3. Chapter

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~ JAY ~

Am nächsten Tag öffnete ich die Tür zu meinem Zimmer und wurde auch schon gleich von Liam und Caleb begrüßt. Ich konnte anhand ihrer festen Umarmung und ihren lauten Stimmen gut erkennen, wie sehr sie mich vermisst hatten, obwohl ich nur zwei Tage weg war.

Glücklich erwiderte ich die Umarmung und so standen wir eine Weile lachend und umarmend einfach nur da. Das musste von außen so aussehen als wären wir total gestört. Aber vermutlich stimmte das auch. Normalerweise hasste ich köperkontakt, aber jetzt tat mir die brüderliche Umarmung einfach nur gut. 

„Du kommst genau richtig zum Training", meinte Liam immer noch lachend und klopfte mir auf die Schulter. 

Da hatte man mal ein Stückchen Freiheit, konnte Party machen, alte Freunde treffen, mal wieder etwas Alkohol trinken und Essen was man wollte, und kaum war man zurück, wurde man ins kalte Wasser geschmissen und spürt den harten Alltag in der Militärbasis. Aber was hatte ich auch erwartet?

„Komm schon, etwas mehr Begeisterung!", verlangte Caleb laut, der sich mit Sicherheit aufs Training freute. 

Was war er nur für ein Mensch? Nicht, dass ich Sport hasste! Ich liebte es, nur eben nicht alles davon. Auf gewisse Programme konnte ich gut und gern verzichten. Da ich nicht reagierte und ich auch keine Begeisterung zeigte, nahm mich Liam in den Schwitzkasten und drückte seine Faust auf meinen Kopf. Statt mir zu helfen, lachte Caleb sich nur schlapp. 

„Liam, du Arsch, wenn ich dich in die Finger bekomme!", drohte ich ihm.

Doch er lachte nur. „Dann was?"

„Dann kannst du dein Bett in Zukunft allein machen und wer weiß, vielleicht finden ja dann ein paar Ungeziefer ein Zuhause in deinen Klamotten", knurrte ich, während ich versuchte mich aus seinem Griff heraus zu winden.

Er hielt inne, ließ mich aber nicht los. „Das wagst du nicht", sprach er entgeistert.

Ich grinste. „Oh und wie ich das wagen werde. Und du weißt, was passiert, wenn unser Bett nicht ordentlich und unsere Ausrüstung nicht sauber ist." 

Aus eigener Erfahrung, wusste ich, wie beschissen es war, wenn man die gesamte Kaserne nach dem Training putzen musste. Sauberkeit und Ordnung wurden hier eben ganz großgeschrieben. Zumindest für die niedrigen Dienstgrade.

„Ist ja gut, chill mal. kein Grund, gleich so große Geschütze auszufahren", antwortete er schnell und sein Griff verschwand. 

Caleb verdrehte die Augen und seufzte leise. Liam hatte es bis heute nicht geschafft, seine Sachen so zu hinterlassen, dass unser Offizier damit zufrieden war. Als Freunde halfen Caleb und ich ihm dabei und er verschaffte uns gelegentlich etwas Alkohol und Gutes zu Essen.

Mit zerknautschtem Gesicht sah mich Liam an. Dann packte er mit beiden Händen meine Schultern und schüttelte mich ordentlich. Mal ehrlich, was hatte der heute genommen?! Oder nicht genommen... 

„Trotzdem, du bist ein Soldat. Also sollte dir das Training eigentlich Spaß machen! Schließlich bist du freiwillig hier!" Da hatte er sogar recht. Niemand hatte mich gezwungen.

Künstlich lächelte ich und verzog mein Gesicht zu einer Grimasse. „Siehst du jetzt meine Begeisterung?!" Ich riss mich von ihm los, rannte auf den Gang und schrie. „Ich hab heute voll Bock aufs Training, obwohl ich eventuell krepieren werde, und bin hoch motiviert!" Hoffte dabei, dass mich keiner der Offiziere hörte und mir Extratraining aufgab.

Meine Stimme hallte laut im leeren Gang. Das könnte noch Ärger geben. 

Mit großen Schritten lief ich zurück ins Zimmer, ignorierte Liam und Caleb, die perplex dastanden, zog meine Sportsachen an und verließ das Zimmer. Kurz hielt ich noch mal inne und drehte mich um. „Kommt ihr jetzt mal?!"

Hastig und leicht verstört nickten sie und folgten mir durch den Flur. Auch andere kamen langsam aus ihren Zimmern und wir bereiteten uns aufs Training vor.

Anfangs war ich noch sehr motiviert, doch ich kam schnell an mein Ende. Unsere Klamotten und Ausrüstung waren eben schwer und es war verdammt heiß. Die Sonne kannte heute keine Gnade und meine schwere Waffe, bereitete meinen Armmuskeln Schmerzen. Auch wenn meine Begeisterung nicht wirklich echt war, wollte ich doch Liam zeigen, dass ich sportlicher war als er. 

Doch weit gefehlt. Im 100 Meter Lauf hätte ich ihn mit Sicherheit schlagen können, doch beim Hindernisparcour mit schweren Sachen, wo jede Menge Kondition erforderlich war, hatte ich keine Chance gegen ihn. Obwohl ich recht fit war, protestierte mein Körper schnell und Liam hingegen schien noch jede Menge Energie zu haben. Bei den Liegestützen im Wasser wurde es nicht gerade besser und der Ausdauerlauf am Ende gab mir den Rest. Müde warf ich mich zu Boden und war froh, dass es vorbei war. 

Dann tauchten ein paar Schuhe neben mir auf. „So, und was genau wolltest du jetzt beweisen? Mit dem Krepieren hattest du ja recht, aber der Rest..." Liams Stimme klang ebenfalls erschöpft und völlig fertig. Als ich zu ihm hochsah, konnte ich sehen, dass auch er ordentlich schwitzte und seine Hände auf den Knien abstützte.

„Das waren bestimmt die beiden freien Tage, ich bin total aus der Form", jammerte ich und stand langsam auf.

Ungläubig sah er mich aus seinen blaugrünen Augen an. „Aus der Form? Du warst noch nie in Form und selbst wenn, dann ändern zwei Tage da auch nichts dran." 

Ich brummte genervt.

„Hör auf ihn so niederzumachen", mischte sich Caleb ein, der nun zu uns trat. Dankbar sah ich ihn an.

Liam lachte. „Ich mach ihn nicht nieder. Ich motiviere ihn nur und zeige ihm seine Schwächen." Grinsend wuschelte er mir durch die sehr kurzen Haare. 

„Ey!" Ich schlug seine Hand zurück und funkelte ihn wütend an. Zwar konnte er mir meine Frisur nicht zerstören, aber ich hasste es trotzdem.

„Antreten!", ertönte plötzlich die Stimme des Coporals. 

Wir zuckten unmerklich zusammen und standen auch schon kerzengerade. Er trat vor uns und mein Körper spannte sich wieder automatisch an. 

„Parker, Smith, mitkommen!" Ohne zu zögern, folgten wir ihm und ließen Liam allein zurück, der uns hinterher sah.

Wie auch vor ein paar Tagen betraten wir das Hauptquartier und wurden in denselben Raum geführt. Seit mir dort, der Tod meiner Eltern verkündet wurde, verband ich mit dem Raum nichts Gutes. 

Es warteten auch schon ein paar weitere Soldaten auf uns. Alle hatte ich schon mal gesehen, kannte aber nur von den wenigsten die Namen. Unter ihnen war auch der Command Sergeant Major. Sofort senkte ich den Blick, was ich eigentlich nicht sollte. Es war mir peinlich jetzt vor ihm zu stehen, mit dem Wissen, das er mich in einem schwachen Moment gesehen hatte. Ich war aber gezwungen aufzusehen, also sah ich in seine Augen. Sie verrieten nichts. Er wirkte kalt und der Raum erschien mir auf einmal viel kleiner.

„Nun Gentleman, wir haben vor kurzem eine Nachricht aus einem Militärstützpunkt in Afghanistan erhalten. Sie benötigen sofortige Hilfe und da sie alle ihren Dienst verlängert haben und ihre Ausbildung bereits abgeschlossen ist, werden sie morgen Früh für ein Sondereinsatzkommando ins Ausland fliegen." 

Der Coporal kam gleich zum Punkt und meine Nackenhaare stellten sich auf. Mein Magen rebellierte bei dem Gedanken, nach Afghanistan zu gehen. 

„Bei dieser Mission werden sie vom Command Sergeant Major Johnson begleitet. Er wird den Einsatz anführen. Gibt's noch Fragen?", wollte er wissen. Stille. „Dann abtreten!"

Wir taten wie uns befohlen und ich blickte Command Johnson noch einmal an. In seinen dunklen Augen blitzte Unsicherheit auf. Aber nur so kurz, dass ich meinte, es mir eingebildet zu haben.

Vor dem Gebäude kamen Caleb und ich kurz zum Stehen, ehe wir weiter zu den Unterkünften liefen. Dabei schwiegen wir und mir schwirrten tausende Fragen durch den Kopf.  Liam hatte denselben Grad wie wir, warum also nahm er nicht an der Mission teil? 

Ich dachte schon, die letzten Tage waren Scheiße, aber jetzt sah es noch beschissener aus. Morgen würde ich nach Afghanistan fliegen und mein Leben für mein Land riskieren. Und Das ausgerechnet unter der Führung von diesem Johnson. Das konnte was werden. Andererseits hatte ich nichts mehr, was mich hier hielt. Ich hatte nichts zu verlieren. Das einzige Gute war, dass Caleb mich begleitete, aber vielleicht war auch gerade das der größte Fehler.

A Soldier's LegacyWhere stories live. Discover now