Kapitel 17-Rob

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Wenn man die Welt wie durch einen Schleier sah, schien sie viel leerer und stiller zu sein.

Doch in genau solchen Momenten waren die Gedanken am lautesten, sie schrien und wüteten in deinem Kopf, bis alles zu zerbrechen schien und dir nichts weiter übrig blieb, außer in ein tiefes Loch zu sinken und die Stille um dich zu genießen.

Leider funktionierte das bei mir nicht so, wie ich gern hätte, denn der Schleier der Welt die ich sah brach Stück für Stück, bis die harte Realität über mir einfiel.

Ich betrachtete das Bett, in dem Simon und ich immer geschlafen hatten, in dem wir uns geliebt hatten, und in dem wir wohl nie wieder zusammen liegen würden.

Wann war alles so aus dem Ruder gelaufen?

Begann es, als ich Geheimnisse vor Simon hatte? Als wir hier aufgenommen und ausgequetscht wurden? Oder als unsere Gruppe Ost verlassen hat und wir ziellos über unerforschtes Gelände gefahren sind?

Ich wusste es nicht, aber es spielte auch keine Rolle, denn so wie es jetzt war, war es definitiv nicht so wie es sein sollte.

Während ich die leere Betthälfte von Simon wehmütig betrachtete, schnaufte Falco neben mir.

»Das sollen wir jetzt einfach auf uns sitzen lassen?« frage er aufgebracht und lief im Raum umher.

Normalerweise war die Ruhe in Person, aber nachdem ich ihm alles erzählt hatte, wirklich alles, war der Stuhl auf dem Balkon gelandet und die Gläser waren ein einziger Scherbenhaufen.

Ich wusste gar nicht, dass Falco überhaupt wütend werden konnte.

»Was willst du denn machen?« fragte ich resigniert. Mein Blick ins Leere gerichtet.

Er schnaubte. »Er hat Ihre Lüge gegen Sie verwendet! Er hat Simon gegen Sie aufgehetzt! Er hat...« Falco brach den Satz kopfschüttelnd ab.

Ja, Herr Wright hatte Sam, Malik und Simon erklärt, was ich angeblich getan hatte und nun waren alle überzeugt, dass ich ihr Feind war. Zumindest in dieser Angelegenheit.
Nur Falco wollte sich nicht bequatschen lassen, hatte mich erklären lassen und war einfach der treue Butler, der er schon so lange war.

Was nun mit Herr Field war, wussten wir nicht; er war Herr Wright und Simon hinterhergeeilt.

Wir saßen bloß hier und warteten, worauf wussten wir auch nicht.
Mittlerweile war es später Abend und ich war müder als sonst.

»Ich verstehe bloß nicht, wieso Simon mir nicht zuhören wollte...« murmelte ich.

Falco seufzte wieder, diesmal mitleidig, und stoppte sein rumgetiegere.
»Naja...sie hatten seit Wochen Geheimnisse vor ihm. Noch dazu haben sie die Lügen, die Herr Wright ihm aufgetischt hat, nicht abgestritten...wieso?«

Ich rieb mir erschöpft über die Stirn. Dieses Gefühl alles versaut zu haben drückte auf meine Brust, auf mein Gemüt und war einfach nur demütigend.

»Das war eigentlich der Plan um Herr Wright davon abzuhalten, West in Schutt und Asche zu legen...oder ihn zumindest durch falsche Informationen auf die flasche Fährte zu bringen. Ich hätte doch nicht ahnen können, dass er das gegen mich verwendet!«
Und wenn ich es abgestritten hätte, dann hätte Herr Wright andere Informationen genutzt, die richtigen.

Ich verfluchte mich innerlich, dass ich das ganze überhaupt in Gang gebracht habe.
Hätte ich bloß mit Simon geredet, oder mit allen anderen, hätten wir gemeinsam eine gute Lösung gefunden.
Aber nein, mein blöder Arbeitswahn hat dafür gesorgt, dass ich alles alleine machen wollte, nur um den Helden zu spielen und als Retter dazustehen.

Hat es was gebracht? Nein.
Natürlich nicht.

Ich habe den wichtigsten Ratschlag meiner Eltern vergessen: Ehrlichkeit.

Ehrlichkeit ist das einzige was immer zählt; ehrlich zu sich selbst und anderen zu sein.

Ich blicke gequält ins Leere, wenn ich an meine Eltern dachte wurde ich immer wehleidig.

