Wenn Sonne und Regen aufeinan...

By _Silencia_

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Mabel Blossom und Lee Parker - Wenn Sonne und Regen aufeinandertreffen. Mabel ist wortwörtlich ein Sonnensche... More

- Vorwort -
- Prolog -
1 - Die Dramaqueen und der Schummler
2 - Besuch von der Ex Freundin
3 - ‚Welcome home'
4 - Badespaß um Mitternacht
6 - Zwischen leuchtenden Lichtern
7 - Die Fahrradpanne
8 - Geburtstagskind
9 - Wahl, Wahrheit oder Pflicht
10 - Umgeben von Betrunkenen
11 - Die Angst des Alleinseins
12 - Für immer?
13 - Zu wenig Zeit zu zweit
14 - Gespräch unter Cousins
15 - Liebende Herzen
16 - Das Kinodesaster
17 - Auseinandersetzung mit Folgen
18 - Der Schmerz einer Beziehung
19 - Wenn die Fäuste fliegen
20 - Worte aus Gift
21 - Im Regen tanzen
22 - Versuchung in der Abstellkammer
23 - Fußball und Eis
24 - Betrunken
25 - Tränen für Rave
26 - Schlechtes Kuss-Timing
27 - Vom Lieben und Verzeihen
28 - Die Wahrheit
29 - Chaos der Gefühle
30 - Umhüllt von Lust und Leidenschaft
31 - Herz oder Kopf?
32 - Eine ungute Vermutung
33 - Unfall in der Eishalle
34 - „Entscheide dich!"
35 - Liebe für die Ewigkeit
36 - Provokationen auf höchstem Niveau
37 - Auf dem Boden der Tatsachen
38 - „Ich liebe dich"
39 - Für immer und länger
- Epilog -
- Nachwort -

5 - Vom Pommesstand zum Handstand

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By _Silencia_

Mabels POV

Endlich ist es wieder soweit: Rave nimmt an einem Schwimmwettkampf teil.

Anders als sonst sitze ich jedoch nicht allein auf der Tribüne, denn dieses Mal leistet mir Lee Gesellschaft.

Während er und Rave in der vergangenen Woche viel Zeit gemeinsam verbracht haben, musste ich meine Hausarbeit für die Uni fertigstellen. Dementsprechend ist es heute erst das zweite Mal, dass ich Lee gegenüberstehe.

Leider bringen mich seine karamellbraunen Augen immer noch so sehr aus dem Konzept, wie am letzten Wochenende.

Warum müssen sie auch so schön sein und wie kleine Sterne funkeln?

Da ich merke, wie ich mich in den Augen meines Gegenübers verliere, lenke ich mich ab, indem ich Lee frage: „Wie war deine erste Woche hier in Princeton? Haben du und Rave viel zusammen erlebt?"

Bei meiner Frage schleicht sich ein verschmitztes Grinsen auf seine Lippen. „Rave und ich haben jeden Abend für seinen Schwimmwettkampf trainiert", erzählt Lee stolz. „Er wird heute unschlagbar sein."

„Ach ja?", hake ich bloß mit gerunzelter Stirn nach. „Soweit ich weiß, hat das Schwimmbad aber immer nur bis siebzehn Uhr geöffnet."

„Ich rede auch nicht davon, dass wir im Schwimmbad trainiert haben", erwidert Lee daraufhin verschwörerisch.

„Wo denn dann?"

„Tut mir leid, aber das ist eine streng vertrauliche Information."

Während Lee einen gespielt unschuldigen Blick aufsetzt, verdrehe ich seufzend meine Augen. Am liebsten würde ich ihn weiterhin darüber ausquetschen, wo er und Rave schwimmen gegangen sind, doch Lees Gesichtsausdruck verrät mir, dass er wie ein Grab schweigen wird.

Na toll. Anscheinend sind die beiden Jungs schon nach dieser kurzen Zeit ein eingeschworenes Team, das sich gegen mich verbündet, geworden.

„Jetzt schau doch nicht so grimmig", macht sich der Blondschopf über mich lustig, als er mir vorsichtig in die Seite piekt. „Das ist nämlich eigentlich mein Job."

Ohne es verhindern zu können, heben sich meine Mundwinkel zu einem zögerlichen Lächeln an. Das ist vermutlich auch der Grund, weshalb Lee euphorisch in die Hände klatscht und beteuert: „Viel besser!" Kurz starrt er noch auf meine Lippen, ehe er hinzufügt: „Aber noch nicht perfekt. Ich kann sehen, dass dein Lächeln nur zum Teil echt ist. Es erreicht nämlich nicht deine Augen."

Es überrascht mich, dass Lee diese Tatsache bemerkt. Normalerweise kann ich jeden Menschen mit meinem aufgesetzten Lächeln täuschen – selbst Rave.

Da mich Lee jedoch durchschaut hat, nutze ich das zu meinem eigenen Vorteil aus. Also säusele ich mit meiner besten Sing-Sang-Stimme: „Perfekt wird mein Lächeln nur, wenn du mir eine Pommes kaufst."

„Okay", stimmt mein Gegenüber sofort zu.

Ein wenig überrumpelt von seiner schnellen Antwort erhebe ich mich von meinem Sitzplatz und verlasse dann mit Lee an meiner Seite die Tribüne. Gemeinsam bahnen wir uns einen Weg zu dem Pommesstand, der auf dem Parkplatz vor der Schwimmhalle aufgebaut wurde, und reihen uns dort in der Warteschlange ein.

Tatsächlich spielt Lee den Gentleman und zahlt trotz Protesten meinerseits die Pommes. „Dafür musst du mir jetzt aber dein echtes Lächeln zeigen", stellt er seine Forderung. Um diesen Prozess zu beschleunigen, zieht er alberne Grimassen, die mich dazu veranlassen, lauthals loszulachen.

Lee ist heute gar nicht wiederzuerkennen.

Während er sich am vergangenen Wochenende noch mit Clint Parker verglichen hat, strahlt er heute beinahe mit der Sonne um die Wette. Diese Gelassenheit und sein freches Grinsen stehen ihm perfekt.

„Sehr schön", reißt mich der Junge, um den meine Gedanken derzeit kreisen, in die Realität zurück. „Mit diesem Lachen hast du dir die Pommes auf jeden Fall verdient."

Daraufhin geht Lee auf die Knie und hält mir die Pommes wie bei einem Heiratsantrag entgegen.

Auch wenn er bloß versucht witzig zu sein, zieht sich ein roter Schimmer über meine Wangen, da er mich mit dieser Geste ganz verlegen macht.

Um meine Unsicherheit irgendwie zu überspielen, nehme ich Lee das Schälchen Pommes ab und setze mich damit auf den Boden. Dann sage ich ehrlich: „Danke nochmal für die Pommes. Es wäre aber wirklich nicht nötig gewesen, dass du zahlst."

Sofort macht Lee eine wegwerfende Handbewegung, bevor er sich neben mir niederlässt. „Ich habe mal gehört, dass Studenten arm sein sollen. Deshalb dachte ich, dass ich dir finanziell etwas unter die Arme greife", zwinkert er mir zu.

Am liebsten würde ich etwas Schlagfertiges darauf erwidern, aber da mir leider kein Konter einfällt, verdrehe ich bloß die Augen.

Die nächsten fünf Minuten sind in ein angenehmes Schweigen gehüllt. Ich esse meine Pommes und Lee beobachtet aufmerksam die Menschen um uns herum.

Plötzlich möchte der Blondschopf völlig aus dem Zusammenhang gerissen wissen: „Kannst du eigentlich einen Handstand, Mabel?"

Glücklicherweise ist die letzte Pommes gerade in meinem Magen angekommen, denn sonst hätte ich mich sicherlich daran verschluckt. „Einen Handstand?", wiederhole ich misstrauisch. „Sehe ich etwa so sportlich aus?"

„Na ja", kratzt sich Lee verlegen am Hinterkopf. „Deine Figur lässt eigentlich schon darauf schließen, dass du sportlich bist."

Erneut färben sich meine Wangen dunkelrot. Vermutlich ist es gar nicht Lees Absicht, doch seine Worte bringen mich in Verlegenheit. Bisher hat mir immer nur Rave Komplimente gemacht, weshalb es ungewohnt ist, auf einmal von einem anderen Jungen nette Dinge gesagt zu bekommen.

„Bei unserem Schwimmtraining haben Rave und ich einen Handstand geübt", fährt der Braunäugige glücklicherweise fort, nachdem ich nichts auf sein Kompliment erwidere. „Erst im Wasser, aber später auch an Land. Im Wasser war das gar kein Problem für uns beide, doch auf dem Rasen sind wir immer wieder umgefallen. Deshalb interessiert es mich, ob du talentierter bist als wir."

In diesem Moment nehme ich mir vor, Rave später zu fragen, was genau er und Lee in der vergangenen Woche so getrieben haben. Normal ist es jedenfalls nicht, dass die beiden einen Handstand geübt haben, oder?

„Als ich noch klein war, war ich mal für drei Monate im Turnverein", teile ich schließlich eine Erinnerung aus meiner Kindheit mit Lee. „Damals konnte ich einen Handstand, aber ob ich das heute auch noch kann, weiß ich nicht."

„Möchtest du es probieren?" Erwartungsvoll schaut der Blondschopf erst mich und dann die Wiese hinter dem Pommesstand an. „Ich brauche eine Trainerin, die mir einen Handstand beibringen kann. Nach den Sommerferien fangen wir nämlich mit Turnen im Sportunterricht an."

Plötzlich ergibt es auch einen Sinn, warum er und Rave einen Handstand geübt haben. Wenn Lee das für die Schule können muss, ist es gar nicht mal verkehrt, dafür zu üben.

Was ein Glück, dass ich mich nie wieder durch den Sportunterricht in der Schule quälen muss.

„Mabel?" Sobald Lees Stimme ertönt, zucke ich kurz zusammen. Dann stammele ich peinlich berührt: „Äh ja, ich kann es ja mal versuchen."

Netterweise hilft mir der Braunäugige auf die Beine, ehe wir die kleine Rasenfläche ansteuern. Gott sei Dank stehen nur wenige Menschen vor dem Pommesstand, sodass ich nicht allzu viele Zuschauer haben werde.

„Falls ich mir gleich alle Knochen brechen sollte, ist das deine Schuld, Lee", murmele ich gespielt anklagend. Dann atme ich noch einmal tief durch und setze schließlich zum Handstand an. Da ich jedoch viel zu wenig Schwung nehme, falle ich sofort wieder auf meine Füße zurück.

Irgendwie habe ich einen Handstand einfacher in Erinnerung.

„Nochmal", lache ich über meinen kläglichen ersten Versuch. Auch Lee muss schmunzeln, wirft mir aber gleichzeitig einen aufmunternden Blick zu. „Du schaffst das, Mabel."

Tatsächlich motivieren mich seine Worte so sehr, dass ich im nächsten Anlauf für zwei Sekunden im Handstand stehen bleiben kann. Dann kippe ich jedoch unkontrolliert zur Seite und reiße Lee somit mit mir zu Boden.

Als wir auf dem weichen Rasen landen, schauen wir uns erst perplex in die Augen, ehe wir schallend loslachen müssen.

„Oh Gott!", pruste ich amüsiert, während ich mir eine Lachträne von der Wange streiche. „Ich habe dich ja voll abgeräumt."

„Oh ja, das hast du", bestätigt Lee grinsend. „Jetzt, wo wir wieder am Boden der Tatsachen angekommen sind, kann ich dir ja auch etwas verraten, oder?"

Sofort klingt unser Lachen ab, stattdessen macht sich das Gefühl der Neugierde in mir breit. „Klar, schieß los", fordere ich meinen Gegenüber auf.

Kurz hält er inne, um etwas mehr Dramatik zu erzeugen, bevor er gesteht: „Eigentlich brauche ich gar keine Trainerin für den Handstand, da wir in der Schule nicht turnen werden. Ich wollte nur gucken, ob du genauso unfähig wie Rave und ich bist."

Während Lee leise kichert, plustere ich empört die Wangen auf. „Ich habe mich also umsonst zum Affen gemacht?", vergewissere ich mich.

„Korrekt. Schade nur, dass Rave das nicht sehen konnte."

Alles andere als begeistert schiebe ich Lees Bein von meinem Bauch runter, um mich von dem Rasen erheben zu können. Dann strecke ich dem Blondschopf gespielt hilfsbereit meine Hand entgegen. Sobald er diese ergreift, lasse ich ihn jedoch wieder los, sodass Lee rücklings ins Gras fällt.

„Sorry, aber das hast du verdient", grinse ich ihn triumphierend an.

„Vermutlich", erwidert Lee meine Schadenfreude, während er sich selbstständig vom Boden erhebt. Die gehobenen Mundwinkel fallen allerdings schneller wieder nach unten, als mir lieb ist. „Oh verdammt!", flucht der Blondschopf plötzlich leise.

Im ersten Moment verstehe ich nicht, warum er auf einmal so entsetzt aussieht, doch als sich wenig später ein bekanntes Gesicht in mein Blickfeld schiebt, stoße auch ich einen erstickten Laut aus.

Rave kommt in genau dieser Sekunde mit langsamen Schritten auf uns zu. Außer seiner nassen Badehose trägt er nur noch Flip Flops.

„Rave!" Ohne zu zögern laufe ich meinem Freund entgegen und möchte ihn umarmen, doch er drückt mich enttäuscht von sich weg. Stattdessen murmelt er emotionslos: „Hier seid ihr zwei also gewesen."

Das ist der Augenblick, in dem sich meine schlimmste Befürchtung bewahrheitet: Lee und ich haben Raves Wettkampf verpasst. Während wir eigentlich in der Schwimmhalle sitzen und meinen Freund anfeuern sollten, haben wir unsere Zeit mit Pommes essen und Handstand üben verschwendet.

So eine Scheiße!

„Ich... Es tut mir leid, Rave!", entschuldige ich mich sofort bei dem Lockenkopf. Erneut versuche ich meine Arme um ihn zu legen, doch auch dieses Mal hält mich mein Gegenüber auf Abstand.

Es zerreißt mir das Herz, Rave so niedergeschlagen und enttäuscht zu sehen. Noch schlimmer ist allerdings die Tatsache, dass ich Schuld an seinem Schmerz trage.

Wie konnte ich bloß seinen Wettkampf verpassen? Ich bin die schlechteste Freundin aller Zeiten!

„Hör mir zu, Schatz", versuche ich noch einmal Schadensbegrenzung zu betreiben. „Es war wirklich nicht meine Absicht, deinen Start zu verpassen. Du weißt, dass ich dein größter Fan bin, oder? Ich habe echt keine Ahnung, wie das passieren konnte!"

Da Rave nichts auf meine Worte erwidert, bilden sich die ersten Tränen in meinen Augen.

Ich kann verstehen, dass er verletzt ist, aber deshalb wird er mich nicht verlassen, oder?

„Es war meine Schuld", meldet sich plötzlich Lee zu Wort. Um ehrlich zu sein habe ich gar nicht bemerkt, dass er mir gefolgt ist. „Ich habe Mabel davon erzählt, dass wir in der letzten Woche öfter einen Handstand ausprobiert haben, und sie dann dazu gedrängt, es ebenfalls zu versuchen. Mabel trifft also keine Schuld."

Vermutlich sollte ich Lee jetzt einen dankbaren Blick zuwerfen, aber stattdessen fokussiere ich meinen Freund. Dann wiederhole ich mich leise: „Es tut mir wirklich leid, Rave. Das hätte nicht passieren dürfen." Im Einklang mit meinem letzten Wort kullert eine Träne über meine Wange.

Sobald Rave die winzige Glasperle sieht, wischt er sie mir behutsam mit dem Daumen von der Haut und platziert danach einen federleichten Kuss auf meiner Stirn.

„Schon gut", verzeiht er mir. „Ich wurde sowieso disqualifiziert."

„Was?", entfährt es mir sofort schockiert. „Warum?"

Seit fünf Jahren begleite ich Rave zu seinen Wettkämpfen und noch nie wurde er disqualifiziert. Hat ihn meine Abwesenheit etwa so sehr aus dem Konzept gebracht? Automatisch gewinnt mein schlechtes Gewissen an Größe, da ich nicht für ihn da war.

„Hab' zweimal einen Fehlstart gemacht", zuckt mein Freund unbeteiligt mit den Schultern.

Da ich seinen traurigen Gesichtsausdruck nicht länger ertrage, verschränke ich meine Arme in seinem Nacken und verbinde gleich darauf unsere Lippen zu einem sanften Kuss.

Tatsächlich merke ich, wie so langsam die Anspannung von Rave abfällt und er sich wieder entspannt.

Als wir uns aus unserem Kuss lösen, versucht Lee die Situation nochmal ein bisschen aufzuheitern, indem er feixt: „Vielleicht waren unsere nächtlichen Schwimmausflüge doch eher kontraproduktiv." Kaum hat er das gesagt, bildet sich ein minimales Grinsen auf Raves Gesicht.

Am liebsten würde ich erneut nachhaken, wo die beiden Jungs ihre Abende verbracht haben, doch ich belasse es vorerst dabei.

Für heute ist schließlich genug passiert.

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