✿ Kapitel 9

14.7K 460 371
                                    

Das ich wirklich so naiv war, zu glauben, das ich ohne Konsequenzen davonkommen würde, war dumm.

Als wir wieder Zuhause waren und Hunter mich bis zur Tür begleitet hatte, war es schon spät abends. Mein Knöchel ist gebrochen. Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er nur verstaucht wäre.

Meine Eltern waren natürlich schockiert, aber ich war gestern viel zu müde um mich mit ihnen zu beschäftigen, weshalb ich jetzt im Kreuzverhör hier sitze.

Meine Mutter tappt die ganze Zeit schon mit ihren Fingern an ihrem Kaffeebecher und mein Vater beobachtet dass kommentarlos. Ich hingegen sitze ihnen gegenüber und habe meinen Fuß auf einem Stuhl aufgelegt, denn ich werde jetzt erstmal mit Krücken laufen.

„Was wollt ihr jetzt? Ich bin müde." fange ich schließlich an.

Sie tauschen einen Blick aus, worauf mein Vater anfängt zu sprechen. War ja klar.

„Wir war denn die Fahrt?"

Ich lache schnaubend. „Deshalb holt ihr mich aus meinem Bett? Sie war großartig, phänomenal, einfach fantastisch. Kann ich jetzt gehen?"

Meine Mutter hält mit ihren Fingern inne. „Sitzen bleiben."

„Wie ist das denn mit deinem Knöchel passiert?" fragt mich mein Vater vorsichtig.

„Ich bin eine Schlucht runtergefallen." sage ich schulterzuckend.

„Sicher?" Sie sieht mich mit einem Detektivblick an.

Aufgebracht werfe ich die Hände in die Luft. „Ja, mein Gott. Was denn sonst? Soll ich mich freiwillig dort runtergeworfen haben oder was?"

Als sie nichts antworten, blicke ich sie ungläubig an.

„Dass ist jetzt nicht euer Ernst!"

„Süße, hör mal, wir wollen dir gar nichts unterstellen, aber dein Verhalten in letzter Zeit ist schon bedenkenswert." teilt mir mein Vater sanft mit.

„Überhaupt nicht!" Wutentbrannt sehe ich sie an.

„Ach nicht? Hast du auf der Fahrt etwa gegessen?" entgegnet sie wütend.

Ich stocke kurz. „Ja. Ich habe gegessen."

Sie verzieht ihre Augen zu Schlitzen. „Wahrscheinlich! Und? Kann mir das jemand bezeugen? Eliza? Chase? Hunter? Soll ich sie alle anrufen?"

Was zur—?

„Nein, verdammt! Glaubt mir doch einfach."

Mein Vater legt mir seine Hand auf den Arm, die ich schnell abschüttele. „Es ist schwer dir zu glauben, wenn du uns keinen Grund gibst."

„Was zur Hölle wollt ihr von mir?" rufe ich sauer.

„Du isst nicht. Du verlässt das Haus nur noch für die Schule. Du triffst dich kaum mit deinen Freunden. Du hast Stimmungsschwankungen. Wir wären verantwortungslose Eltern, wenn wir uns keine Sorgen machen würden!" feuert sie zurück.

„Mir geht es gut!" zische ich und will nach meinen Krücken greifen.

„Du hast diesen Freitag deine erste Therapiestunde." lässt mein Vater die Bombe platzen.

Ich halte in der Bewegung inne und drehe meinen Kopf ruckartig zu ihnen.

Wie? Was? Warum zum Teufel, habe ich dass nicht kommen sehen? Denken die wirklich, wenn sie mich zu einem Seelenklempner schicken, bin ich danach »geheilt«? Denken die wirklich, ich würde auch nur ein Wort mit der Person reden?

Therapeuten sind Lügner. Sie sagen einem, das alles was in diesem Raum besprochen wird auch darin bleibt.

Lüge.

Perfect MatchWhere stories live. Discover now