Rhenawedd

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5.Kapitel Rhenawedd

Dettlaff verzog den Mund und verengte misstrauisch seine Augen. „Was soll das? Weshalb möchtest du mit mir befreundet sein?"

„Nun...", die junge Frau stutzte und hätte sich am liebsten selbst für den letzten Satz eine verpasst. Die angespannte Haltung ihres Gegenübers war deutlich zu bemerken und Livia biss sich kurz auf die Unterlippe. „Wie soll ich sagen, ich denke für das Angebot gibt es schlichtweg keinen plausiblen Grund."

Der Vampir blieb in seiner defensiven Starre und blickte die junge Frau weiterhin durchdringend an. Livia konnte seinen inneren Kampf regelrecht spüren. Die markanten blauen Augen spiegelten eine Ehrlichkeit wider, die Livia bisher nur von Kleinkindern kannte. Weder ein Funke von Arglist noch Bosheit schien sich in ihnen zu verbergen, während seine Lippen fest zusammengepresst waren. Allmählich begann sie Regis Standpunkt nachvollziehen zu können und dennoch konnte sie die vergangenen Taten dieses Wesens nicht außer Acht lassen.

Ihr entfuhr ein kleiner Seufzer als sie schließlich wieder ansetzte: „Regis hat mich bezüglich deiner mangelnden sozialen Fähigkeiten vorgewarnt, dennoch dachte ich nicht, dass es so ... gravierend ist." Nach einer kurzen Denkpause fuhr sie fort. „Schau, um jemanden als Feind anzusehen braucht es einen Grund. So Jemand hat mir beispielsweise etwas angetan, wodurch ich mich verletzt oder gar angegriffen fühle, während es für eine Freundschaft nicht wirklich eines rationalen Grundes bedarf. Man fühlt sich zu dem Gegenüber hingezogen, empfindet Dank oder hat ein persönliches Interesse, um denjenigen kennenzulernen."

Defflaff hörte ihr währenddessen schweigend mit sichtbar großem Interesse zu. „Und welcher dieser Gründe trifft nun auf dich zu?"

Die Angesprochene musste bei dieser Erwiderung kurz blinzeln. „Wir beide haben einen gemeinsamen Freund. Ich möchte, dass dieser besagte Freund glücklich ist, deswegen helfe ich ihm. Seine Beschreibungen über dich fielen äußerst positiv aus und er bat mich, mir selbst ein Bild von dir zu machen. Außerdem hast du mir gerade das Leben gerettet. Ich weiß nicht, was für einen Stellenwert das Leben für einen Unsterblichen darstellt, aber für mich hat es hohe Gewichtung."

„Du möchtest wegen Regis mit mir befreundet sein und weil du in meiner Schuld stehst?"

Livia starrte den Mann entgeistert an und wusste nicht, was sie auf diese Aussage erwidern sollte. Die folgende Stille war äußerst unangenehm und Livia rang mit sich selbst. Dabei bemerkte sie kaum ihre körperliche Reaktion auf das kalte Wasser, in dem sie sich weiterhin knieend befand. Ihre immer noch ausgestreckte Hand begann zu zittern, während sich einige Partien ihrer Haut neben einer stark ausgeprägten Gänsehaut leicht weiß verfärbten.

Ihrem „Gesprächspartner" entging dieser Umstand nicht. Seine Körpersprache spiegelte weiterhin seine Unsicherheit wider, dennoch ergriff er langsam und nahezu zärtlich anmutend ihre Hand und sein Blick wirkte neben der anhaltenden Gespanntheit leicht besorgt.

„Das Wasser scheint für dich zu kalt zu sein. Ich werde dich nach Hause bringen, damit du dich erholen kannst."

Obwohl beide komplett durchnässt waren, stellte Livia fest, dass die Hand des Vampirs weiterhin warm war. Diese Tatsache ließ sie leicht schmunzeln, denn bisher ist ihr bei den Treffen mit Regis immer aufgefallen, dass dieser bei einer Umarmung oder einem Händeschütteln eine etwas kühlere Körpertemperatur als sie hatte. Vampire schienen somit generell, eine etwas geringere Körpertemperatur als Menschen zu haben, dafür ist diese jedoch stabiler.

Dettlaff entging das kleine Lächeln nicht und interpretierte es als Freunde über die von ihm geleistete Hilfe. In ihrer Gegenwart kam er aus dem Zustand der Verwirrung nicht heraus. Ihre Aussagen und ihr Verhalten ergaben für ihn keinen Sinn, wodurch es ihm umso schwerer fiel, angemessen zu reagieren. Seine Rhena war bisher das einzige menschliche Wesen, mit dem er näheren Kontakt hatte.

Witcher - Motten fühlen sich vom Licht angezogenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt