8. Chapter

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~ JAY ~

Der Weg schien endlos und langsam machte sich mein Rücken wieder bemerkbar. Ich wollte keine Schwäche zeigen, also sagte ich nichts. Doch der Rucksack wurde gefühlt immer schwerer und der Schmerz ließ sich nicht mehr so einfach ignorieren. Unbewusst wurde ich langsamer und fiel etwas zurück. Was mir gar nicht gefiel, da ich bei den anderen dranbleiben musste. 

Also versuchte ich aufzuholen, doch bereute meine schnellen Schritte sofort. Schmerzwellen schossen durch meinen noch nicht verheilten Rücken und ließen mich verkrampfen.

„Parker?", hörte ich Lennox Stimme irgendwann und blinzelnd hob ich den Kopf. 

Lennox Gesicht verdeckte die Sonne und so konnte ich meine Augen wieder normal öffnen. In seinem Blick lag zwar eine kleine Brise Mitgefühl, doch seine Stimme war kalt wie Eis. Das er mich mit Nachnamen ansprach, versetzte mir auch einen Stich. Hatte das Gespräch gestern etwa so viel zwischen uns verändert?

„Parker, alles okay mit ihnen?", fragte er, doch ich sah nur gedemütigt zu Boden. Ein Soldat, der seine eigenen Sachen nicht tragen konnte, war es nicht Wert sich ein Soldat zu nennen. Ich stand ja jetzt schon wie ein Vollidiot da.

Auf einmal wurde mir der Rucksack vom Rücken genommen und die Schmerzen verschwanden. Erleichtert richtete ich mich auf und atmete durch. Das fehlende Gewicht vermisste ich nicht, aber dennoch schaffte ich es nicht, mich bei Lennox dafür zu bedanken. Stattdessen sah ich ihm nur dankbar an und wir liefen weiter.

Die Sonne brannte zwar immer noch auf meiner Haut, aber kühler Wind zog durch die Wüste und kühlte meinen Körper ab. Ich war nicht der Einzige, der das genoss und wir kamen unserem Ziel langsam näher. Schon von weiten sah ich den Lagerplatz, die Zelte und die ganzen Ziegen und Kamele.

Lennox lief etwas schneller und wir folgten ihm etwas genervt. Bei dem riesigen Lager angekommen, kam uns auch gleich ein älterer Mann entgegen und die Situation erinnerte mich sehr an die, als wir angekommen waren. Deshalb verkrampfte ich und sah mich misstrauisch um. Den anderen erging es nicht anders. 

Unser Leader hingegen unterhielt sich kurz mit ihm. Dann wandte er sich an uns und signalisierte uns, näherzukommen. Wir taten dies nur widerwillig und ich hielt meine Waffe fest umklammert. Doch anders als im Dorf, hatten wir freie Sicht und konnten jeder Zeit fliehen.

Die Leute empfingen uns freundlich und boten uns Essen und Trinken an. Ein Luxus, den man sonst nicht gewohnt war. Doch Lennox schien das nicht zu kümmern, seine Priorität war, einen Schlafplatz zu finden. Und den fanden wir auch. 

Meinen Rucksack hatte ich wiederbekommen und müde machte ich mir mein Nachtlager. 

Gerade hatte ich mich hingelegt, als sich jemand neben mich setzte. Verwirrt öffnete ich meine Augen und sah in die braunen von Caleb. „Was gibt's?", fragte ich ihn. Doch er zog die Augenbrauen zusammen und sah mich schief an. „Komm schon, ich kenne dich schon lange genug. Irgendetwas ist doch?", meinte ich belustigt.

Er senkte den Kopf. „Du hast mir noch immer nicht gesagt, was passiert ist. Klar, ihr hattet eine Meinungsverschiedenheit, aber da ist doch noch etwas." Ich wollte ihn gerade unterbrechen und sagen, dass er sich irrte, doch er hob die Hand. „Bitte sag es mir Jay. Du weißt, unser Leben hängt vermutlich davon ab." 

Ich musste schlucken und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Er wusste gar nicht, wie recht er damit hatte. Dennoch log ich ihn an. „Es ist wirklich nichts, mach dir keine Sorgen."

Sein Gesichtsausdruck veränderte sich und sauer sah er mich an. „Denkst du nicht, dass du mir eine Erklärung schuldig bist?"

„Nein", antwortete ich kühl und ignorierte das schlechte Gewissen. 

„Wie du meinst." Er legte ich hin und drehte mir den Rücken zu. Noch eine ganze Weile sah ich ihn an und fragte mich, ob es richtig war, ihn anzulügen. 

