7. Chapter

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~ JAY ~

„Ganz ehrlich...", er sah mir tief in die Augen und seine Worte klangen wie die pure Wahrheit, „Ich denke wir haben eine Chance, harte Arbeit zählt und unsere Herzenseinstellung. Wenn wir aber denken, wir schaffen das nicht und zweifeln die Entscheidung an, dann haben wir schon verloren." 

Ich nickte und dann wurde es kurz wieder still. Wir beide beobachteten wieder das knisternde Feuer, welches unsere Gesichter etwas erhellte und gaben uns unserer Gedankenwelt hin. 

Dabei fiel mir auch die komische Situation mit Lennox ein, als er mich beruhigt hatte.

„Ähm Johns.. ich mein Lennox, darf ich dich etwas fragen?", fragte ich und fuhr fort als er nickte. „Wieso hast du mich vor ein paar Tagen vor dem Militärzentrum für meine Aktion nicht zur Schnecke gemacht?"

Er antwortete nicht sofort und ich musste schlucken, weil mir die Situation noch immer unangenehm war. 

„Du hast mich an mich erinnert. Ich hatte auch mal so eine Phase und konnte deinen Schmerz und Frust gut nachempfinden. Außerdem sind wir Menschen und keine Maschinen. Gefühle sind normal."

Zu gern würde ich nachfragen, hatte aber Angst ihn zu drängen und zu nahe zu treten. Doch letzten Endes war meine Neugier größer. „Was ist damals passiert?" wollte ich wissen, in der Hoffnung, keinen wunden Punkt zu treffen.

Sein Gesicht verdunkelte sich kurz, als er sich zurücklehnte und dem Feuer nicht mehr so nah war. In seinen Augen blitzten mehrere Gefühle auf, wie Zorn, Hass, Trauer und Schmerz. Er schien abwesend und ich hatte wohl seine Achillesferse getroffen. 

„Meine Eltern habe ich schon als kleines Kind verloren und bin dann im Heim aufgewachsen. Dort wurde mir nicht wirklich viel Aufmerksamkeit geschenkt und es war keine schöne Zeit. Die Erinnerungen daran, habe ich weitestgehend aus meinem Gedächtnis verbannt. Aber ich weiß noch genau, als damals ein Soldat zu Besuch kam. Er hat uns Geschichten erzählt und für ihn war ich mehr als nur ein Kind, welches bemitleidet werden musste und zum ersten Mal hatte ich eine Person, bei der ich mich wohlfühlen konnte. Sicher. Seitdem wusste ich was ich werden wollte", erklärte er.

Überrascht hörte ich ihm zu. Ich hatte nicht erwartet, dass er seine ganze Story auspacken würde und war mir sicher, dass die Worte streng vertraulich waren.

„Doch als ich meinen Dienst anfing, war er schon tot. Fünf Jahre später, habe ich dann meinen besten Freund und Kameraden Killian verloren. Seitdem habe ich nur nach einer Möglichkeit gesucht, mich dafür zu rächen. Und jetzt habe ich endlich die Gelegenheit dazu."

Geschockt sah ich ihn an. „Dann ist das alles nur ein Vorwand, damit du deine Rache bekommst?!", fuhr ich ihn an.

Sein Blick wurde härter. „Was hast du denn gedacht, was wir hier machen? Wir rächen unsere Kameraden und bringen den Typ, wegen dem wir beide leiden mussten, um!"

„Ja, aber unter welchem Risiko? Du willst das Leben von uns allen aufs Spiel setzen, aufgrund eines persönlichen Ereignisses?!" Meine Stimme wurde lauter und ich senkte schnell die Tonlage, da ja noch Leute schliefen. War das sein Ernst? Rache war der Einzige Grund?! „Die Welt wünscht sich Frieden, doch du wirfst auch noch das Streichholz ins Benzin mit deiner Aktion!"

Frieden? Es herrscht schon lange kein Frieden mehr!", fauchte er und spuckte das Wort förmlich aus, als wäre es eine abscheuliche Krankheit.

„Ja, weil keiner den ersten Schritt macht! Keiner will nachgeben und das führt nur zu unnötigen Verlusten auf beiden Seiten!", keifte ich ihn an und war entsetzt darüber, welche Denkweise er hatte. 

Seine Stimme klang auf einmal so leise und der Hass in seinen Augen war unermesslich. „Wenn du Frieden so liebst, warum bist du dann Soldat geworden?"

