Kapitel 4

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"Jetzt warte doch mal!", brummte, nein, rief er mir schon fast nach. Mit verschränkten Armen drehte ich mich um. Er humpelte langsam auf mich zu.

"Du bist echt überhaupt nicht teamfähig!", brummte er leise, aber doch so laut, dass ich es verstand. Eine neue Welle Wut schoss in meinen Magen und ließ mich meine Hände zu Fäusten ballen. Ich wollte mich kontrollieren, wollte nicht, dass er mich so in Rage bringen konnte, aber wenn es um meine Gefühle ging, hatte ich nicht den Hauch einer Chance.

"Ach echt?", brach es aus mir heraus. "Aber du bist der Teamplayer in Person?", fauchte ich und funkelte ihn wütend an.

"Das kommt ganz auf das Team an", sagte er nur, ohne mich anzusehen und humpelte weiter bis er an meiner Seite stand. Meine Wut legte sich ein wenig, als ich sah, wie sehr er unter den Verletzungen litt, aber dennoch hatte ich große Mühe mich zu beherrschen.

"Also bist du nicht immer so großkotzig?", schleuderte ich ihm noch entgegen, dann drehte ich mich von ihm weg, schloss die Augen und zählte in Gedanken langsam bis 10.

Mein Herzschlag beruhigte sich langsam wieder und ich fühlte mich ruhiger.

"Bis zur Krankenstation bringe ich dichjetzt noch, ich will schließlich nicht des Camps verwiesen werden, nur weil du abgekratzt bist", sagte ich so ruhig, dass ich selbst erstaunt darüber war.  Und das war nichts als die reine Wahrheit. Einen verletzten Camper im Wald liegen zu lassen, wäre sehr fahrlässig, selbst wenn es Asmo war. Außerdem hatte ich doch auch einige moralische Bedenken.

"Du solltest dich aber auch durchchecken lassen, dieses Gold dingens muss dich viel Energie gekostet haben", murrte er als Antwort und klang fast, aber nur fast, besorgt.

"Ein bisschen Ruhe und Schlaf wird das regeln, da brauche ich niemanden der mich untersucht", ich reckte das Kinn und sah ihn von der Seite an. "Ich kann mich selbst ganz gut einschätzen. Danke"

"Man weiß nie", der Poseidonsohn zuckte mit den Schultern. "Je nachdem wo dich ihr Gift oder Blut getroffen hat, merkst du das erst später", erklärte er.

Warum konnte er nicht einfach locker lassen? Als ob ich das nicht merken würde, von ätzendem Gift getroffen zu werden! Aber weil er das erste Mal so etwas wie nett zu mir gewesen war, lenkte ich ein. Ein Augenrollen konnte ich mir dennoch nicht verkneifen.

"Na schön, dann werde ich halt jemanden drüber schauen lassen. Aber ich glaube, ich hätte es gemerkt, wenn ich von was getroffen worden wäre. Scheint bei dir zumindest ziemlich schmerzhaft gewesen zu sein."

"Kommt auf die Menge und den Ort an", erwiederte er nur mit seinem typischen Brummen und humpelte weiter. Dieser Typ war so anstrengend! Ich würde allen Göttern danken, wenn ich ihn nicht mehr sehen müsste. Ein paar Meter liefen, oder in Asmos Fall, humpelten, wir nebeneinander her. Dann besiegte meine Neugier die Wut.

"Wie hast du eigentlich das erste Zusammentreffen mit ihr überlebt?", fragte ich etwas zögerlich.

"Ich war nicht alleine", sagte er tonlos und ein düsterer Schatten legte sich über sein Gesicht. "Und da war die Campgrenze", fügte er noch hinzu und sein Gesicht wurde so düster, dass ich zurück zuckte.

"Sorry. Ich wollte nicht...", stammelte ich. Eigentlich hätte ich mir denken können, dass Asmo so reagierte. Abweisend und düster, so wie immer. Ich überlegte fieberhaft, wie ich mich entschuldigen könnte, oder wie ich seine Stimmung wieder aufhellen könnte, aber mein Kopf war wie leer gefegt. Verlegen kratze ich mich am Hinterkopf und sah überall hin, nur nicht zu ihm.  Als sich der Wald schließlich lichtete und man schon wieder die ersten Hütten in Sicht kamen, atmete ich erleichtert aus. Gleich wäre ich ihn los.

"Gleich haben wir es geschafft", sagte ich nur, damit die Stille zwischen uns nicht zu schwer auf mir lastete. Heimlich warf ich ihm einen Blick zu. Er sah seltsam aus. Seine braunen Haare waren feucht und lagen platt auf seinem Kopf, die Lippen leicht blau, seine Haut leichenblass  und sein Gesichtsausdruck dunkler als der tiefste Punkt des Tartarus. Bei diesem Anblick verflog auch noch der Rest meiner Wut. Er tat mir einfach nur leid und es tat mir leid, dass ich ihn mit meiner Frage so getroffen hatte.

"Hey, es tut mir leid, ich war nur neugierig", sagte ich leise und schaute ihn jetzt doch richtig an. Aus einem Reflex heraus wollte ich ihn am Arm berühren, doch als mich der Blick seiner dunklen Augen traf, sah ich darin meine eigenen Abgründe, die ich lange hinter mir gelassen hatte.

Langsam ließ ich meine Hand sinken und lief stumm (und das gebe ich wirklich nicht gerne zu) auch ein wenig eingeschüchtert neben ihm her, bis wir schließlich den Wald hinter uns lassen konnten.

"Vielleicht ist es besser, wenn du schon einmal zur Krankenstation gehst und ich mich erstmal in meiner Hütte ausruhe", schlug ich leise und vorsichtig vor.

"Du kommst mit!", knurrte er.

"Ich weiß nicht, ob das so viel Sinn hat, wenn wir zwei im selben Raum sind",entgegnete ich. Diesmal zuckte ich nicht vor seinem Knurren zurück, sondern sah ihm herausfordernd in die Augen. "Wir sollen uns schließlich ausruhen und uns nicht noch mehr aufregen!"

"Wir werden es überleben!", brummte er und besaß tatsächlich die Frechheit, mich am Arm zu packen.

"Hey!",jetzt knurrte ich ihn an. Windend versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien, doch obwohl er verletzt war und humpelte, war er noch immer verdammt stark. Unbarmherzig zog er mich die Stufen zur Krankenstation hinauf und noch bevor er die Türe ganz geöffnet hatte rief er: "Sie hat 'nen Monsterkampf gehabt! Und ihre Fähigkeiten dabei eingesetzt! Sie muss verarztet werden!"

Zwischen Olymp und HadesWhere stories live. Discover now