Die Sonne ging langsam unter und doch ich konnte mal wieder nicht einschlafen. Also entschloss ich mich dazu, eine Runde durch die Zelte zu gehen. Mir war klar, dass das nicht erlaubt war und ich bei meinem Team bleiben sollte, nur dachte ich nicht daran.

Die Wüste schimmerte rot und ein leichter Wind ging. Er blies mir warme Luft ins Gesicht und ich schloss kurz meine Augen, vergaß für einen Augenblick meine Probleme. Ein wenig Sand wurde durch den Wind aufgewirbelt und die Zelte flatterten.

Ich dehnte mich kurz und augenblicklich protestierten meine schmerzenden Glieder. Da meine Kondition eh schlecht war, würde die Runde sehr kurz werden. Nur mal um das Lager und nicht allzu weit entfernen. Es tat nach einer Weile sogar gut, mal zu laufen. Die Muskeln etwas lockern und aufwärmen. 

Bei der Hälfte der Strecke, bemerkte ich, dass es langsam dunkel wurde. Was Liam jetzt wohl machte? Wahrscheinlich all die Sachen, die er bei der Armee nicht durfte. Party machen, ein hübsches Mädchen daten oder essen was er wollte. Aber vielleicht dachte er ja auch an uns, macht sich Sorgen.

Egal wie allein wir sind, wir schauen alle zum selben Himmel. Das hatte meine Mutter immer gesagt der Gedanke beruhigte mich innerlich und ich atmete wohlig aus. 

„Tut gut, mal die Seele entspannen zu lassen und nicht an die ganzen Probleme zu denken, was?" Hastig drehte ich mich um. Ich dachte erst, Lennox stand hinter mir, doch ich sah nur einen arabischen Mann, mit sehr dunkler Haut, einen kurzen schwarzen Bart und einem weißen Kopftuch. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken. Ich bin Alim", stellte er sich vor und lächelte.

„Jay." kurz nickte ich, dann sah ich an ihm vorbei auf das Lager. Es sah alles so ruhig aus, friedlich, fast als gäbe es keinen Krieg.

„Was beschäftigt dich, Kleiner?", wollte er von mir wissen. Ruckartig sah ich wieder in seine dunklen Augen, die viel Erfahrung und Weisheit in sich trugen.

„Was geht sie das an?"

Er lachte kurz und grinste mich dann an. „Vermutlich nichts, aber jeder muss mal reden. Also?"

„Nichts. Alles in Ordnung, wollte nur ein bisschen laufen", versicherte ich ihm. Nie im Leben würde ich mit einem Fremden darüber reden. Diese Informationen waren streng vertraulich und nichts für seine Ohren!

Alim glaubte mir nicht, doch sagte noch, „Du musst es ja wissen, aber lass mich dir eins sagen. Wenn man mal jemanden erzählt, was einem auf der Seele liegt, dann geht es einem meistens besser. Auch wenn du das jetzt noch nicht glauben kannst." Dann drehte er sich um und ging.

Kurz überlegte ich und ließ mir seine Worte noch mal durch den Kopf gehen. „Warte! Es gibt da doch etwas..." 

Interessiert und mit wissendem Blick drehte er sich wieder zu mir um. „Dann erzähl mal Kleiner."

Ich seufzte. „Was würden sie tun, wenn ihr Vorgesetzter nur nach Rache dürstet, dabei das Leben des gesamten Teams riskiert und sie nichts dagegen tun können?", stellte ich meine Frage und erklärte ihm somit auch die Situation, in der ich mich befand, ohne zu viel Infos preiszugeben.

„Das ist eine gute Frage", sagte er und strich sich nachdenklich durch seinen dunklen Bart. Alims Blick ging zu den Zelten. Noch vereinzelt liefen Menschen umher, fütterten Tiere oder packten Sachen in die Zelte, um sie vor Dieben in der Nacht zu schützen. Nur von meinem Trupp war keiner zu sehen.

„Wissen sie, Johnson hasst den Frieden. Und jetzt wohl auch mich", meinte ich niedergeschlagen. „Er ist der Meinung als Soldat wäre ich gezwungen den Frieden ebenfalls zu hassen, aber das kann ich nicht." 

Der Schwarzhaarige drehte seinen Kopf wieder zu mir. „Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Nur, weil du ein Soldat bist, musst du den Frieden noch lange nicht verabscheuen." Seine Stimme klang etwas vorwurfsvoll und in seinen Augen blitzte Zorn auf. „Bleib bei deiner Meinung, vielleicht rettet deine Einstellung euch ja noch das Leben." Das war das Letzte was er sagte, ehe er mich allein ließ.

A Soldier's LegacyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt