Kapitel 2

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"So sieht man sich wieder", murmelte Asmo gerade so laut, dass ich es hören konnte. Stirnrunzelnd versuchte ich die Situation einzuschätzen. Dieses Viech war definitv eine Hausnummer zu groß für ihn. Selbst wenn ich ihm helfen würde, würde es uns vermutlich töten, bevor wir überhaupt einen Angriff gestartet hätten. Wie war die Echidna überhaupt ins Camp gelangt? Ja, unsere Grenzen waren nicht mehr so sicher, wie sie es mal gewesen waren und im Wald gab es ab und zu ein paar Monster. Aber die Echidna war nicht irgendein Monster. Vermutlich hatte Asmo sie mit seinem starken Halbgottgeruch wirklich angelockt. Oder jemand im Camp hatte es gerufen. Woran ich gar nicht denken wollte.

"Halbblute fresssen", zischte die Echidna und riss mich damit aus meinen Gedanken. Sie ging ein paar bedrohliche Schritte auf Asmo zu. Ich steckte den Pfeil und Bogen weg und griff nach meinen Dolchen. Mit denen hatte ich eine bessere Treffsicherheit. Warum hatte ich nicht mehr eingesteckt? Meine zwei Dolche würden mich nicht besonders weit bringen...

"Verdammt, nicht schon wieder! Letztes Mal bin ich fast gestorben", hörte ich Asmo auf altgriechisch fluchen. Er schien wirklich Angst vor ihr zu haben. So kannte ich ihn gar nicht. Normalerweiße klopfte er große Sprüche und hielt sich für den tollsten Hecht. Irgendwie weckte mich das auf und ich machte mich darauf gefasst, in den Kampf einzugreifen. Eigentlich war ich nicht begeistert davon, mich bei anderen Kämpfen einzumischen, jeder sollte seinen eigenen Kampf kämpfen, aber als die Echidna sich Asmo weiter näherte und dieser seinen Helm noch einmal gerade rückte, wurde mir doch ein wenig komisch in der Magengegend.

Und dann griff sie an. Der Gürtel aus Tieren heulte laut auf. Die Augen der Echidna schienen Funken zu sprühen und als sie den Mund öffnete, um Asmo zu beißen konnte ich ihre gewaltigen Giftzähne erkennen. Asmo wich ihrer ersten Attacke geschickt aus. Auch die anderen Angriffe wehrte er mit Leichtigkeit ab. Immer schneller versuchte die Echidna ihn zu beißen, oder mit ihren Händen zu erwischen und jedes Mal wich Asmo aus, indem er unter ihren Armen hindurch rollte, Haken schlug oder einen Ausfallschritt machte. Einige Minuten lang starrte ich den Kampf unter mir nur an. Die schnellen Bewegungen des Poseidonsohns faszinierten mich und beinahe schien es, als wäre es eine einstudierte Choreographie, die die beiden tanzten. Selbst mit den zwei Schwertern in der Hand war er noch unglaublich wendig.  Doch als der lange beschuppte Schwanz der Echidna Asmo das Schwert aus der Hand schlug und er voller Wut und mit schmerzverzehrtem Gesicht das andere in den Körper der Echidna rammte, wachte ich aus meiner Faszination auf. Das war ein echter Kampf, den die beiden dort unten kämpften. Es war lebensgefährlich und ich sah gerade dabei zu, wie Asmo langsam, aber sicher verlor. Obwohl ich Asmo nicht leiden konnte, warf ich meinen Dolch, der sich in den Hals des Monsters bohrte.

"Hey!", schrie ich,  um die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Das Überraschungsmoment würde gleich vorüber sein, weswegen ich schnell den Ast, auf dem ich eben noch gesessen hatte, verließ und nach unten kletterte. Die letzten Meter sprang ich , rollte mich bei der Landung ab und zog mein Schwert. "Keiner isst freiwillig Fisch!", rief ich, doch als ich jetzt direkt vor der Echidna stand, blieb mir mein frecher Satz fast im Hals stecken. Schon von oben war sie furchteinflößend gewesen. Doch das war nichts im Vergleich dazu, wie sie jetzt auf mich wirkte. Ich musste meinen Kopf weit in den Nacken legen um überhaupt ihren Hals zu sehen, in dem immernoch mein Dolch steckte.

"Wertloses Halbblut! Du wirst auch sterben!", dröhnte die mächtige Stimme des Monsters durch den Wald.

"Wertlos? Ich bin Tochter der Nike!", schrie ich empört. Die Echidna schlug als Antwort mit ihrem mächtigen Schwanz nach mir. Ich rollte mich nach hinten ab, wodurch jetzt Asmo in der Reichweite des Schwanzes stand. Er wich zwar aus, aber sein Arm wurde dennoch getroffen. Das schmatzende Geräusch , als sein Arm zermatscht wurde, ließ einen Schauer über meinen Rücken laufen.

"Beim Hades!", fluchte ich und lief wieder auf die Echidna zu. Asmo hielt sich noch aufrecht, aber seine Haut hatte eine ungesunde Farbe angenommen. Hatte er Gift abbekommen? Ich musste irgendwie versuchen, die Echidna zu besiegen. Ich ging wieder ein paar Schritte zurück, nahm Anlauf, sprang ab und hackte mit einer geschmeidigen Bewegung einen Arm der Echidna ab. Das Monster zischte und sprühte Gift in alle Richtungen. Langsam wich ich zurück, konnte aber aus den Augenwinkeln sehen, dass Asmo mit seinem noch gesunden Arm seinen Dreizack fester umschloss, und sich kampfbereit machte. Irgendwie musste ich die Echidna ablenken.

"Hast du eigentlich nichts besseres zu tun, als Halbblute zu fressen?", schrie ich ihr entgegen, was ihr aber nur ein Schmunzeln entlockte (zumindest soweit ich das von hier unten feststellen konnte..). Sie schob sich weiter auf mich zu und Asmo ergriff seine Chance. Er rannte los, sprang ab, rammte den Dreizack in den Rücken des Monsters, nutzte den Schwung zum hoch springen und landete auf dem geschuppten Rücken der Echidna.  Sie wand sich und versuchte Asmo mit ihrem noch gesunden Arm vom Rücken zu wischen, zerfiel aber noch immer nicht zu Staub.  Ich musste etwas tun.

Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf einen Punkt nahe meines Bauchnabels. Ein Ziehen ging von dort aus, das sich in meinem ganzen Körper verbreitete. Als ich die Augen wieder öffnete war um mich herum ein leicht goldener Schimmer zu sehen. Das Ziehen in mir zerrte an meinen Nerven. Dieser kurzzeitige Unbesiegbarkeitszauber war zwar praktisch, aber auch kräfteraubend. Asmo versuchte weiterhin mit seinem Dreizack Schaden anzurichten, urplötzlich sackte er zusammen, rutschte den Rücken hinunter und zog dabei seinen Dreizack mit sich, der tiefe Kratzer im Rücken der Kreatur hinterließ. Mit einem leisen Rumms landet er auf dem Boden.

Die gewaltige Macht meiner Mutter strömte durch mich hindurch und übernahm für einen Moment mein komplettes Handeln. Ich stürtzte mich auf die Echidna, hackte ihr zuerst den Schwanz und dann den Kopf ab. Gift sprühte in alle Richtungen und schließlich zerfiel das Monster zu einem großen Haufen Staub. Ein breites Siegerlächeln schlich sich auf meine Lippen und das Ziehen in mir ließ nach. Es war einfach ein wirklich gutes Gefühl zu gewinnen. Langsam löste sich auch der goldene Schimmer von mir. Noch immer siegestrunken fiel mir Asmo wieder ein.

Suchend drehte ich mich um und fand ihn wenige Meter entfernt auf dem Boden liegen. Schnell lief ich auf ihn zu und kniete mich neben ihn.

"Alles in Ordnung?", fragte ich, aber er schloss als Antwort nur seine Augen. Mist, Mist , Mist! "Kannst du mich hören?", fragte ich panisch.

Doch er gab mir keine Antwort.

Zwischen Olymp und HadesWhere stories live. Discover now