34 - „Entscheide dich!"

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Lees POV

Draußen ist es stockdunkel. Kein einziger Laternenkegel und kein einziger Sternenschein erhellen die Finsternis.

Dort draußen sieht es genauso wie in meinem Inneren aus – dunkel.

Der einzige Mensch, der mir jetzt noch Licht spenden könnte, ist nicht hier.

Ich glaube, mich daran erinnern zu können, dass Mabel in der Eishalle noch an meiner Seite war. Sobald ich dann allerdings im Krankenhaus aufgewacht bin, war da nur meine besorgte Mutter, die meine Hand gehalten hat.

Von Mabel fehlt immer noch jede Spur.

Der Gedanke daran, dass sie lieber in Raves Nähe ist, statt mich im Hospital zu besuchen, schmerzt. Indirekt hat sie damit nämlich schon ihre Entscheidung getroffen.

Sie bleibt bei dem Jungen, wegen dem ich an ein Krankenhausbett gefesselt bin.

Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass mich Rave nicht grundlos zu einem Wettrennen herausfordert. Wahrscheinlich war es schon heute Morgen bei unserem Telefonat sein Plan, mich zu schubsen.

Verdammte Scheiße! Wie kann Mabel bloß mit so einem Menschen zusammen sein?!

Ja, Rave ist mein Cousin, aber deshalb muss ich seine Handlungen und Taten noch lange nicht gutheißen. Er hat sich zu sehr verändert, und zwar nicht in die positive Richtung.

Meine kreisenden Gedanken werden unterbrochen, als auf einmal ein leises Klopfen an der Tür ertönt. Angesichts der Uhrzeit – in wenigen Minuten ist es Mitternacht – denke ich, dass ich mir dieses Geräusch bloß eingebildet habe, doch wenige Sekunden später klopft es erneut.

„Herein?", sage ich unsicher.

Insgeheim rechne ich damit, dass entweder eine Krankenschwester oder meine überfürsorgliche Mutter den Kopf durch die Tür strecken, weshalb ich mehr als nur überrascht bin, als ich in die grünen Augen von Mabel schaue.

Mit einem verschwörerischen Grinsen auf den Lippen schließt sie die Tür leise hinter sich und schleicht dann zu mir. Ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen, legt sie sich zu mir ins Bett und drückt mich fest an sich.

Überrumpelt von ihrem plötzlichen Auftauchen bin ich nicht mehr dazu fähig, mich zu bewegen.

Was hat sie um Mitternacht in meinem Krankenhauszimmer zu suchen?

„Es tut mir leid, dass ich erst so spät kommen konnte", beantwortet Mabel unwissend meine Frage. Den Blick, den sie mir dabei zuwirft, ist von tiefsitzender Reue und Schuld geprägt. „Es gab ein paar Komplikationen zu Hause."

„Und da dachtest du dir, dass du mich um Mitternacht besuchen kommst?", hake ich ungläubig nach. „Die Besuchszeit ist eigentlich schon seit vier Stunden zu Ende."

„Ich kann auch wieder gehen, wenn du möchtest." Im Einklang mit ihren Worten klettert Mabel aus dem Bett, sodass ich sie schnell am Handgelenk zurückhalten muss, damit sie nicht in Richtung Zimmertür verschwindet. „Nicht", flehe ich sie an. „Bitte bleib bei mir."

Schon den ganzen Tag habe ich mich nach ihrer Nähe verzehrt. Jetzt, wo sie endlich an meiner Seite ist, kann ich sie nicht gehen lassen.

Glücklicherweise legt sich die Rothaarige ohne jegliche Proteste zurück ins Bett und kuschelt sich an meine Brust. Nach einer Weile des Schweigens möchte sie wissen: „Wie geht es dir, Lee? Was haben die Ärzte gesagt?"

Ein Seufzen entflieht meinen Lippen. „Ich hatte wohl sehr großes Glück und einen Schutzengel. Außer einer kleinen Platzwunde am Hinterkopf und einer leichten Gehirnerschütterung ist mir nichts passiert. Das nächste Mal muss sich Rave mehr Mühe geben, um mich aus dem Weg zu räumen." Vor allem bei meinem letzten Satz schwingt ein bitterer Unterton in meiner Stimme mit.

Wenn Sonne und Regen aufeinandertreffenWhere stories live. Discover now