„Weil ich dachte, ich könnte etwas verändern und meinen Teil dazu beitragen", sagte ich, dann drehte ich mich um und legte mich wieder hin.

Noch lange spürte ich seinen Blick auf meinem Rücken und mein Herz hämmerte laut gegen meine Brust. Der Verlauf des Gesprächs war gar nicht gut, doch wenigstens wusste ich jetzt, woran ich war. Und ich musste unbedingt etwas unternehmen, sonst wären wir alle bald tot.

Dadurch das ich mich vom Feuer weggedreht hatte, wurde mir ziemlich schnell kalt und es dauerte ewig, eh ich in den Schlaf fand.

***

Am Morgen wurde ich brutal von Lennox geweckt, der mich mit eisernem Blick ansah. Offenbar nahm er mir es noch immer übel, dass ich Frieden zwischen unseren Staaten wollte und seinen Plan nicht unterstützte.

Den ganzen Tag liefen wir durch die Pampa und Lennox verschwieg unserem Vorgesetzten bei der Militärbasis was passiert war und was wir vorhatten. Sie dachten es liefe alles nach Plan und wir wären noch vollzählig. Doch weit gefehlt. Lennox ignorierte mich und es herrschte eine angespannte Stimmung zwischen uns, die sich auf den gesamten restlichen Trupp auswirkte. Die anderen bekamen das natürlich mit und Caleb sah mich schon die ganze Zeit fragend an.

„Komm schon, denkst du ich merk die angespannte Stimmung nicht? Irgendetwas ist doch gestern zwischen euch vorgefallen", meinte Caleb, nachdem ich behauptete habe, es wäre alles in Ordnung.

Ich seufzte erschöpft. „Ich konnte gestern Abend nicht schlafen und da habe ich mich eben ein bisschen mit Lennox unterhalten... und da hatten wir eine kleine Meinungsverschiedenheit."

Er sah mich skeptisch und ungläubig an. „Eine kleine Meinungsverschiedenheit? Der sieht dich an, als wärst du irgendein Bakterium, was er entfernen müsste."

„Ich... Er meinte, ich würde ihn an sich selbst erinnern. Als er dann so von seiner Vergangenheit erzählt hat, habe ich den Hass in seinen Augen gesehen und in seiner Stimme lag solch eine Wut... fast wie Mordlust." 

Die Situation von letzter Nacht spielte sich wieder vor meinem inneren Auge ab und unsere Wörter wiederholten sich ständig in meinem Kopf. Dann sah ich wieder seine lodernden Augen, die durch das Feuer schienen und nach Rache dürsten. Ich hatte noch nie einen Menschen so gesehen, ich hatte ihn noch nie so gesehen. Die Realität nahm ich gar nicht mehr war, stattdessen erlebte ich die vergangene Nacht nochmal.

Die Welt wünscht sich Frieden, doch du wirfst auch noch das Streichholz ins Benzin, mit deiner Aktion!

Frieden?! Es herrscht schon lange kein Frieden mehr!

Ja, weil keiner den ersten Schritt macht! Keiner will nachgeben und das führt nur zu unnötigen Verlusten auf beiden Seiten!

Wenn du Frieden so liebst, warum bist du dann Soldat geworden?

Ich spürte ein leichtes Rütteln an meiner Schulter. 

„Jay? Jay!", vernahm ich Calebs Stimme. Kurz schüttelte ich meinen Kopf und meine Sicht klärte sich. Calebs braune Augen sahen mich besorgt an und die Stimmen verschwanden aus meinem Kopf. „Hey, alles klar mit dir? Du bist plötzlich stehengeblieben und hast aufgehört zu reden."

Ich sah an ihm vorbei und bemerkte, dass der Trupp stehen geblieben war und alle uns ansahen. Vor allem der kalte Blick von Lennox bohrte sich in meine Seele und ich verkrampfte mich. Es war mir einfach nur unangenehm von allen angestarrt zu werden.

„Ja alles okay. Tut mir leid, ich war nur kurz in Gedanken", erklärte ich, während ich mich am Hinterkopf kratzte.

„Wenn es sonst nichts ist, dann weiter!", sagte Lennox kalt und drehte sich wieder um. 

Die anderen taten es ihm gleich, nur Caleb bleib bei mir und erkundigte sich nochmal, ob es mir wirklich gut ging. Ich versicherte es ihm und lief dann schweigend als Letzter hinter den anderen.

A Soldier's LegacyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt