53|Was tut sie ?

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𝙴 𝙽 𝙴 𝚂

,,Komm jetzt man!", sprach Mert verzweifelt auf mich ein, während wir beide in meinem Zimmer waren. ,,Seit Wochen hängst du zu Hause rum wie ein nasser Sack. Es ist Samstag meine Fresse. Sei kein Spießer! Lass uns raus gehen!"

Das ging nun schon gefühlt Stunden so.
,,Ihr könnt doch ohne mich gehen. Ich hab einfach kein Bock auf Club" Versuchte ich zum fünfzehnten mal ihm klarzumachen, dass ich nicht in der Stimmung war um jetzt Feiern zu gehen.

,,Sei mal ehrlich.. Was soll ich alleine mit Tolga und Serkan da? Du weißt wie Tolga wird, wenn er trinkt. Ein emotionales Wrack, was nur am heulen ist .. und Serkan? Den verlieren wir nach 3 Minuten und finden ihn am nächsten Tag auf einer Parkbank wieder. Ich brauche wenigstens einen Normalen. Außerdem sind da bestimmt krasse Mädchen für dich"

Er macht nicht den Eindruck auch nur daran zu denken, nachzugeben. Jedes Wochenende führten wir diese Diskussion, schon seit vier oder fünf Wochen und jedesmal war meine Antwort die Selbe. Dennoch verstanden diese Idioten kein Nein und versuchten es jedes mal aufs Neue. Ich stand auf, um mir einen Hoodie überzuziehen. Mert lief mir mit jedem Schritt hinterher und hielt nicht für eine Sekunde den Mund. Ich wünschte ich hätte diese Determination für meine Schulaufgaben, die er dafür hat, mich zum Feiern zu überreden.

,,Was an Nein versteht ihr nicht?" Seufzend zog ich mir den Pullover über den Kopf. Ziemlich kalt heute, weswegen ich das Fenster schloß. Bevor ich mich von der Scheibe entfernte, blieb mein hoffnungsvoller Blick unabsichtlich an dem Fenster des Hauses gegenüber hängen.

Leicht enttäuscht darüber, niemanden gesehen zu haben, entfernte ich mich vom Fenster und wandte mich wieder zu Mert. Nach einigen Sekunden folgten auch meine Gedanken meinem Körper.

,,Wie viele Monate redet ihr schon nicht miteinander?" Er starrte mich ernst an und lehnte sich gegen meinen Schreibtisch.
,,Nerv mich nicht damit" Ich setzte mich wieder auf mein Bett und tat so, als würde ich etwas auf meinem Handy lesen. Es gab nichts zu sehen. Ich wollte lediglich so uninteressiert wie möglich wirken. Nicht, dass das nicht der Fall wäre. Ich bin wirklich nicht Interessiert an diesem Thema, aber das glaubte mir keiner.  
,,Vier? Fünf? Länger ?" Stocherte er weiter herum. ,,Keine Ahnung! Es ist mir auch egal und das sollte es dir auch sein" Genervt seufzte ich und versuchte das Thema zu beenden. ,,Seitdem bist du so ein Langweiler geworden", sagte er unter seinem Atem.
,,So ein Scheiß! Das Eine hat mit dem Anderen nichts zutun" Ich sah mit zusammengezogenen Augenbrauen noch immer auf mein Handy. ,,Doch hat es. Und weißt du was ich nicht verstehe?"

,,Es interessiert mich nicht", versuchte ich das Thema noch immer abzuwerfen.
,,Wieso du nicht ein einziges Mal rüber gegangen bist, um mit ihr zu reden"
Natürlich ignorierte er meine Bemerkung über mein Desinteresse und teilte mir dennoch seine Meinung, nach der niemand gefragt hatte, mit.

,,Du hast nicht einmal versucht ihr zu schreiben"
,,Sie hat mich blockiert !?", unterbrach ich ihn.
,,Naund ? Könntest auch von mir schreiben? Oder sie anrufen? Oder sie in der Schule ansprechen? Oder an ihrer verdammten Tür klopfen, die original zwei Meter von deiner Eigenen entfernt ist? Oder einen scheiß Brief schreiben.. aber nein Herr Özkan ist zu cool für sowas. Er verbringt lieber jeden Tag in seinem Zimmer wie ein Stubenhocker"

,,Weißt du was ? Ich komm mit. Hältst du dann deine Fresse?" Ich legte mein Handy bei Seite und sah in sein erfreutes, Triumph erfülltes Gesicht. Lachend schüttelte ich den Kopf.

Einige Tage später in der Schule

,,Das letzte Glas... das hat mir den Rest gegeben. Erinnere mich nur noch, wie ich auf dem Tisch zu Beyonce getanzt hab'"
Durch sein Lachen, pustete Serkan ungewollt den Rauch aus seiner Nase, während wir alle vier an unserem Stammplatz uns über das letzte Wochenende unterhielten. Es war definitiv eine gute Entscheidung mitzugehen. Ich hatte es echt vermisst mit diesen Idioten etwas zu unternehmen. Ein paar Mädchennummern sind dabei auch noch rumgekommen.

,,Seid ihr jetzt fertig mit Rauchen? Ich hab hunger", beschwerte sich Tolga, woraufhin wir uns in die Mensa begaben.
Jedesmal so voll hier. Nachdem wir unser Essen hatten, fanden wir endlich einen Platz zum hinpflanzen. ,,Junge wie kannst du morgens um diese Uhrzeit Schoko-Donuts essen?", brach es aus Serkan heraus, als er angewidert Tolgas Tablett ansah.
,,Was gibts da zu Lachen?", fragte Tolga mich verwirrt, als ich unbemerkt leise vor mich hin lachte, während ich in meiner eigenen Nostalgie schwebte und daran dachte, wie noch jemand früh am Morgen gerne Schoko-Donuts gegessen hatte..
,,Nichts", stritt ich einfach ab und aß weiter..

Mert zuckte leicht mit seinem Kopf, um mir anzudeuten, mich umzudrehen.
Ich sah über meine Schulter und bemerkte, dass er mich mit dieser Geste, warum auch immer, auf Liya aufmerksam machen wollte, welche gerade alleine in die Mensa reinspazierte. Genervt seufzte ich darüber, dass die Jungs noch immer nicht verstanden haben, dass sie mich nicht mehr interessierte.

Ich wollte mich gerade wieder zum Tisch drehen, als ich bemerkte, dass sie irgendwas im Schilde führte. Ich weiß nicht, ob das wirklich der Grund dafür war, wieso mein Blick noch immer gebannt auf ihr lag oder ich es mir einredete.

Sie lief mit erhobenem Haupt durch die Mensa. So ein Auftreten habe ich selten gesehen. Ihre Ausstrahlung war mit nichts anderem als einem riesengroßen Selbstbewusstsein gefüllt, welches von Außen unschwer zu erkennen war.
Sie würdigte niemandem einen Blick und blieb nun vor dem runden Tisch in der Mitte stehen.
Sie legte ihre Tasche ab und zog einmal kurz an ihrer Jogginghose, bevor sie ganz gelassen auf den Tisch stieg. Beinahe ein lockerer Sprung. Noch immer keine Spur von einer Emotion in ihrer Körpersprache zu sehen.

Was tat sie da gerade ? Sie nahm ohne lange zu überlegen zwei Finger in den Mund und Pfiff die gesamte Aufmerksam der Mensa auf sich. Alle Köpfe waren nun zu ihr gedreht. Das gesamte Getuschel und alle Nebengeräusche plötzlich verschwunden. So still, dass ich leiser atmen wollte, um nicht aufzufallen. Die Jungs sahen mich alle fragend an aber auch mir war es ein Rätsel. Mehr als ein Schulterzucken konnte ich nicht erwidern.

Ego vs. EgoWhere stories live. Discover now