Fünf

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"Ein Referat über eine Person, die seit über sechzig Jahren tot ist... Ein schöner Zeitverteib für einen Mittwoch.", murmelte Reed.
Sie saßen zu dritt in einer Ecke im Klassenraum. Eileen war froh, dass sie mit ihm und Billie zusammenarbeiten konnte. Auch wenn Reed sich alle paar Minuten beschwerte und Billie ihn kaum ansah. Sie war immer noch sauer wegen gestern. Zumindest bemerkte Reed das und versuchte seit einer Stunde vergeblich, sie zum Lachen zu bringen. Ihr Geschichtslehrer, Professor Murray, saß unbeteiligt an seinem Pult und blätterte sich durch ein paar Reisemagazine. Reed startete eine neuen Versuch und zog Billie den Stift aus der Hand.
"Gib ihn wieder her!", zischte sie.
"Erst, wenn du mir vergibst.", erwiderte er mit theatralischer Stimme.
"Reed Walsh, wenn du mir nicht sofort wieder den Stift aushändigst, dann werde ich..."
"Was? Mir vor allen Leuten den Hals umdrehen?" Er lachte, eher er etwas ernster wurde. "Komm schon, Billie, du weißt, ich habs nicht so gemeint."
Billie murmelte etwas, dass Eileen nicht mal verstand, obwohl sie direkt neben ihr saß. Reed wahrscheinlich auch nicht, aber er grinste breit und küsste sie auf die Wange, eher sie reagieren konnte. Er legte ihr den Stift in die Hand und blickte sie zufrieden an.
"Alles wieder gut?"
Billies Wangen färbten sich rot und sie wandte sich wieder ihren Notizen zu.
"Von mir aus.", grummelte sie.
Eileen musste sich bemühen, um nicht laut loszulachen. In der Pause machten sie einen Abstecher zum Getränkeautomaten. Billie und Reed waren in eine Diskussion über das Thema das Referat, Albert Einstein, vertieft. Eileen hörte ihnen nur mit einem Ohr zu, denn eine Gruppe Schüler kam um die Ecke. Sie lachten so laut, dass Billie und Reed sich ebenfalls umdrehten. Billie machte ein Würgegeräusch.
"Das Klischee der reichen Idioten.", sagte sie.
Sogar Reed, der sich jedem gut verstand, machte plötzlich einen schlecht gelaunten Eindruck.
Die Jungs machten irgendwelche nicht sonderlichen lustigen Witze, während die Mädchen mit einer so hohen Stimme kicherten so wie verliebte Spatzen. Cian war in ihrer Mitte und hatte den Arm um Betty gelegt. Der Junge neben ihm sah Eileen, Billie und Reed am Automaten stehen.
"Na sieh dir das. Der Feuerkopf, die Streberin und die graue Maus."
Billie wollte weggehen, aber die Gruppe schnitt ihnen den Weg durch den Flur ab. Einer der Jungs kam auf Billie zu.
"Hast du neue etwa schon mit deinem prüden, langweiligen Wesen angesteckt?" Er sah zu Eileen und musterte sie wie eine Schaufensterpuppe. "Andererseits macht sie ohnehin nicht viel her."
Eileen kannte solche Typen, genau wie ihre Sprüche. Sie hatte gelernt, sie einfach zu ignorieren, bis sie den Spaß an ihren kindischen Sprüchen verloren, aber Billie schien leichter aus der Fassung zu kommen.
"Bist du je auf die Idee gekommen, dass nicht jedes Mädchen bauchfreie Tops tragen will, um dir zu gefallen, Brian?", fragte sie zähneknirschend und deutete vielsagend auf die Mädchen hinter ihm.
"Neidisch, du hässliches Entlein?", fragte Betty.
Reed schien, als wollte er sich einmischen, als Cian sich zum ersten Mal zu Wort meldete.
"Leute kommt, lasst sie. Die drei sind doch eh schon arm genug. Glaubt ihr, sie genießen irgendetwas in ihrem Leben?"
Trotz seiner verletzenden Worte konnte Eileen nicht leugnen, dass ihr beim Klang seiner Stimme ein warmer Schauer über den Rücken lief. Wütend war sie dennoch.
"Und euer Leben ist natürlich genau so perfekt wir ihr selbst.", knurrte sie.
Sie wusste nicht, was es war, aber machte sie so wütend, dass sie ihre eigenen Regeln vergaß. Cian grinste sie überheblich.
"Oh, die graue Maus kann also doch reden. Du schuldest mir zehn Euro, Brian."
Cian ließ Betty los und stellte sich so dicht vor Eileen, dass ihr der Geruch eines sicherlich nicht billigen Aftershaves in die Nase stieg.
"Misch dich nicht in Sachen ein, von denen du keine Ahnung hast.", sagte er langsam und sein Grinsen schien auf einmal aufgesetzt zu sein. "Das Lernen alle früher oder später. So dermaßen dumm siehst du für mich auch nicht aus."
Die letzten Sätze flüsterte er nur noch. Eileen wusste so schnell keine Erwiderung, da zog die Gruppe auch schon wieder lachend ab.
"Solche Vollidioten!"
Billie stampfte fluchend in die Klasse zurück.
"Kommt solche Aktionen oft vor?", fragte Eileen gereizt.
Reed zuckte mit den Schultern.
"An jeder Schule gibt es Idioten. Mir sind sie ziemlich egal, aber Billie... Sie hat einen Drang, immer die Beste zu sein und solche Beileidungen treffen sie sehr. Jetzt haben sie wohl auch dich im Visier. Halt den Kopf unten, es bringt nichts, sich mit ihnen anzulegen."
Eileen blickte ihn nachdenklich von der Seite an. Sie wusste, dass er Recht hatte. Aber sie hatte immer schon klein beigegeben und es hatte nichts gebracht. Nein, diesmal würde sie nicht mehr den Mund halten. Sie wollte keine Maus sein, die sich schlotternd in ihr Versteck flüchtete. Sie würde vor allem diesen arroganten Cian schon zeigen, dass sie kein Angsthase war.

Der Froschkönig (Märchenadaption)Where stories live. Discover now