Kapitel 51 - Teil 1

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Der Tag beginnt deprimierend. Ich war so tief im Schlaf versunken, dass ich Rosalee, heute auch wieder Kalea, nicht verabschieden konnte und alleine in unserem Zimmer aufwache. Beim Frühstück sitze ich alleine, da ich keine der anderen Mädchen kennen und die wenigen mir bekannten Gesicherter, heute nicht sehe. Weder Gabriela, Charlotte, noch Samantha.

Da es heute Samanthas frei-Tag ist, ist auch die Arbeit weniger angenehm. Zum Glück fallen heute und morgen weniger Arbeiten an. Um zu kompensieren, dass die Hälfte von uns freihat. So müssen wir ausschließlich die Betten neu beziehen und die Wäsche machen, was trotzdem reichlich Arbeit ist.

Nachmittags, wie verabredet, treffe ich mich mit Kian. Nicht einmal ihm gelingt es meine Stimmung zu heben. Wir kommen wieder mit keiner Lösung auf und so beschließen wir es morgen noch einmal zu versuchen. Meine sowieso schon gedrückte Stimmung rutscht noch tiefer. Dafür, dass ich bevor ich hierherkam, keine wirklichen Freunde hatte, gehe ich ziemlich schlecht mit ihrer Abwesenheit um und das, obwohl es lediglich ein einziger Tag ist. Du hast dich verändert, hast dich abhängig von ihnen gemacht, sie sind die Last die dich nach unten ziehen, beschwert sich mein Verstand. Ich habe meinem Herz erlaubt zu leben, meinen Gedanken etwas Freude geschenkt und meinem Gemüt Lebensenergie, entgegne ich stur. Meine Freunde sind keine last, sondern der Grund, weshalb ich nicht zugrunde gehe.

Als beim Abendessen Rosalee und die zwei anderen immer noch nicht zurück sind, übernimmt das Trauergefühl komplett und ich lege mich deprimiert ins Bett. Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, denn als ich wieder aufwache ist es stockdunkel und ich höre Rosalee und Kaleas lautes Schnaufen. Kurz drehe ich mich zu den beiden um und ein Grinsen breitet sich in meinem Gesicht aus. Ich habe euch vermisst, sage ich in Gedanken und schlafe wieder ein.

***

Mit einer helleren Stimmung beginne ich meinen heutigen Tag, denn mein Blick fällt auf meine zwei Zimmerkollegen. Ein warmes Gefühl breitet sich in meiner Brust aus und die Kälte von gestern ist verzogen.

„Guten Morgen", zwitschere ich, als Kalea wach wird. Rosalee brummt müde, die ich wohl aus dem Schlaf gerissen habe. Doch ich kann meine Freude nicht verhüllen und ich springe auf die halb-schlafende Rosalee. Kalea schließt sich mir an und wir liegen beide auf dem verärgerten schlaftrunkene Mädchen.

„Ich hab euch vermisst", sage ich freudig. Kalea muss gehen, doch ich bleibe noch etwas bei Rosalee liegen. Ich berichte ihr von meinem schlechten Tag und bekomme eine Umarmung von ihr. Nach dem Frühstück müssen wir und verabschieden, aber die Depression von gestern überkommt mich nicht so wie gestern. Auch ist Sam wieder bei der Arbeit, was meinen Geist noch ein Stück hebt. Heute fliegt die Zeit und nach dem Mittagessen treffe ich mich wieder mit Kian.

„Schön dich wieder glücklich zu sehen", bemerkt Kian meine gute Laune und ich sehe auch ihm an, dass er guter Dinge ist. „Ich hab gleich etwas, dass dich noch glücklicher stimmen wird", sagt er freudig und legt eine Pause ein. Nach einem mahnenden Blick spricht er weiter. „Mein Vater ist bei einem Meeting und Ranya ist mit Lilly unterwegs. Also ist das unsere Chance in das Zimmer meines Vaters zu gehen, ohne Gefahr zu laufen, erwischt zu werden", trällert er glücklich. Und tatsächlich gelingt es ihm mein Gemüt noch ein Stück zu heben. Antworten auf die tausend Fragen in meinem Kopf, wären beflügelnd. Aber ich fürchte sie auch. Was, wenn wir tatsächlich etwas finden? Was wenn die Antwortet nicht die erhoffte Erleichterung bringt? Noch mehr Fragen die in meinem Kopf kreisen.

Um nicht zu verdächtig zu wirken, habe ich meine Uniform anbehalten und so schleichen wir über den Gang zum Zimmer seines Vaters. Uns gelingt es tatsächlich, ohne jemandem auf dem Weg zu begegnen in das Gemach zu schleichen. Ein erneuter Schub an Freude durchfährt meinen Körper.

Die AusleseWhere stories live. Discover now