Kaptiel 04-Simon

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Der Morgen kam ziemlich spät, da Rob, ich und auch die anderen sehr lange geschlafen hatten.

So lange, dass wir das Frühstück verpasst hatten und nun zum Mittagessen in einer Art Speiseraum saßen, an einem runden Tisch, für uns 5.

Wir hatte uns kurz über die Nacht ausgetauscht, schwiegen aber sonst.
Nur Sam und Malik unterhielten sich leise über die verschiedenen Gebäude, die sie gesehen hatten und umbedingt von Nahem sehen wollten.

Das Essen war köstlich, doch ich war satt und sah nachdenklich auf den Tisch.
Uns wurde gesagt, dass wir zu Einzelgesprächen abgeholt werden würden, uns solange in unseren Zimmern aufhalten dürften.

Ich stellte mir die Frage, wer wohl diese Befragung durchführen würde; Herr Field oder Herr Wright.
Und wen von uns holen sie zuerst?

Ich hoffte ein bisschen, dass es nicht Rob oder ich war, auch wenn das sehr wahrscheinlich war, dennoch bestand dieser Gedanke, mich mit Rob, nicht im Beisein der anderen, darüber austauschen zu können, was wir sagten und was nicht.

Eine Tür wurde geöffnet, das letzte Gemurmel verstummte und wir blickten einer jungen Dame entegen, orgentlich gekleidet und mit Klemmbrett in der Hand.

»Simon, würden Sie uns bitte begleiten?« fragte sie höflich.
Ich wurde kurz nervös, lächelte Rob und den anderen zu, ging dann hinter der Dame her.

Als wir einen sehr langen Flur entlang liefen, schwieg ich, wurde aber zunehmend nervöser.
Was sollte ich sagen? Was würde er fragen? Was würde Rob tun?

Wir stiegen in einen Fahrstuhl, welcher an allen vier Seiten aus Glas bestand, und fuhren eine ganze Weile hoch.
Ich traute mich nicht zu fragen, ob diese Dame etwas wusste, ich wusste ja selbst kaum, was man mich jetzt fragen könnte.

Irgendwann standen wir, wohl im obersten Stockwerk des Gebäudes, vor einer breiten Holztür.
Die Frau klopfte, als ich ein "Herein" vernahm, öffnete sie die Tür und ließ mich rein.

Ich stand in einem Büro, es war sehr groß, hatte eine Couch, eine dieser schwarzen, flachen Kästen mit den Menschen darin, und einen Schreibtisch, an dem Herr Wright stand und mich anlächelte.

»Simon, danke, dass sie hier sind.« sagte er freundlich, deutete auf die Couch, auf die wir uns sogleich setzten.
Er goss mir Wasser in ein Glas, reichte es mir und stellte die Kanne auf dem Glastisch neben uns ab.
Alles war modern gehalten, entweder weiß, oder holzig.

Die Fenster der einen Wand waren hoch und boten einen tollen Ausblick über die Stadt.

»Möchten Sie sonst etwas? Einen Snack oder so?«

Ich schüttelte den Kopf verneinend, vor Nervosität hatte ich einen Kloß im Hals und konnte kaum reden.

»Sie brauchen doch nicht nervös zu sein, Simon. Ich habe bloß ein paar Fragen auf die ich Antworten möchte.«

Wieder nickte ich, aber etwas beruhigter.

»Also...Ihr kommt alle aus Europa. Wie ist das Leben dort?« fragte Herr Wright lächelnd, lehnte sich dabei entspannt zurück und musterte mich genau;
Jedenfalls fühlte es sich so an.

»Naja...also was Sie als Europa bezeichnen, ist bei uns Ost und West...diese Teile sind getrennt durch eine Mauer...« gab ich zu, bemerkte wie sich seine Augenbrauen neugierig hoben.

»Wirklich? Wir dachten es sei eine Stadt.«

Ich nickte, etwas entspannter.
»Ja, damals hatten die beiden Bürgermeister der Stadt Europa verschiedene Vorstellungen, dem Krieg entweder entkommen oder mitwirken...«

Diese Geschichte wurde uns tausend Mal erzählt, immer wieder hörten wir Ostler, wie West Schuld an unserer Armut hatte.

»Daraufhin teilte sich diese Stadt, in Ost, den ärmeren, ländlicheren Teil unter Präsident Roy und West, den reichen, urbanen Teil unter Präsident Stein.«

Herr Wright nickte fasziniert.
»Fahr bitte fort, das ist wirklich spannend.«

Ermutigt fuhr ich mit meiner Erzählung fort.
»Also wie gesagt, die Teile sind durch eine Mauer getrennt. Es gibt Rebellen auf beiden Seiten die für regelmäsige Überfälle gesorgt haben...dadurch gab es Löcher in der Mauer. So haben Rob und ich uns kennengelernt; er ist Westler und ich...eigentlich Ostler...«

Ich strich wie aus Reflex über mein Tattoo, immer wenn ich an meine alte Heimat dachte geschah das, fast automatisch.

»Eigentlich?« fragte er interessiert.
»Hat das was mit dem Tattoo auf deiner Wange zutun?«

Herr Wright hatte es also bemerkt, wie auch nicht, es war ein großes Zeichen der Demütigung.
»Ja leider...aber das ist eine lange Geschichte.«

Er schien zu merken, dass ich nicht darüber reden wollte, also nickte er.

»Wieso seid ihr dann aus Europa geflohen? Oder... überhaupt rausgekommen?«

»Das ist wirklich eine lange Geschichte...kurz gesagt: Es gab Krieg zwischen beiden Seiten und wir nutzten die Chance um zu fliehen.«

»Interessant...Krieg also...« nuschelte er.

Ich nickte, unsicher, ob ich zu viel gesagt hatte. Den Krieg würden auch die anderen erwähnen, sonst wäre dir Geschichte unserer Flucht eine Lüge.

»Wenn Sie sich so für Europa interessieren, wieso sind sie nie selbst dort hin gefahren?« stellte ich nun die Gegenfrage.

Herr Wright schwieg kurze Zeit, seufzte dann.
»Wir haben es versucht, aber man ließ uns nicht rein. Man hat mit Kanonen auf uns geschossen, wir sahen keinen friedlichen Weg hinein.«

Ich erstarrte.
Leute von außen wollten zu uns, aber niemand hat sie hineingelassen?
Was sollte das?
Wieso hatte man uns jahrelang weiß gemacht, draußen gäbe es nichts lohnenswertes?

»Wusstet ihr das nicht?« fragte Herr Wright erstaunt.

Ich schüttelte betrübt den Kopf.
»Nein...« gab ich zu.

»Nun...ihr wisst ja von dem Krieg, doch so schrecklich er auch war, so bald war er auch vorbei. Europa nahm damals die Menschen zum Schutz auf, hatte sie aber nicht rausgelassen...«

Immer noch geschockt sah ich auf den Boden.
Ich dachte immer wenigstens dieser Sache vertrauen zu können, dass niemand von außerhalb zu uns wollte.

Ich hatte mich wohl getäuscht.

Herr Wright musste gemerkt haben, dass ich enttäuscht war und wechselte das Thema.

»Du und dieser...Robert Brosowski, seid ihr ein Paar?« fragte er, ohne jegliche Abscheu in der Stimme.

Ich nickte.
»Das ist richtig...Sam ist meine große Schwester, Malik ein gemeinsamer Freund und Falco der Diener von Rob.«

»Diener?«

»Ja, naja eigentlich ist Rob reich...gewesen. Er musste es aufgeben um mit uns zu fliehen.«

»Robert hat also sein gesamtes Hab und Gut aufgegeben, nur um an Ihrer Seite zu sein?« erkundigte er sich sehr interessiert.

Ich nickte, nicht mit weniger Wehmut im Herzen.
Er hatte es alles aufgegeben...für mich.

»Interessant...« hörte ich Herr Wright murmeln.
»Außerst... Interessant...«

Alsooo...ich denke Simon vertraut da zu schnell jemandem...

Wrong Side-Ewige Liebe [Band 3] || CrispyWill [Beendet]Where stories live. Discover now