„Sag das noch einmal, Fischlurch", giftete Ezra ungehalten, mitten in einer Debatte mit einem nebenstehenden Berater des dunklen Herrschers, und könnten Blicke töten, wäre der garstig höhnende Adel vor ihm längst nicht mehr zu solch obszönen Scherzen aufgelegt. Ezra hatte nicht all die wochenlangen Suchen und Vorbereitungen getroffen, um sich jetzt wie ein Idiot vorführen zu lassen von einem Wesen, das eine beschuppte Flosse unterhalb der Taille besaß.

„Mangelt es Euch an Erinnerungsvermögen? Meine Worte lauteten...", grinste er durchtrieben von der feindseligen Dunkelheit, die den Anhängern von Dragstor scheinbar in die Wiege gelegt worden waren. Er trieb seine manipulativen Spielchen mit dem Menschlein, an dem der feindliche Regent einen Narren gefressen hatte. Einen so großen Narren, dass er einem Rassenfeind sämtliche gehüteten meerischen Geheimnisse anvertraute, wie zum Einen den Standort der königlichen Herrschaftssitze und zum anderen, Zauberfrüchte und alte Magieformeln wie die Luftbeere, die es Ezra ermöglichte, dem listigen Fischmann hasserfüllte Blicke zuzuwerfen.

„...ob es Euer Gemüt mit Maskulinität berieselte, sich mit den Ausgeburten des naiven Korratiusspross zu rühmen, als wäre es eine Ehre, dem missglückten Reichsführer euren Samen eingeleibt zu haben. Tsk. Ihr erhieltet den nutzlosen Spross, da er in dieser Welt keinen Anschluss fand und für sein Amt nicht tragbar war", spottete er ohne Rücksicht auf die wallenden Gemüter des Menschen, die hochschäumten wie brodelndes Wasser. Die Menschen wollten den Ozean erobern und sich etwas Unzähmbares unterwerfen, auf niemanden hörten sie doch es gab etwas, was ihre geistreichen Erfindungen nicht für sie übernehmen konnten: ihnen genug Stärke zu verleihen. Das Meer war wild und unberechenbar, Landwesen besaßen nicht das was Meerwesen besaßen und so würden sie den Ozean niemals erobern können. Er war einfach zu wild und zu stark für die Zweibeiner und ihre Erfindungen. Das Wasser barg zwei Seiten: eine, die sanftmütig war und Leben spendete. Die andere pulsierte von ausreichend Brutalität, um eben jenes Leben binnen weniger Augenblicke zu ertränken. Es lag an jedem einzigen, in dessen Verhalten, welche Seite des Ozeans er zu Gesicht bekam.

Ein Freund des Fischmannes mischte sich ein und setzte einen Kommentar hinzu, der ganz gewiss darauf abzielte, Ezra's Wut in vollstem Maße zu entfesseln: „Der lichte Rat hätte gut daran getan, sich von der Last des Knaben zu trennen und ihn an eine Lustgrotte zu verkaufen. Wer weiß, womöglich wäre unter der zahllosen Kundschaft ein wohlhabender Gutsbesitzer gewesen, der ihn für...persönlichen Genuss hätte erwerben wollen? Mit seinen ozeanblauen Äuglein stach der Knabe wahrlich aus der Masse hervor"

Ezra, der an diesem Punkt nur noch rot sah und dem schleimigen Fisch am liebsten das Grinsen aus dem Gesicht gedroschen hätte, brodelte. Niemand, absolut niemand durfte so abstoßend und vulgär über seinen Gefährten reden, herziehen als wäre er nichts weiter als eines der belanglosen Gesprächsthemen, mit denen sich die hochnäsige Gesellschaft die Zeit vertrieb. Cassian war kein namenloser Lustknabe, den es galt zu erniedrigen und zu brechen. Er war verdammt nochmal kein Spielzeug – er war der Seelengefährte von Ezra, hatte mit ihm zusammen eine Familie gegründet und die frevellose Dreistigkeit dieser beschuppten Witzfiguren, setzte er einen Schwur, würde er ihnen schon noch austreiben.

Dragstor, auf seinem Thron oberhalb der Stufen des imposanten gemäuerartigen Saales, verfolgte die angeheitzte Debatte zwischen seinem Handlanger und dem des Menschen mit größtem Amüsement. Wahrlich, durch die vielen Konferenzen und Verhandlungen war es ihm gestattet den Königsspross mit eigenen Augen sehen und studieren zu dürfen, ohne hunderte von Soldaten zwischen ihm und ihn, und deswegen konnte er den Reiz nicht leugnen, den der Träger der ozeanblauen Augen auf sein Umfeld ausübte. Unbewusst. Ja, Dragstor hatte das ein oder andere Mal mitangehört, wie die adeligen Edeldamen seiner Provinzen über die Schönheit des Jungen philosophiert hatten, und, obwohl sie selbst wohl nie die Eine sein würden, darüber geschwärmt, welch herzallerliebste Kinderlein aus diesem elysischen Leib geboren werden könnten.

Ocean Eyes  [MERMAID!AU]Where stories live. Discover now