Diese Albträume müssen sein

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Kaum war die Tür hinter mir geschlossen, nahm ich eine Tablette aus der Verpackung und warf sie aus dem Fenster. Ich atmete erleichtert aus. Als ob ich Tabletten nehmen müsste. Lieber hatte ich die Albträume, um mich an damals zurückerinnern zu können.

Nachdem ich mich bettfertig machte, ließ ich mich in mein Bett fallen und kuschelte mich zwischen meinen unzähligen Polstern und Plüschtieren. Danach schlief ich auch gleich ein.

*Piep, piep, piep*, machte es neben mir. War es schon wieder dieses Herzschlagmessgerät? Ich öffnete die Augen und sah mich müde um. Ich war schon wieder in meinem Krankenzimmer. Mein Kopf tat höllisch weh und meinen Körper konnte ich kaum bewegen. Es war still, doch kurz darauf hörte ich plötzlich Schritte. Jemand öffnete die Tür. „Hallo Lin! Es ist wieder Zeit für deine Tabletteneinnahme.“, hörte ich Dr. Kims Stimme sagen. Er kam zu mir und lächelte mich an. „Kannst du dich aufsetzen?“, fragte er. Obwohl mir alles wehtat, versuchte ich mich aufrechtzusetzen. Dr. Kim hatte zwei Tablettenverpackungen in der Hand. Er legte sie auf mein Nachtkästchen und holte jeweils eine Tablette raus. Neugierig sah ich mir diese Verpackungen an. „Ben…zo….Benzodia…“, murmelte ich leise vor mich hin, als ich versuchte den Namen der Tablette zu lesen. Plötzlich nahm der Arzt die Verpackungen und legte sie in seine Kitteltasche. Verblüfft sah ich ihn an. „Hier. Die zwei musst du schlucken.“ Er gab sie mir in die Hand und füllte ein Glas mit Wasser an und drückte es mir ebenfalls in die Hand. Nichtsahnend tat ich das, was mir befohlen wurde. „Du bist ein wirklich braves, tapferes Mädchen.“, sagte er und half mir wieder, mich hinzulegen. Er schloss die Vorhänge im Zimmer und machte das Nachtlicht an, dann verließ er den Raum. Meine Augenlider wurden schwer. Langsam wurde ich müde und es wurde schlagartig finster.

Die Szene änderte sich auf einmal und ich befand mich plötzlich mitten in einer Finsternis.

Es war stockdunkel. Alles um mich herum war schwarz. Es war nichts zu erkennen. Ich lief ziellos durch diese Dunkelheit, doch es gab irgendwie kein Ende. Einzig und allein war der Schall meiner Schritte laut zu hören. Wieso lief ich eigentlich? Wollte ich etwa aus dieser Finsternis fliehen? Aber ich hatte doch nicht einmal Angst. Ich blieb stehen, weil ich wusste, dass das Laufen keinen Sinn machte. Ich drehte mich um, dann zur Seite und dann wieder nach vorne – Nichts. Ich war alleine und es war extrem still. So still, dass ich meinen eigenen Herzschlag hören konnte.
„Gib mir den Ball!“, erschallte es. Erschrocken zuckte ich für einen kurzen Moment zusammen. Ich sah niemanden, hörte aber plötzlich jemanden reden, oder bildete ich mir das nur ein? Ich senkte konzentriert meinen Kopf nach unten und stand still. „Du bist gemein!“, sagte eine Mädchenstimme wieder. Ich erkannte diese Stimme. Das war ich, aber wenn dieses Mädchen also ich war, mit wem sprach ich da? Etwa mit dem Jungen in der grünen Jacke, also Mark? In diesem Moment ertönte eine Stimme, die lachte. Verblüfft weitete ich meine Augen. Wessen Stimme war das? Ich hatte sie noch nie gehört. Mark klang nicht so. Ich hörte noch genauer hin. „Gib mir bitte jetzt den Ball, oder…“, sagte meine Stimme. „Oder was?“, fragte diese unbekannte Stimme. „Ich erzähl ihnen, was du gemacht hast.“, hörte ich mich sagen. „Nein, das wirst du nicht!“, schrie die Jungenstimme wütend. „Doch!“, schrie meine Stimme zurück. Der Streit wurde lauter und lauter. Ich und dieser unbekannte Junge stritten wirklich heftig. „Lass mich los!“, schrie der Junge und plötzlich erschallte ein lautes Quietschen von Autobremsen. Dann war es für einen kurzen Moment mucksmäuschenstill, aber diese Stille war nicht von Dauer. Wie aus dem Nichts ertönten auf einmal laute Geräusche.

Sirenen, Schreie, das Quietschen der Bremsen, all das war plötzlich in einer unerträglichen Lautstärke zu hören. Mein ganzer Körper fing sofort zu zittern an und ich konnte nicht mehr normal atmen. Mein Herz raste extrem schnell und ich atmete wie wild ein und aus. Ich konnte mich selber nicht mehr kontrollieren. Mein Körper machte was es wollte. Ich dagegen war total machtlos. Panisch schnappte ich nach Luft. Was war mit mir los? Wieso streikte plötzlich mein Körper? In diesem Moment ertönten laute Schreie. Ich verkrampfte und bekam keine Luft. Ich wollte aufschreien, aber nicht einmal einen kleinen Mucks bekam ich aus dem Mund. Der Sauerstoff in meinem Körper mangelte bereits. Ich brauchte Luft, unbedingt!
Eine unerklärliche Panik machte sich in mir breit. Mein Herz raste noch schneller, ich versuchte Luft zu holen, doch ich konnte nicht. Mein Körper machte was es wollte und meine Lungen streikten. Die Geräusche wurden lauter und lauter. Panisch versuchte ich von diesem Lärm zu fliehen. Ich lief ängstlich durch diese Dunkelheit. Meine Schritte wurden schneller und schneller und doch verfolgten mich diese Schreie, dieses Sirenen und das Quietschen der Bremsen. Plötzlich stolperte ich und fiel zu Boden.
Sofort erschien ein Licht und ich befand mich nun auf der Straße. Ich sah mich als kleines Kind am Boden liegen. Ich blutete überall.  Erschrocken riss ich die Augen auf. Das was ich vor mir sah, war mein Unfall. In diesem Moment war das Geräusch eines Motors zu hören und ich sah sofort auf. Das Auto fuhr rückwärts, wendete und fuhr mit Vollgas wieder davon. Es ging alles so schnell, dass ich nicht einmal den Fahrer erkennen konnte.
Plötzlich machte sich in mir die Atemnot breit und ich war dabei mein Bewusstsein zu verlieren.

Panisch riss ich die Augen auf und holte erschrocken nach Luft. Die Sonne strahlte durch die Vorhänge und erhellte mein Zimmer mit Licht. „Es war schon wieder ein schrecklicher Albtraum.“, sagte ich wild einatmend und sah dann auf die Uhr. Kurz vor sechs. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und schloss erleichtert meine Augen. Es war meine Entscheidung, die Tabletten nicht zu nehmen, also durfte ich mich nicht schrecken, wenn ich die schlimmsten Albträume hatte.

Nachdem ich mich endlich beruhigt hatte, stand ich auf und ging erst Mal ins Bad. Ich brauchte unbedingt eine erfrischende Dusche. Danach ging ich in die Küche, wo mich Chris schon erwartete. „Nicht gut geschlafen Kusinchen?“, fragte er mich sofort, als ich gerade Mal die Küche betrat. Sah ich etwa immer noch so fertig vom Albtraum aus oder war das nur ein Zufall, dass er mich das fragte. Ich schüttelte sofort den Kopf und meinte nur: „Zu wenig Schlaf…“ Ohne weiteres zu sagen packte ich mir ein paar Brötchen ein und machte mich dann auf den Weg zur Uni.

POV Chris

Ich wollte eigentlich Lin wecken, da ich mir denken konnte, dass sie sonst wieder verschlafen würde. Ich machte also die Tür auf und hörte sie ängstlich schnaufen. Sie wälzte panisch im Bett herum und kleine Schweißperlen bildeten sich bereits auf der Stirn. Es sah so aus, als hatte sie einen Albtraum. Aber wie konnte das sein, wenn sie doch die Tabletten nahm? Wirkten sie etwa doch nicht? Ich wollte zu ihr laufen und sie aufwecken, doch bevor ich überhaupt die Tür weiter öffnete, riss sie panisch die Augen auf und holte tief Luft. Sie stütze sich wild atmend am Ellenbogen an und schnaufte heftig. Lin war sowieso nun wach, also schloss ich wieder leise die Tür und ging in die  Küche.

Mir schwirrten sofort unzählige Fragen durch den Kopf. Was wäre, wenn sie die Erinnerung von dem Unfall hatte. Was wäre, wenn sie sich nun an mich erinnerte. Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Hatte sie nur einen Albtraum oder erinnerte sie sich an etwas?

POV ENDE

Damals vor 14 Jahren (Got7 Mark FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt