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„Äh, ist das bitter! Wie hab ich das vorhin bitte nicht geschmeckt?", hustete Ezra energisch das restliche, kratzende Salzwasser aus seinen Lungen und kniff dabei fest die Augen zusammen, wobei ihm Cassian wie schon vor ein paar Tagen seinen reich beschmückten Arm als Stütze sicher um die Hüfte geschlungen hatte. Das Wasser anzunehmen und als Luft zu betrachten fiel Ezra's Körper unter Wasser dank der Luftbeere nicht schwer, doch an Luft? Das Hervorwürgen der Wasserrückstände trieb ihm die Tränen in die Augen und er fühlte sich elendig. Mit jedem neuen Husten bebte der Ezra in Cassian's sicherem Griff und dieser konnte sich denken, dass sein von Natur aus gewohntes Meerwasser für die menschliche Lunge eine Qual zu ertragen war. Doch die Reise hinab zu den Riffen, zu bunt schillernden Fischlein, hatte sich in vollen Zügen gelohnt – das Gefühl der Leichtigkeit, wie tanzende Blubberblasen, hatte den Königsspross den ganzen Tag über kein einziges Mal verlassen, als es dem Menschen Einblick gewährte. Einblick in eine unentdeckte Welt. Einblick in seine Gefühle. Denn die Blicke, die von Mal zu lang länger wurden und irgendwann rot schimmernde Bäckchen nach sich zog, hätte ja eindeutiger nicht sein können.

Ezra atmete erschöpft auf und sog tief die frische Luft in seine gänzlich vom Salzwasser befreiten Lungenflügel ein, sackte zusammen und wäre in den Wellen versunken, hätten Cassian's schnelle Reflexe seinen entkräfteten Körper nicht fester gepackt.

„Überanstrenge dich nicht. Dein menschlicher Körper war diese Anstrengungen nicht gewöhnt", meinte Cassian leise und hörte seinerseits keine Widersprüche, demnach ging er davon aus, dass es Ezra auch genügte und er für eine weitere Tauchrunde nicht mehr zu begeistern war. Mit nur wenigen Schlägen des kräftigen Unterleibes erreichten die beiden den Strand der versteckten Bucht unterhalb des Leuchtturms, wo sich Cassian in der neckischen Brandung niederließ und sich Ezra ein Stückchen weiter an Land hievte, gerade so weit, dass er sich erschöpft auf den noch warmen Sand sacken lassen konnte, ohne von dem weißen Schaum der Wellen überrollt zu werden. Der Tag war ein voller Erfolg gewesen. Naja, fast. Eine Sache gab es da noch, die er tun musste.

Aber zuerst musste er verschnaufen.

Seine Atmung ging schwer und seine Augen waren geschlossen, ihm klebten die dunklen Haare wirr im Gesicht und wüsste es Cassian nicht besser, könnte man denken Ezra wäre auf der Stelle eingeschlafen. Für eine kleine Weile betrachtete Cassian den Menschen und fühlte nichts als tiefe Zufriedenheit.

Der Tag war wirklich wundervoll gewesen. Einer der schönsten seines Lebens. Bedauerlicherweise würde sich keine Gelegenheit mehr bieten, diese Stunden ein weiteres Mal zu durchleben. Und er war sogar jetzt noch mit kribbelnder Glücklichkeit erfüllt, die ihm ein warmes Lächeln ins Gesicht zauberte. Gedanklich schallt er sich, dass er wegen einem Landbewohner diese Dinge empfand, doch das Gefühl war berauschend und Cassian gönnte sich den Luxus, sich in diesem Empfinden für die nächsten paar Momente zu verlieren.

„Schon verrückt", wurde er plötzlich aus seinen verträumten Gedanken gerissen und wandte sich blinzelnd Ezra zu, der sich inzwischen zurück auf seine Knie gekämpft hatte und ihn mit seinen müden Augen wohlig anschmunzelte: „Ich bin schon oft im Meer schwimmen gewesen und hab nie daran gedacht, wie viel Leben eigentlich darin steckt"

Und wie viel Liebe die Wellen bereit waren, zu geben.

Es war bereits Abend und der Sonnenuntergang warf ein sattes, oranges Licht auf das Wasser, das die Reflektion des brennenden Planeten auf unzähligen kleinen gekräuselten Wellen davon trug. Die beiden saßen sich gegenüber in der Brandung als sich der letzte ihrer Tage dem Ende neigte, und blickten zusammen dem Sonnenlicht entgegen. Bald würde es hinter dem Horizont, hinter dem Meer verschwunden sein. Wie Cassian auch.

Ocean Eyes  [MERMAID!AU]Where stories live. Discover now