1.2 Führung und Feste

1.7K 69 7
                                    

"Wir essen hier. Wir schlafen hier. Wir bauen Gemüse an. Wir haben die Hütten gebaut", erklärte Chuck mir, während wir über die Wiesen gingen. "Was immer wir brauchen, kommt aus der Box. Alles andere ist uns selbst überlassen".

"Der Box?", fragte ich. Chuck zeigte auf das Ding in der Erde, womit ich hergekommen bin. Zwei Jungs waren gerade daran sie auszuräumen. "Ja", meinte er, "Einmal im Monat schicken sie sie herauf mit Vorräten und einem neuen Frischling. Tja und diesmal wart ihr drinnen".

Ich war verwirrt. "Raufgeschickt? Von wem?". Chuck schwieg. Er sah zu Boden. "Keine Ahnung".

Plötzlich unterbrach uns eine bekannte Stimme: "Hey, alles klar, Chuck?". Der schlanke Junge, der Ben vorhin festgehalten hat, kam mit einem Grinsen zu uns rüber getrottet. Seine dunkelblonden Haare waren zerzaust und dreckig.

Chuck grinste ebenfalls. "Victoria, das ist Newt. Wenn Alby nicht da ist, hat er das Kommando". Ich nickte und gab dem Jungen die Hand. Er schüttelte sie und sagte: "Hi, du warst ja wahnsinnig schnell vorhin. Für 'ne Sekunde dachte ich, du hast das Zeug dazu, ein Läufer zu werden, aber dann hat Ben dich platt gemacht".

Ich funkelte ihn an und musste schmunzeln. "Hättet ihr mich nicht abgelenkt, hätte ich ihn kalt gemacht". Newt lachte kurz. "Das glaube ich dir gern". Dann überlegte ich kurz: "Was ist ein Läufer?".

Newt räusperte sich und wich meinen Blicken aus, als hätte er sich versprochen, oder ähnliches. "Das erkläre ich dir ein anderes Mal. Heute gibt es noch viel zu tun". Damit verabschiedete er sich und lief in Richtung Felder.

Ich wand mich an Chuck, der nicht im geringsten daran zu denken schien, mir zu sagen, was Newt nicht getan hatte. Stattdessen zog er mich weiter zum Wachturm. "Ich hoffe, du hast keine Höhenangst", meinte er wie immer lächelnd. 

Dann kletterte er die Holzleiter nach oben und ich folgte ihm. 

Oben angekommen konnte man über die ganze Lichtung sehen. Man sah die Jungs an Hütten bauen, auf Felder arbeiten und noch vieles mehr. "Das ist alles, was wir haben", verkündete Chuck stolz, "Wir mussten sehr hart dafür arbeiten. Wenn du diesen Ort respektierst, wirst du mit uns hier sehr gut klar kommen".

Ich sah ihn an. Seine Augen glichen dem eines Kindes. Unschuldig und Naiv. "Wir haben hier drei Regeln, die für uns alle gelten und eine, die nur für die Jungs gilt".

Ich schaute wieder herunter und hörte Chuck zu, wie er alles Monoton aufsagte: "Erstens: Leiste deinen Beitrag. Für Schmarotzer ist kein Platz. Zweitens: Füge nie einem anderen Schaden zu. Das hier funktioniert nicht, ohne Vertrauen". 

Ich schnaufte amüsiert auf. "Dann habe ich heute schon eine Regel gebrochen...". Chuck schüttelte grinsend seinen Kopf, ehe er weiter redete. "Und drittens: Gehe niemals weiter, als bis zur Mauer".

Sein Blick wurde ernst. Ich schaute ihn an und zog meine Augenbrauen zusammen: "Warum? Was ist da draußen?". 

"Im Prinzip haben wir alle das Gleiche erlebt", versuchte er vom Thema abzulenken, "Wir wachen auf in der Box, jemand führt uns herum, am Abend gibt es ein Willkommensfest und dann geht das Leben hier weiter". 

Da anscheinend jeder hier dagegen war mir zu erklären, was hinter der Mauer lag, ging ich nicht weiter darauf ein. Ich hatte wohl keine andere Wahl, als hier mit ihnen zu leben. 

Aber es musste doch einen Grund geben, weshalb wir alle hier waren...

Doch Plötzlich sah ich einen Jungen aus dem riesigen Tor joggen. Er trug wie Ben einen Brustpanzer und war ebenso gelenkig gebaut, wie er. "Ich dachte niemand darf hier raus", stellte ich fest.

𝙼𝚊𝚣𝚎 𝚁𝚞𝚗𝚗𝚎𝚛 1-3: 𝙽𝚎𝚠𝚝/𝙶𝚊𝚕𝚕𝚢 𝙵𝙵Where stories live. Discover now