»Falco...würden sich meine Eltern für mich schämen?« fragte ich leise.

Mein ehemaliger Angestellter und bester Freund betrachtete mich kurz schweigend, ehe sein Blick weich wurde.

»Robert...sowas sollten Sie niemals denken." sagte er sanft, aber bestimmt und setzte sich neben mich.
»Wenn Ihre Eltern Sie jetzt sehen könnten...sie wären so stolz auf Sie. Alles was Sie erreicht haben, das würde sie begeistern!«

»Es würde sie entsetzten! Ich habe unser Familienhaus verlassen, die Menschen in Gefahr gebracht die ich liebe und meine Heimat der Zerstörung nahe gebracht! Und ich habe alle belogen...«
Ich senkte den Blick vor Scham.

»Ihre Eltern wären stolz. Sie haben Ihren Liebsten gerettet, mehrmals! Sie wollten ihm ein sicheres Zuhause bieten, das ist nichts wofür Sie sich schämen müssen. Alles was Sie getan haben, haben Sie getan um ihn zu beschützen. Das ist etwas ehrenhaftes, worauf Sie stolz sein sollten, und auch Ihre Eltern würden Sie dafür noch mehr lieben.«

Falco war immer für mich da, wenn es mir schlecht ging und so auch diesmal.

»Danke Falco...« sagte ich leise, was ihn lächeln ließ.

»Wir kommen auch aus diesem Schlamassel raus, mein Herr. Keine Sorge. Und dann leben wir alle glücklich ein ruhiges Leben.« sagte er zuversichtlich.

Ich lächelte beruhigt, denn wenn Falco es so sagte, dann würde es auch so sein.
Wir würden unser Happy End bekommen, auch wenn wir einige Probleme hatten, wir würden sie lösen.
Diesmal zusammen.

Es klopfte an der Tür, ich sprang auf, in der Hoffnung es sei Simon, aber warum sollte Simon hier klopfen? Seine Sachen wurden ja schon geholt.
»Ja?« rief ich leise und sah, ebenso wie Falco, neugierig zur Tür.

Herr Field kam rein und seufzte leise.
Er sah ebenso erschöpft aus wie ich mich fühlte, seine dunklen Haare fielen ihm in die Stirn, er hatte Augenringe und seine Haut war blasser als sonst.

»Herr Field.« brachte ich hervor, obwohl ich so viele Fragen hatte.
Wenn jemand wusste, was jetzt passierte, dann er.

»Robert, es tut mir alles so leid.« sagte er und kam zu uns, wirkte dabei so mitgenommen, dass er mir einfach nur leidtat.
»Ich hätte nicht gedacht, dass er so weit geht...dabei hätte ich es wissen sollen!«

»Sie können nichts dafür.« sagte ich betroffen. Er tat mir leid, er wollte genauso wenig, dass West zerstört wurde.

Kurz schwiegen wir alle, dann meldete sich Falco vorsichtig zu Wort.
»Und, was wird jetzt?«

Markus war still, atmete tief ein und aus und schien zu überlegen, was er sagen sollte.
»Ich weiß nicht ganz...Linus hat mich gefeuert.«

»Was?!« rief ich erschrocken aus, zügelte mich aber wieder und ließ die Schultern sinken.

Herr Field nickte niedergeschlagen. Das erste Mal, seit ich ihn kannte, wirkte er nicht so, als ob er ein unnahbarer Heimlichtuer wäre, sondern als ob ihm das ganze wirklich nahe ging.

Er hat durch den Job wohl mehr verloren als bloß eine Arbeit.

»Wir werden weitersehen...morgen. Ruht euch aus, wir schauen besser weiter, wenn wir ausgeschlafen sind.«

Ich nickte und sah zu, wie Falco und Markus das Schlafzimmer verließen.

Jetzt war ich wirklich allein.
In diesem riesigen Bett.
Im Dunkeln.

Ich wusste nicht, wie ich ohne Simon einschlafen sollte, wie ich überhaupt ohne Simon etwas tun sollte. Ich wusste nicht mal, wie wir gerade standen, aber wie sollte ich das erfahren?
Simon würde wohl nicht mit mir reden.

Wie sollte ich bei so viel Durcheinander ohne Halt bloß schlafen?

Oh man
...und dann wird im nächsten Kapitel auch noch geheult ;-;
(Ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten :3)

Wrong Side-Ewige Liebe [Band 3] || CrispyWill [Beendet]Where stories live. Discover now