,,Oh mein Gott! Du bist ja ein Junge!", rief ich euphorisch auf und klang dabei wie ein Vollidiot, als mir die Idee einfiel.
,,Eh.. ja?", verwirrt sah er mich an.
,,Du musst mir einen Gefallen tun!"
Er sah mich noch immer verwirrt an. Mittlerweile etwas verängstigt. Ich konnte es ihm nicht übel nehmen.

,,Du musst heute mit mir zum Geburtstag meiner Freundin kommen! Ich hab' gelogen  und erzählt, dass ich eine männliche Begleitung hätte...
Du musst einen Tag meine Pseudo Begleitung sein!" Ich erdrückte den armen, hilflosen Jungen zwar beinahe mit meinem flehenden Ton, aber ich hatte vollkommen vergessen, dass ich Damla diese Lüge erzählt hatte.

,,Ich kann auch deine richtige Begleitung sein", sagte er lachend und mir fiel ein Stein vom Herzen.
,,Oh mein Gott du bist der Beste !",fiel ich ihm, durch das Fenster, um seinen Hals und stieß mir dabei den Kopf.

,,Liya. 17. Gelb. Delphine"
,,Was?", verwirrt starrte er mich an.
,,Mein Steckbrief. Damit nicht jeder merkt, dass wir uns gar nicht kennen."
Ist doch selbstverständlich. Was sollte das sonst bedeuten?
,,Ich bin 17. meine Lieblingsfarbe ist gelb und Delphine meine Lieblingstiere. Los du bist dran.", forderte ich ihn hektisch auf. Ich will hier nicht den ganzen Tag im Fenster hängen.
,,Ehhh. Amir. 19. Rot und Hunde? Glaube ich?", erwiderte er lachend. Wie gesagt.. nett, aber langweilig.
,,Gut. Wir sehen uns später!", wollte ich mich gerade verabschieden.
,,Warte!", rief er mir hinterher.
,,Wann hol ich dich ab?"
,,Komm so um.. 21:30! Und geh zum Friseur! Deine Seiten sind voll lang"
Ich warf noch winkend einen kurzen blick in sein lachendes Gesicht und verschwand auch schon im Haus.

Endlich hab' ich jemanden gefunden.
Nur weil es Damla ist, lasse ich mich auf diesem Geburtstag blicken. Ich stellte mir die Atmosphäre zwischen etlichen Pärchen in einem stickigen, lauten, vollen Café alles andere als angenehm vor. Ich kannte ihre ganzen anderen Freunde gar nicht und seit dem sie mit Mert zusammen ist, sind die beiden wie zwei Pobacken... nur zum Kacken trennen sie sich von einander... Wenigstens habe ich jetzt Amir, der mit mir kommt. Irgendwie komisch.. Wir kennen uns eigentlich kaum.. aber er scheint sehr nett zu sein.

Die nächsten paar Stunde konnte ich mit Essen, Netflix und viel zu vielen Hausaufgaben totschlagen.
Als ich bemerkte, dass mir nicht mehr besonders viel Zeit blieb, hüpfte ich schnell unter eine kochend heiße Dusche und föhnte mir anschließend die Haare. Nach langem überlegen entschied ich mich für ein ganz einfaches Outfit, schminkte mich schnell und verschwand durch die Tür.
Ich hoffe, sie wird mir nicht böse sein, dass ich ihr nur einen Gutschein geholt habe. Ich bin der schlechteste Mensch im Geschenke machen.

,,Siehst toll aus!", schmeichelte mir Amir, als er mich sah. Er wirkte dabei überhaupt nicht schmierig oder aufdringlich. ,,Danke, du auch"  Lächelnd  gab ich ihm das Kompliment zurück und wir fuhren los zum Cafe.

Sein Auto ist ziemlich schmutzig, was mich sehr nervös machte. Unordentliche oder unsaubere Umgebungen verursachten eine innere Unruhe bei mir. Ich habe dann sofort das Bedürfnis aufzuräumen und das Gefühl mich nicht konzentrieren zu können.

Ich hatte mich so sehr auf sein schmutziges Auto konzentriert, dass ich nach einer Weile gar nicht bemerkt hatte, dass wir angekommen waren. Vielleicht war das ganz gut. So konnte ich mir nicht den Kopf darüber zerbrechen, wie wenig Lust ich auf diesen Geburtstag hatte und mir nicht Millionen von furchtbaren Szenarien ausmalen, die sowieso niemals geschehen würden.

,,Liya. Warte! Bevor wir reingehen... will ich dir noch was sagen..", er hielt mich an der Hand fest und wirkte plötzlich so ernst.
,,Ich hoffe, für dich ist dieses Treffen heute auch nur etwas freundschaftliches..", brachte er zögernd, fast stotternd raus und verwirrte mich damit etwas. ,,Ja natürlich. Aber.. wie kommst du jetzt darauf? Hast du ne eifersüchtige Freundin oder so? Die kann von mir aus mitkommen." Ich wusste nicht so recht, worauf er hinaus wollte.
,,Nein! Nein. Habe ich nicht", er seufzte leicht verzweifelt und kratzte sich dabei am Hinterkopf. Noch immer hielt er meinen Arm fest, als wir direkt vor der Eingangstür des Cafés standen. ,,Das ist mega komisch...das jetzt einfach so zu sagen, aber ich glaube dir vertrauen zu können und wollte dir auch ungern von Anfang an irgendwelche falschen Zeichen vermitteln"
Ich hatte zwischendrin das Gefühl, dass er mich verarschen will aber er schien vollkommen ernst. ,,Natürlich kannst du mir vertrauen. Worum gehts ?" Ich trat ihm einen Schritt näher, damit wir leiser sprechen konnten, da ich dachte, dass es etwas vertrauliches zu sein mag. Er tat sich sehr schwer und zögerte eine Weile, bis er mir endlich erzählte was los war.

-

,,Nur das? Puh... ich dachte schon du bist ein Mörder und musst bald in den Knast oder so", antwortete ich ihm, nachdem er mir sein Anliegen erzählte. Ich konnte seine Erleichterung deutlich spüren. Lächelnd hakte ich mich in sein Arm und wir betraten gemeinsam das Cafe.

Der Geburtstagstisch war kaum übersehbar. Riesige, pinke  ,19'  Ballons schmückten ihn so, dass man ihn schon vom Eingang aus erkennen konnte. Unkontrolliert rutschte mein Blick zum benachbarten Tisch und ich hatte sofort das Bedürfnis, das Café wieder zu verlassen.

Ego vs. EgoDonde viven las historias. Descúbrelo ahora