Eine Welt bricht zusammen

9.4K 657 169
                                    

[Flashback]

Es war ein sonniger, wolkenloser Sommertag. Nicht zu warm, nicht zu kalt. Genau perfekt. Träumerisch schaukelte ich hin und her und lächelte fröhlich vor mich hin. „Spielen wir mit meinem neuen Ball?“, fragte mich der Junge in der grünen Jacke. Es war niemand anderer als Mark, mein bester Freund von nebenan. Vor Freude sprang ich von der Schaukel ab und lief ihm entgegen. „Jaa! Lass uns spielen!“ In Marks Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Seine Augen glänzten im Licht der Sonne und wirkten etwas heller als sonst. Wenige Meter von Mark entfernt, stellte ich mich hin und wartete zappelnd auf den Ball. Eine Weile taten wir nichts anderes, als uns gegenseitig den Ball zuzuwerfen. Doch kurz darauf nahm Mark einen kräftigen Schwung und schoss unabsichtlich den Ball in einem hohen Bogen über die Hecke. Erschrocken riss er seine Augen auf und jammerte bitter: „Mein neuer Ball ist weg!“ Doch ich lächelte ihn aufmunternd an und meinte: „Warte hier, ich hole ihn.“ Kaum beendete ich meinen Satz lief ich auch schon um die Hecke herum.

Erst nach langem hin und her Schauen, sah ich Marks Ball langsam auf die Straße rollen. Sofort lief ich los und wollte ihn aufhalten, doch ein anderer Junge kam mir zuvor und hob den Ball auf. Abrupt blieb ich stehen und seufzte erleichtert. „Danke, dass du ihn aufgehalten hast Chris.“ Ich streckte meine Hände aus, um den Ball dankend anzunehmen, doch Chris sah mich grinsend an. „Du kriegst ihn nicht!“, sagte er sekkierend und streckte mit dem Ball in der Hand den Arm aus. Mein Cousin war auch schon so zwei Köpfe größer als ich. Und nun hatte er auch noch seinen Arm ausgestreckt. Wie sollte jemals ein kleines Kind, wie ich an den Ball kommen? Ich sprang hoffnungsvoll auf und ab, um den Ball irgendwie zu erwischen, doch vergebens. Chris war einfach zu groß. Beleidigt zog ich einen Schmollmund und verschränkte genervt meine Arme. „Gib mir bitte den Ball Chris.“ „Hol ihn dir doch Kusinchen.“, lachte er amüsiert. Wütend stampfte ich auf den Boden und sagte leicht aufbrausend: „Gib mir bitte jetzt den Ball, oder…“, sagte ich zu ihm. „Oder was?“, fragte Chris neugierig. Ich holte tief Luft und sagte nachdenklich: „Ich erzähl ihnen, was du gemacht hast.“ Sofort riss Chris seine Augen erschrocken auf und senkte langsam seinen Arm. „Nein, das wirst du nicht!“, schrie er kurz darauf. „Doch!“ Kaum hatte Chris seinen Arm wieder unten, schnappte ich mir den Ball und zerrte an ihm wie wild herum, doch Chris ließ einfach nicht los. „Wehe du sagst meinen Eltern was ich gemacht habe!“, sagte mein Cousin aufbrausend. „Dann gib mir den Ball! Das ist Mark seiner!“ In einem Ruck hatte Chris mir den Ball aus der Hand gerissen und mit der anderen Hand hielt er mich am Arm fest. „Du wirst es ihnen nicht sagen, okay?“, meinte er angsteinflößend. „Au! Das tut weh!“, schrie ich auf, doch er ließ einfach nicht los. Beängstigt zerrte ich erneut wie wild um mich herum. „Lass mich los Chris!“ Sofort spürte ich, dass seine Hand nachließ, doch anstatt mich loszulassen, drückte er mich weg. Ich stolperte nach hinten und konnte mein Gleichgewicht nicht mehr halten.

Es ging alles so schnell, dass ich gar nicht realisierte, was in diesem Moment eigentlich mit mir geschah. Ich wusste nur noch, dass mir etwas Warmes über das Gesicht lief und ich Schmerzen hatte. Starke Schmerzen.

„Chris! Lauf weg!“, hörte ich noch eine männliche Stimme rufen, bevor es dann vor meinen Augen schwarz wurde und ich mein Bewusstsein verlor.

[Flashback Ende]

Das war alles an was ich mich erinnern konnte. Schlagartig breitete sich unerklärliche Kälte in mir aus. Ich hatte am ganzen Körper Gänsehaut und meine Hände hörten nicht mehr auf zu zittern. Völlig nervös sagte ich zu Chris: „Du warst damals dort…am Tag des Unfalls…“ Vor Schreck erstarrte mein Cousin zu Eis. Er hatte seine Augen weit aufgerissen und seine Hand hielt verkrampft die Kaffeetasse fest. So langsam fing er etwas zu zittern an. „Du warst es…“, sagte ich mit glasigen Augen und machte eine Pause, bevor ich dann wieder nachdenklich meinen Satz fortsetze: „Es war nicht Mark…“ Schockiert zuckte Chris zusammen, als ich meine Satz aussprach. Seine verkrampfte Hand ließ die Tasse los und formte sich zu einer Faust. „N…nein…“, stotterte er, doch ich unterbrach ihn: „Du warst es…ich kann mich erinnern. Du hast mich damals auf die Straße geschubst, weil ich sonst verraten hätte, dass du damals geraucht hast!“ Ich wurde von Wort zu Wort lauter und aufbrausender. Vor Wut konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. „Du hast mich angelogen Chris!“, schrie ich ihn wütend an und sprang entsetzt vom Sessel auf. Schon wieder hatte ich dieses Gefühlschaos in mir. Ich war wütend, weil er mich angelogen hatte, aber ich war auch traurig und entsetzt, dass er mir so etwas antat. „Wieso…wieso hast du das getan?“, fragte ich schluchzend. Er stieß einen erbitterten Seufzer aus und wischte sich nachdenklich mit der Hand über das Gesicht. „Lin…es ist nicht so…“, sagte er seufzend und wandte seinen ernsten Blick zu mir. „Chris! Lüg mich nicht schon wieder an! Ich kann mich doch wieder daran erinnern!“, schrie ich sofort.

Damals vor 14 Jahren (Got7 Mark FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt