Kapitel 20

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Die letzte Nacht ist schrecklich. Immer wieder reißen mich Albträume aus dem Schlaf und ich wache schweißgebadet auf. Mein Arm schmerzt höllisch und ich habe das Gefühl er steht in Flammen.

Die ersten Sonnenstrahlen bahnen sich durch unsere kleinen Fenster. Kalea und Rosalee liegen noch tief schlafend in ihren Betten. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es erst kurz nach fünf Uhr ist. Ein schreckliches Zittern hat meinen Körper übernommen und ich friere so sehr wie noch nie in meinem Leben. Ich schlinge die Decke enger um mich.

Auch nach einigen Minuten zittere ich als wäre es der tiefste Winter und wäre ohne Kleidung im Freien. Eine schwere Müdigkeit liegt auf mir, jedoch gelingt es mir nicht in sie einzutreten. Kalter Schweiß läuft über mein Gesicht und hinterlässt einen salzigen Geschmack auf meinen Lippen.

In der Hoffnung mich zu wärmen, schlinge ich meine Arme um meinen Körper als plötzlich ein scharfer Schmerz von meinem Arm meine Sinne vernebelt. Leicht schreie ich auf und nun bahnen sich auch Tränen über mein Gesicht. Schmerz, wie ich ihn noch nie zuvor gespürt habe, schießt in Wellen durch mich und kratzt an meinem Geist.

Unter Schmerzen ziehe ich meinen Arm hervor und blicke auf den Verband, der meinen Arm umhüllt. Gestern noch erstrahlte er in einem sterilen Weiß, während er heute von gelber Flüssigkeit getränkt ist. Langsam, Schicht für Schicht, befreie ich meinen Arm von dem verdreckten Stoff.

Die letzte Schicht hat sich mit der Wunde verbunden und als ich an dem Verband ziehe, reist er an der Wunde. Ein markerschütternder Schmerz schießt erneut durch meinen Körper und lässt ihn beben. Beinah verliere ich das Bewusstsein und ein lauter Aufschrei entweicht meinen Lippen.

Meine eigene Stimme hört sich plötzlich so fern an und ein ohrenbetäubendes Rauschen droht meinen Kopf in tausend Stücke zu reißen.

Auf einmal erkenne ich verschwommen Rosalee über mich beugen. Ihre Stimme dringt nicht bis zu mir vor und vermischt sich mit dem lauten Rauschen. Ich spüre ihre Hand, die sich so kalt auf meiner Haut anfühlt, dass ich kurz erschrecke. Das Zittern hat mich immer noch fest im Griff. Auch Kalea bewegt sich kurz über mich als sie schon im nächsten Moment wieder verschwindet.

Mein Blickfeld wird immer trüber und eine Dunkelheit scheint sich jetzt vom Rand einzuschleichen. Ich schreie um Hilfe, doch vernehme nicht mal mehr meine eigene Stimme. Alles wirkt auf einmal so taub. Nur Rosalees kalte Berührung die behutsam meinen Kopf streichelt, vernehme ich noch.

Für mehrere kurze Augenblicke verliere ich immer wieder das Bewusstsein.

Plötzlich erscheint eine Person vor meinen Augen die ich nicht zuordnen kann. Eine tiefe Männerstimme bahnt sich einen Weg durch das Rauschen, jedoch im nächsten Moment überkommt mich die Dunkelheit und zerrt mich mit sich.

Ich liege in meinem Bett als mich plötzlich die Stimme meines Vaters aus dem Schlaf reißt. Etwas an seiner Stimme erscheint mir komisch. Panik. Es schwebt eine lebensbedrohliche Panik in seinen Worten. "Emmelin!" höre ich ihn erneut ausrufen. Schlaftrunken setze mich auf und blicke mich in meinem kleinen Zimmer um.

Das seichte Licht des Mondes erhellt mein Zimmer leicht, jedoch sehe ich keinen Grund für die Besorgnis die mein Vater ausstrahlt. "Emmelin!", ruft er erneut und dieses Mal noch lauter. "Vater?", erwidere ich verwirrt. Als mein Blick zur Türe huscht.

Vor Schreck halte ich den Atem an. Eine dunkle Rauchwolke kämpft sich ihren Weg unter der Türe hindurch und auf einmal vernehme ich den Geruch von Feuer und Qualm. Angst macht sich in mir breit. Mein Herz scheint beinah aus der Brust zu springen und ich drohe zu hyperventilieren. Unsicher was vor sich geht und in einer Art Schreckstarre verharre ich für einige Sekunden auf dem Bett.

Die AusleseWhere stories live. Discover now