Der Buchladen im Ligusterweg

By Pheephy

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Im Ligusterweg gibt es einen Buchladen. Harry war nie drin, das hat ihm Tante Petunia verboten, aber er weiß... More

Vorstellung des Diebesguts
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EPILOG
BONUS
1 - Was hältst du von einem Date?
2 - Wie die Mutter so der Sohn

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By Pheephy

Jerry hatte in seiner bewussten Erinnerung noch nie ein Baby gesehen. Das führte dazu, dass er fürchterliche Angst hatte, etwas an Julie kaputt zu machen, weshalb er einen Sicherheitsabstand von einem Meter zu ihr hielt, als Remus sie aus ihrem Bett holte und die beiden im Wohnzimmer miteinander vertraut machte. 

Julie hingegen war fest davon überzeugt, dass von Jerry auf den Arm genommen zu werden ihre aktuelle Mission war und wann immer er ihr auswich, folgte sie ihm vehement. 

Mary hatte das Ganze fünf Minuten grinsend beobachtet, dann fiel ihr und Remus schlagartig ein, dass die Mittagspause des Buchladens bereits seit zehn Minuten eigentlich zu Ende war und sie machte sich wieder auf den Weg nach unten, um wieder aufzuschließen (nachdem sie gegen Remus im Schnick Schnack Schnuck verloren hatte, wer das Wohnzimmer verlassen musste). 

Remus gab sich alle Mühe, seine Tochter ein wenig zu bändigen und gleichzeitig Jerry zu überzeugen, dass das knapp einjährige Kind gut auf sich selbst aufpassen konnte.  

Schließlich hatte Julie Jerry wortwörtlich in eine Ecke gedrängt, saß vor ihm auf dem Fußboden und starrte ihn intensiv an. Seine Augen huschten zwischen ihr und Remus hin und her und Remus nickte aufmunternd, während er gleichzeitig ein Auge darauf hatte, einzugreifen, falls einer der beiden wirklich in eine Situation geriet, die ihn überforderte. 

Wie in Zeitlupe ging Jerry in die Hocke, bis er beinahe mit Julie auf Augenhöhe war, bevor er ihr die Hand entgegenstreckte, als wäre sie eine erwachsene Person von höherem Rang als er selbst. Sie zögerte keine Sekunde und schnappte sich seinen Zeigefinger mit beiden Händen, bevor sie wild damit durch die Luft wedelte. Ein riesiges Grinsen erschien wieder auf dem Gesicht des Teenagers. Remus war sich inzwischen sicher, dass Jerry nur breit grinsen oder verwirrt schauen konnte - ohne irgendwelche Zwischenstufen. 

Einige Momente beobachtete er die beiden fasziniert, die jetzt wo Jerry sich zur Kommunikation überwunden hatte, vollkommen in ihrer eigenen Welt waren. 

"Ich sollte wieder runter in den Laden", sagte er dann vorsichtig. "Wollt ihr beide mitkommen?" 

Es war eine Frage, die sich mehr an Jerry richtete als an Julie. Sie hatte keine Wahl, sie konnte unten entscheiden, ob sie in ihr Spielzimmer gehen oder im Laden bleiben wollte. Oben in der Wohnung war unbeaufsichtigt keine Möglichkeit für sie, außer sie schlief, dann konnte sie aber auch keinen Unfug anstellen und Remus hatte immer ein halbes Ohr darauf, ob sie wieder wach wurde. Übermenschliches Gehör hatte auch seine Vorteile. 

Jerry nickte und Julie auch, allerdings vermutlich vor allem, um ihren neuen Lieblingsmenschen nachzuahmen. (Das war kein besonders schwer zu erreichender Titel, wenn Remus ehrlich war - jeder Mensch, der sich mit ihr beschäftigte, war Julies Lieblingsmensch.)

"Möchtest du sie nehmen?", schlug er vor. Wieder flackerte die Unsicherheit in Jerrys Augen, aber er nickte vorsichtig. Remus zeigte ihm, wie man unter ihre Arme greifen musste, um sie hochzunehmen und wie man sie festhielt, wenn man sie einmal oben hatte. Jerry stellte sich gar nicht schlecht an und starrte Julie in die Augen, als wäre sie das faszinierendste, was er in seinem Leben je gesehen hatte. 

"Sie riecht gut", sagte er leise. Remus schmunzelte und nickte, bevor er auf die Wohnungstür deutete. Jerry setzte sich in Bewegung und Julie quietschte begeistert, bevor sie beide Hände in Jerrys halblangen, dicken und ziemlich verfilzten Haaren versenkte. Es ziepte ganz offensichtlich, das konnte Remus auf Jerrys Gesicht sehen, aber der Jugendliche sagte nichts, wirkte im Gegenteil immer noch völlig hingerissen von dem kleinen Mädchen auf seinem Arm. 

"Möchtest du die Haare lang behalten?", fragte Remus, während sie langsam die Treppe nach unten stapften. "Oder lieber abschneiden?"

Jerry zögerte, wirkte einen Moment wie eingefroren, setzte mehrfach an, etwas zu sagen, bevor Remus ihm sanft eine Hand auf den Arm legte. 

"Kein Druck, du musst dich nicht jetzt entscheiden", sagte er ruhig. "Du kannst es auch erstmal so lassen. Oder bei der Länge bleiben und nur ein bisschen Ordnung schaffen." 

Jerry nickte, und obwohl Remus nicht so genau wusste, zu welchem Vorschlag das Nicken gemeint war, fragte er nicht noch einmal nach. Auf einer gedanklichen Liste notierte er sich, dass Entscheidungen fällen nicht zu Jerrys Stärken gehörte. Das war in Ordnung, Sirius hatte das in der Schulzeit auch gehasst wie die Pest und Remus hatte sicher noch ein paar Kniffe im Hinterkopf, wie man diese Schwierigkeiten umgehen konnte. 

Sie kamen im Erdgeschoss an, Remus warf Jerry einen letzten fragenden Blick zu und er hatte das Gefühl, dass er Julie ein wenig enger an sich zog, bevor er nickte. Kurz musste Remus blinzeln, denn für einen Augenblick sah er nicht Jerry und Julie, sondern Sirius und Harry und wie sein Mann sein Patenkind auch immer fester in den Arm genommen hatte, wenn er Angst hatte oder wütend oder nervös war. Dann öffnete er die Tür zum Buchladen. 

Darin war übliches Geschäft: Mary stand hinter dem Verkaufstresen und tippte gerade den Preis für ein Kochbuch der mediterranen Küche in die kleine Kasse ein, während die ältere Dame, die es kaufte, vor ihr stand und aufgeregt berichtete, welche Rezepte sie zuerst ausprobieren wollte. Eines musste man Mary lassen: ihr Service war einwandfrei. Hätte Remus nicht gewusst, dass sie weder für Bücher noch fürs Kochen viel übrig hatte - er wäre nie darauf gekommen. Mary hob die Hand als sie Remus, Jerry und Julie sah, die den Laden betraten. Kaum dass die Kundin mit ihrem Kochbuch den Laden verlassen hatte, zwinkerte sie Jerry zu. 

"Magst du Bücher, Jerry?"

Er strahlte und nickte. 

"Ich liebe Bücher!", erklärte er. "Hab noch nie eins gelesen, aber sie sin' super." Sein Blick fuhr langsam über die Buchrücken im Regal neben ihm und er nahm eine Hand von Julies Rücken, um eines davon herauszuziehen. "Worum geht's in dem hier?" 

"Das ist ein Reiseführer für Wales", erklärte Remus. Jerry schlug ihn auf, soweit das mit einer Hand ging, schaute sich ein paar Seiten an und stellte es dann zurück, sorgfältig, dass es nicht überstand, bevor er zwei Regale weiter ging und zu einem anderen griff. 

"Un' das hier?" 

"Ein Notizbuch, es ist leer, man kann seine eigenen Ideen reinschreiben." Remus deutete auf einige Regale auf der anderen Seite des Raumes. "Da drüben sind Romane, wenn dich die mehr interessieren." Dann fiel ihm etwas noch besseres ein. "Und wenn du einen Raum weiter gehst, ist da ein Regal mit Comics." 

Jerrys Augen leuchteten als er sich umsah. 

"Ich will nie wieder aus diesem Laden raus", sagte er leise und Remus war sich nicht sicher, ob es für Marys und seine Ohren bestimmt gewesen war. Mary lachte leise in sich hinein. 

"Vielleicht können wir dich einfach als Lehrling aufnehmen und dann übernimmst du meine Stelle", schlug sie vor. Sie sagte es mit einem Augenzwinkern, aber Remus kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie es als echte Möglichkeit in Betracht zog. Nicht sofort, natürlich, Jerry war erst dreizehn Jahre alt, ein bisschen Schule stand ihm noch bevor. Aber vielleicht irgendwann...?

Die Ladenglocke riss sie alle aus dem Moment und vier Köpfe drehten sich zur Tür um. Taneesha Reza und ihre älteste Tochter Triveni kamen herein, beide etwas außer Atem. 

"Remus, bitte sag, dass du Das Bild von Dorian Grey da hast", sagte Taneesha ohne eine formelle Begrüßung. "Triv schreibt gleich eine Arbeit dazu und sie hat ihres verloren." 

"Ich hab es nicht verloren!", protestierte Triv laut. Remus ging in den Nebenraum, wo die Klassiker standen, hörte aber deutlich: "Ich sag doch, Jhalak hat es geklaut und angekokelt."

Remus konnte förmlich hören, wie Taneesha die Augen verdrehte. 

"Warum sollte deine Schwester so etwas tun?", seufzte sie. 

"Weil sie blöd ist", brummte Triv und Remus grinste, als er das gewünschte Buch fand und aus dem Regal zog. Als er den Verkaufsraum wieder betrat, musterte Triv gerade Jerry von oben bis unten. Auch er hatte seine Augen fest auf sie fixiert, musterte ihre langen Haare, die bunten Klamotten, die sie trug und das knallige Make-up auf ihrem Gesicht, das wirklich nur genauso gut war, wie es bei dreizehnjährigen Mädchen in der aktuellen Mode von 1983 eben sein konnte. 

"Mama, wer ist das?", wisperte sie dann leise. Taneesha warf ihr einen amüsiert-hilflosen Blick zu, dann zuckte sie mit den Schultern. 

"Das weiß ich auch nicht", erwiderte sie. "Du könntest ja höflich fragen, wenn du neugierig bist." 

Jerry schien überhaupt nicht glücklich mit der Aufmerksamkeit, die auf ihm lag und versuchte, sich hinter Julie zu verstecken, was vor allem daran scheiterte, dass er ein überdurchschnittlich großer Dreizehnjähriger und sie elf Monate alt war. 

"Das ist Jerry", entschloss sich Mary anscheinend, beide Teenager aus ihrer misslichen Lage zu befreien, "Remus' Neffe. Er wohnt eine Weile bei uns." 

Jerry und Remus sahen sie beide etwas überrascht an, entschieden dann aber zeitgleich, dass es vermutlich die einfachste Geschichte war, die sie sich hätten ausdenken können. Es erklärte den gleichen Nachnamen (den Jerry ihnen ja schaffen wollte), die Tatsache, dass sie beide überdurchschnittlich groß waren (die zwar nicht auf Genetik, sondern auf geteilte Spezies zurückzuführen war, aber das wusste ja niemand) und es kostete nicht viel zusätzlichen Aufwand, sich etwas zu überlegen, warum er bei ihnen einzog. 

Taneesha lächelte breit und stupste ihre Tochter an. 

"Na sieh mal einer an, doch noch jemand in deinem Alter hier." Dann fiel ihr Blick auf das Buch in Remus' Hand und sie atmete erleichtert auf. "Sehr gut, dann könnte diese Arbeit ja doch noch nicht zum Scheitern verurteilt sein. Triv, beeil dich, wieder in die Schule zu kommen!" 

Remus hielt dem Mädchen das Buch hin, die wenig enthusiastisch danach griff und dann mit einem letzten neugierigen Blick zu Jerry den Laden verließ. Taneesha schüttelte ein wenig verzweifelt den Kopf. 

"Dieses Mädchen bringt mich noch ins Grab", prophezeite sie mit einem Schmunzeln. "Und ich hab noch drei mehr!" Sie legte Mary eine Hand auf den Arm. "Kinder, ihr wisst ja gar nicht, wie sehr ich mich darauf freue, nicht mehr die einzige zu sein, die einen Teenager hat." Sie zwinkerte und zückte ihre Geldbörse. "So, wie viel schulde ich euch für das Buch?"

Einen schönen Samstag wünsche ich allen - ein bisschen ein Übergangskapitel, das gebe ich zu, aber auch die braucht es ja gelegentlich :) Bis Dienstag!

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