Lucius in die Tasche seiner Robe und holte ein kleines Kästchen hervor, das er Draco reichte, welcher es in seinen Fingern hin und her drehte, ehe er es öffnete. Auch wenn er beim Anblick des Kästchen bereits eine Ahnung gehabt hatte, überforderte es dennoch zu sehen, dass diese richtig gewesen war. Es war ein schmaler Ring aus Weißgold, in dessen Mitte neun kleine Diamanten eingearbeitet waren. Er war wertvoll, aber dennoch nicht protzig, sondern für Reinblüterverhältnisse sehr schlicht gehalten.

„Das ist der Verlobungsring deiner Mutter."

Das wusste er.

„Er ziert seit drei Generationen die Hand der Malfoyfrauen und du weißt, dass ich Wert auf Traditionen lege."

„Aber -" Draco hasste diese Sprachlosigkeit. Genau wie er die unverschämte Art und Weise seine Vaters hasste.

„Mach sie endlich zu deiner Frau", forderte Lucius, ehe er seinen Sohn einfach stehen ließ und ins Wohnzimmer zurückkehrte.

Er wusste nicht, wie lange er in seiner Starre verharrt hatte, bis er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Er zuckte zusammen, klappte das Kästchen zu und versteckte es hastig hinter seinem Rücken.

Glücklicherweise war es nicht Hermine, sondern seine Mutter, die vor ihm stand.

„Wie ich sehe, hast du endlich den Ring bekommen. Das wurde ja auch Zeit, ich habe ihm schon vor drei Monaten gesagt, dass er ihn dir geben soll."

„Also war es deine Idee?"

Narcissa schmunzelte. „Es war unsere Idee, wenn du es genau wissen willst."

„Aber er hat -"

„Er hat eine unbehobelte und unverschämte Art und Weise, dir zu sagen, dass er Hermine -" Es klang immer noch seltsam, wenn seine Mutter ihren Vornamen benutzte. „als Schwiegertochter akzeptiert hat und er außerdem sehr stolz auf dich ist, dass du es so weit gebracht hast."

„Ist das so?"

„Du hättest das da", sie deutete auf das Kästchen, „nicht in der Hand, wenn es nicht so wäre."

„Kann er sich nicht einmal klar ausdrücken?"

„Dein Vater kann sehr charmant sein, wenn er das will."

„Schade, dass ich den Willen bisher immer verpasst habe. Ich will gar nicht wissen, wie er sich ausgedrückt hat, als er dir den Antrag gemacht hat."

„Oh, du solltest ihn fragen, vielleicht findest du ein bisschen Inspiration."

Als Antwort verzog Draco das Gesicht zu einer leidenden Grimasse. Es gab gerade nichts, was er weniger tun wollte.

„Und was ist, wenn sie mich nicht heiraten will?" Er sprach leise, aber seine Mutter verstand ihn trotzdem.

„Ihr liebt euch, dass kann niemand bestreiten, der euch zusammen sieht." Sie legte ihre Hand an seine Wange. „Fühl dich nicht unter Druck gesetzt, aber lass dir nicht zu lange Zeit. Ich glaube, sie ist traditioneller als du denkst. Und jetzt komm, wir wollen unser Glück nicht überstrapazieren und die beiden zu lange alleine in einem Raum lassen."

„Ich bin gleich da. Ich denke, ich sollte den hier wohl erst schnell verstecken." Damit ließ er sie stehen und lief in den Keller, wo er sich ein kleines Labor eingerichtet hatte. Er versteckte den Ring in der Schublade seines Schreibtisches. Hermine war fast nie hier, also sollte es ein sicheres Versteck sein, bis er wusste, wie und wann er ihr einen Antrag machen sollte. Oder ob er es machen sollte.

Er seufzte. Die Besuche seiner Eltern liefen mittlerweile ganz gut, das musste er zugeben, Auch wenn er nie damit gerechnet hätte, hatte Hermine ihren Willen bekommen und sie waren sie wieder ein Teil seines Lebens.

Allerdings graute es ihm schon vor dem nächsten Wochenende, denn da hatten sie sowohl seine als auch Hermines Eltern eingeladen. Das würde für ordentlich Zündstoff sorgen und er hoffte inständig, dass es einigermaßen zivilisiert zugehen würde. Vielleicht sollte er Tonks oder Blaise bitten, irgendeinen Zwischenfall zu inszenieren, damit er beide Parteien rausschmeißen konnte, wenn es eskalieren sollte.

Langsam ging er wieder ins Wohnzimmer, von dessen Tür aus er Hermine und seine Eltern auf den Sofas sitzend und sogar miteinander reden sah. Genau genommen waren es Narcissa und Hermine, die redeten. Lucius hatte Scorpius auf dem Arm und schaute, ganz der stolze Großvater, auf das schlafende Baby.

Vielleicht war ja doch alles einfacher, als er es sich immer ausmalte.

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