Teil 2 - 1

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Teil 2

Es war noch früh am Morgen, als es an der Tür eines der Zimmer im Redstone-Hotel klopfte. James Hewitt eilte, immer noch in seiner Unterwäsche, welche er bedauerlicherweise tragen musste, bis er sich neue Kleidung kaufen konnte, oder sie zurückbekam, zur Tür, und öffnete sie. Ihm gegenüber stand der Mann, der ihm gestern so bereitwillig geholfen hatte, sein Arm baumelte in einer schwarzen Stoffschlinge. Er sah ihn mit zusammengekniffenen Augenbrauen an.
„Mister Will, ich freue mich sie wieder zu sehen. Und, wie ist es ihnen ergangen? Ich hoffe, sie haben sich nicht in unnötige Gefahr begeben!", meinte James mit einem Blick auf die Schlinge.
„Ich denke, es läge in unser aller Interesse, die Sache nicht auf dem Gang zu besprechen. Vor allem in ihrem."
Wills Miene war wie aus kantigen Felsen geschlagen. James schluckte.
„Dann kommen sie doch herein", sagte er, als er zur Seite ging, um den größeren Mann durchzulassen.
Dieser schritt ins karg eingerichtete Zimmer, wo durch ein schmutziges Fenster die warme Morgensonne fiel, und den Staub auf den Dielen beleuchtete, und setzte sich an den Tisch, der mitten im Raum stand.
Da kam aus einem Nebenzimmer die Frau des Gentlemen, mit verwuschelten Haaren, und, ihrem Mann gleich, noch immer im selben Aufzug wie gestern.
„James, wer ist es...", nuschelte sie, da fiel ihr Blick auf den Besucher, und sofort erhellte sich ihre Miene. „Herr Will! Sie sind es! Haben sie unser Gepäck wiedergefunden?"
„In der Tat, das habe ich. Aber setzten sie sich doch."
Er deutete auf die beiden Stühle, die an der anderen Seite des Tisches standen, und das Ehepaar tat wie ihm geheißen, und nahm Platz.
„Aber bevor ich ihnen die Einzelheiten dessen schildere, was ich gestern erlebt habe, muss ich mit ihnen noch ein ernstes Wörtchen reden."
Mit einem Mal schien Sarah Hewitt alle Farbe aus ihrem Gesicht zu weichen, und ihr freudiges Lächeln verschwand.
Will griff in die Innentasche seiner Jacke, holte ein, in braunes Samt gebundenes, dünnes Buch hervor, und knallte es so laut auf den Tisch, dass das Ehepaar zusammenzuckte, und die Glasscheibe im Fensterrahmen leise klirrte.
„Sie beiden waren nicht ehrlich zu mir.", sagte er mit einer Stimme, die kälter als Eis klang.
„Und ich schätze es gar nicht, wenn man nicht ehrlich zu mir ist. Ich habe gestern mein Leben riskiert, ohne den wirklichen Grund dafür zu kennen."
„Mein werter Herr", erwiderte James, „es mag zwar sein, dass wir sie darüber belogen haben, was die Hintergründe waren, die uns nach Crimson Rock geführt haben, aber der eigentliche Auftrag war vollkommen ehrlich. Sie sollten unser Gepäck wiederbeschaffen, welches uns von gemeingefährlichen Verbrechern abgenommen worden war."
„Da haben sie vielleicht recht. Aber ich hätte trotzdem gerne gewusst, dass ich zwei Waffenschmuggler unterstütze, bevor ich dafür Kopf und Kragen riskiere!"
„Ich bitte sie", schaltete sich nun die Gattin des Gentlemen ein, wobei ihre Stimme dezent lauter wurde, „vielleicht stimmt es, dass wir ehrlicher zu ihnen hätten sein sollen. Doch das gibt ihnen noch lange nicht das Recht, uns als Waffenschmuggler zu beschimpfen! Wir sind Wissenschaftler, und arbeiten im Auftrag der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika!"
„Ach ja? Und warum verstecken sie ihre Waffen in irgendwelchen, als Goldminen getarnten Höhlen, wenn sie doch angeblich so legal sind?"
„Das, mit Verlaub, geht sie einen feuchten Kehricht an! Und warum schnüffeln sie überhaupt im Logbuch meiner Gattin rum?", rief der sonst so gelassene und freundliche Mister Hewitt, und sprang auf. Sein Kopf lief rot an, und auf seiner Stirn trat eine fette Ader hervor.
„James, bitte...", versuchte seine Frau ihn zu besänftigen, und legte ihm eine Hand auf seine Schulter, „bitte beruhige dich. Denk an den Abend in Yorkshire..."
Einen Moment lang schien es, als wollte er weiter brüllen, doch dann überlegte er es sich anders, und setzte sich wieder. Noch immer atmete er so heftig wie ein überanstrengter Gaul, und sein Brustkorb bebte, doch er schien sich zu beruhigen.
Auch Will, der, ohne bei Mister Hewitts Wutausbruch eine Miene zu verziehen sitzen geblieben war, atmete einmal tief durch, lehnte sich nach vorne und verschränkte seine Finger.
„Es tut mir leid, wenn ich sie in ihrer Privatsphäre verletzt haben sollte. Aber sie müssen wissen, es geht mir ums Prinzip. Nichts hasse ich mehr als Unehrlichkeit.
Also bitte, lassen sie uns mit offenen Karten spielen;
warum sind sie wirklich hier ?"
Kurz herrschte Stille, weil keiner der beiden Angesprochenen antworten wollte. Dann öffnete Sarah Hewitt den Mund.
„Nun, es ist so: Mein Vater lebte als junger Mann hier in Crimson Rock. Er war, wie mein Mann und ich es sind, Forscher und Spezialagent der Regierung. Das ist auch der Grund, weshalb wir ihnen unsere eigentlichen Motive verheimlicht haben, den wir arbeiten in streng geheimen Angelegenheiten. Mein Vater war vor allem an der Produktion experimenteller Waffen beteiligt, jedoch musste er diese eines Tages urplötzlich verstecken. Wir wissen nicht, warum. Doch wir vermuten, dass er sie in einer alten, als Goldmiene getarnten Höhle deponiert hat, bevor er vor wenigen Monaten..."
Die Frau schwieg, um das Wort nicht aussprechen zu müssen, von dem jeder im Raum wusste, welches es war.
Will unterbrach die gerade wieder aufkeimende, peinliche Stille.
„Und sie wissen nicht, wo genau diese Höhle ist?"
Der, immer noch etwas grummelige Gentleman schüttelte den Kopf.
„Nein, in seinen Aufzeichnungen in nur von Crimson Rock die Rede. Ein genauer Ort wird nicht genannt."
„Trotzdem müssen wir uns so bald wie möglich auf die Suche danach machen. Wenn die Winstons in ihrem Logbuch gestöbert haben, wissen sie sicher auch davon. Obwohl sie im Kittchen sitzen, kann man sich nie sicher sein..."
„Die Winstons? Also haben sie tatsächlich gegen Banditen gekämpft?"
„Natürlich!", sagte Will etwas zu schroff, „oder denken sie, ich trage diese Schlinge um meinen Arm, weil das gerade so Mode ist?"
„Wie auch immer", meinte James, und erhob sich, „wir sollten aufbrechen, Mister Will, ich kann auf ihre Unterstützung zählen?"
Der Cowboy nickte.
„Aber wo sollen wir den suchen? Wir haben nicht die geringste Spur.", fragte Sarah, und sah ihrem Gatten auf.
Der merkte gerade, dass er über diesen Punkt nicht nachgedacht hatte.
„Ähm..."
Doch Will rettete ihn aus der Patsche, indem er ebenfalls aufstand, und sagte:
„ Oh doch, die haben wir. Cindys Vater, der Freund von Daniel Brookchurch. Ich denke, wir machen einen kleinen Ausritt zur Ranch der Millers..."

WILL BECKS -- Und die Greenhorns von Crimson RockWhere stories live. Discover now