6 - Zwischen leuchtenden Lichtern

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Lees POV

Ich bin erleichtert, dass Rave Mabel und mir vergeben hat.

Zwar habe ich extra dafür gesorgt, dass wir seinen Wettkampf verpassen, doch als ich die Schuldgefühle und die Tränen in Mabels Gesicht gesehen habe, habe ich meine Tat sofort bereut.

Eigentlich wollte ich der grünäugigen Schönheit nur ein bisschen auf den Zahn fühlen und schauen, wie sie wirklich tickt, aber das war anscheinend gar nicht nötig.

Mabel ist nicht wie Lily.

Sie ist offen, ehrlich, empathisch und für jede dumme Idee zu begeistern. Außerdem scheint sie Rave wirklich zu lieben. Das hat mir jedenfalls ihre Reaktion nach dem verpassten Schwimmwettkampf verraten.

Mabel ist ein guter Mensch. Ich muss Rave nicht vor ihr beschützen.

„Warum bist du denn so still, Lee?", wendet sich mein Cousin in genau diesem Moment an mich. Obwohl ich seinen neugierigen Blick deutlich auf mir spüren kann, wage ich es nicht, meinen Kopf zu ihm zu drehen, denn mein schlechtes Gewissen ihm gegenüber bringt mich beinahe um.

Nur weil ich selbst schlechte Erfahrungen mit der Liebe gemacht habe, bin ich automatisch davon ausgegangen, dass Mabel ebenso wie Lily keine ernsten Absichten verfolgen könnte.

Ich wollte meinen Cousin vor einem gebrochenen Herzen bewahren, nicht aber der Grund dafür sein, warum er enttäuscht ist.

Ich muss endlich verstehen, dass andere Menschen nicht so viel Pech haben und lediglich mein eigenes Leben so verkorkst ist.

„Ach, ich genieße einfach nur die Natur", antworte ich schließlich mit einer Lüge auf Raves Frage.

Nach seinem Schwimmwettkampf haben er und Mabel ein wenig Zweisamkeit gebraucht – vermutlich, um sich noch einmal auszusprechen – wohingegen ich gemeinsam mit meiner Mutter die Innenstadt von Princeton unsicher gemacht habe.

Jetzt gerade, wo die Sonne so langsam hinter dem Horizont verschwindet, schlendern Mabel, Rave und ich zusammen durch einen Wald. Angeblich soll es hier irgendwo einen magischen Ort geben, den mir die beiden unbedingt zeigen möchten.

Auch wenn ich dankbar bin, dass sie so viel Zeit mit mir verbringen, fühle ich mich ein wenig fehl am Platz. Meinetwegen verzichten sie nämlich auf ihre eigenen Bedürfnisse und nehmen dauernd Rücksicht darauf, mich in ihre Planungen miteinzubeziehen.

Am besten wäre es, wenn sie mich einfach links liegen lassen würden – das bin ich schließlich schon von meinen Freunden aus San Diego gewohnt.

„So so", durchforstet dieses Mal Mabel meine Gedanken. „Du bist also ein Naturliebhaber, Lee?"

„Als Kind war ich bei den Pfadfindern", erinnere ich mich lachend. „Das war aber auch das letzte Mal, dass ich einfach so in der Natur spazieren gegangen bin."

Seit dem Tod von Dad hatte ich sowieso keine Zeit für so etwas. Meine drei Jobs haben es nicht zugelassen, auch nur eine einzige Minute den Duft der kostbaren Freizeit einzuatmen.

„Also Rave und ich gehen oft spazieren oder machen Fahrradtouren", murmelt Mabel mit einem verliebten Seitenblick zu ihrem Freund. „Ab sofort können wir dich ja mitnehmen und den alten Naturburschen aus dir herauslocken."

Sie tut es schon wieder – wenn auch unbewusst.

Mabel plant mich für etwas ein, das sie eigentlich gemeinsam mit Rave machen möchte.

Ich kann den beiden nicht dauernd am Rockzipfel hängen. Spätestens wenn in drei Wochen die Schule beginnt, muss ich mir eigene Freunde suchen.

„Das wird bestimmt witzig", kommentiert Rave den Vorschlag seiner Freundin, während er mir spielerisch in die Seite stößt. „Naturbursche Lee Parker und seine Assistenten Mabel und Rave retten die Regenwälder!"

Wenn Sonne und Regen aufeinandertreffenTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang