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„Sternchen?", fragte Rosie am letzten Abend dieses sommerlichen Wochenendes bekümmert, während sie mit dem Saum ihrer Bettdecke nestelte und dabei eine schnuckelige Schnute zog, die das Gesamtbild ihrer Trauer mit einer Prise Niedlichkeit entschärfte. Die Waffen eines Kindes. Vielleicht wollte sie noch nicht schlafen gehen, zumindest empfand Ezra als strikterer Elternteil ihre abendlichen Fragespielchen als Versuch um länger aufbleiben zu dürfen als ihr großer Bruder, doch Cassian, der herzensgute und fürsorgliche Cassian der einfach nicht standhaft bleiben und nein sagen konnte, schenkte ihr ein zauberhaftes Lächeln und schaltete nicht wie vorgenommen das Licht ab, sondern setzte sich an den Bettrand und streichelte seinem Töchterchen über den Kopf. Dabei fühlte er sich frei...denn diesen Engel empfing er in einem gehüteten Zuhause und in sehnsüchtiger Erwartung zusammen mit seinem Gefährten. „Ja, mein Schatz?"

„Können wir Onkel Harvey und Onkel Clayton bald wieder sehen?", bat sie leise und dabei schwang deutlich ein trauriger Unterton mit, rückführend auf die Monate, die seit ihrem letzten Besuch verstrichen waren. Sie hatte die zwei Weltenbummler unheimlich doll lieb, und sie fragte sehr oft nach Onkel Harvey oder dem mürrischen Onkel Clayton, der ihr trotz seiner maskulinen Aura keine einzige Einladung zu ihren Teeparties abschlug – und sich sogar mit einer pinken Federboa zu Tisch bitten ließ. „Ich vermisse sie"

Cassian lächelte etwas unsicher, wusste er ja nicht, was die Zukunft für die beiden viel beschäftigten Menschen des öffentlichen Lebens noch bereithielte, und beließ es bei einem tröstlichen: „Ich bin mir sicher, dass die zwei ganz bald schon wieder kommen werden. Du weißt doch, mein Schatz, dass Onkel Harvey nicht lange von seiner Lieblingsprinzessin weg sein kann", denn mehr wollte er nicht von sich geben, was die Hoffnungen seiner Tochter heben und irgendwann bitter enttäuschen würde. Es glich einer ansteckenden Krankheit, oder einfach nur einem sehr sehr ausgeprägten Fürsorgeinstinkt, denn wann immer seine Engelchen traurig waren, schlug es sich Cassian auf den Magen und er musste sich sehr zusammenreißen, um nicht auch die kinderlichen Tränen zu weinen. Er liebte die Kleinen eben so sehr, wie auch nicht? Es war sein Fleisch und Blut, das er eigens wachsen und gedeihen gespürt hatte. Diese Bindung würde nichts und niemand vermögen, zu schwächen oder gar zu zerstören.

Rosie grinste stolz und richtete sich auf, schälte sich aus der Decke und setzte sich anhänglich auf Cassian's Schoß, um ihn in eine innige Umarmung zu ziehen. Gähnend kuschelte sie sich an ihn und flüsterte ihm etwas in's Ohr, was jedoch in einem weiteren Nuscheln unterging. Aber es war okay, es war ein ausgesprochen langer Tag und ein ereignisreiches Wochenende gewesen, das nun seine Spuren hinterließ und an den letzten verbliebenen Kräften zerrte. Der ozeanische Flüchtling, wie man ihn wahrheitsgemäß nennen durfte, hauchte ihr federleichte Küsschen auf den Kopf und kostete diese trauten Momente aus wie nichts sonst, in denen er seinen Kinderlein die erwünschte Mutter sein durfte, über sie wachen und sie in Liebe großziehen durfte, wie er es sich immer erträumt hatte. Jetzt war dieser Herzenswunsch in Erfüllung gegangen. Wer weiß, wohin sein Leben ihn geleitet hätte, wenn er durch Ezra's Affekt nicht dazu ermutigt worden wäre, ein Risiko einzugehen? Hätte er jemals den treibenden Grund gefunden, aus dem goldenen Käfig ausbrechen zu wollen?

Er wäre niemals ein erfülltes Familienwesen geworden, nicht so, wie er es jetzt war. Und er liebte es mit jeder Faser seines Körpers.

„Ich hab dich lieb, mein Schatz", wisperte er feinfühlig und bettete Ezra's weibliches Ebenbild sacht zurück in das warme Bettchen, drehte anschließend das Licht ab und verließ leise das Kinderzimmer. Aufatmend schloss er kurzzeitig die Augen, lächelte im nächsten Moment und tappste schleichend an's Ende des renovierten Ganges, wo er durch die Tür zum elterlichen Nachtgemach schlüpfte und bereits von einem vollster Vorfreude schwelgenden Geliebten erwartet wurde. Sein Herzschlag überschlug sich. Die paar Kerzen, die in eleganten Glasvasen flackerten und die duftenden Rosenblätter, die tiefrot und umso romantischer in dem angenehmen Licht getunkt dalagen, bereit dem Liebesnest beizuwohnen, entlockten Cassian ein verträumtes Seufzen.

Ocean Eyes  [MERMAID!AU]Where stories live. Discover now